Hamburgs Bismarck-Denkmal: Worum geht es bei der Diskussion?
34 Meter hoch ragt das Bismarck-Denkmal im Alten Elbpark in Hamburg in die Höhe. Ist es noch zeitgemäß, Otto von Bismarck mit einem Denkmal zu würdigen?
Vielen gilt der erste deutsche Reichskanzler als Wegbereiter des Kolonialismus. Als feststeht, dass das Denkmal saniert werden muss, entbrennt die Diskussion um die historische Einordnung Bismarcks erneut. Die Sanierung steht kurz vor dem Abschluss, ein Ideenwettbewerb um die Neu-Kontextualisierung des Denkmals blieb ohne Ergebnis. Und nun? Ein Überblick.
Um welches Denkmal geht es eigentlich?
Das Bismarck-Denkmal im Alten Elbpark im Hamburger Stadtteil St. Pauli wurde zwischen 1901 und 1906 zu Ehren des ersten deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck errichtet. Bismarck war am 30. Juli 1898 auf seinem Gut Friedrichsruh bei Aumühle östlich von Hamburg gestorben. Mit einer Gesamthöhe von 34,3 Metern ist es das höchste Bismarck-Denkmal der Welt.
Wieso steht das Denkmal in der Kritik?
Bismarck ist eine der umstrittensten Figuren der deutschen Geschichte. Vielen gilt er als Wegbereiter des deutschen Kolonialismus. Auch seine Rolle in anderen Bereichen wie etwa der Umgang mit Sozialisten und Katholiken steht in der Kritik. Deswegen melden sich immer wieder Stimmen, die das Denkmal und den Umgang mit der historischen Figur Bismarck in Frage stellen.
Warum musste das Denkmal saniert werden?
Wegen Problemen mit der Statik musste das Denkmal saniert werden. Es begann sich zu neigen - jedes Jahr ein Stückchen mehr. Von der Errichtung bis 2020 waren es bereits 9,4 Zentimeter. Da im Sockel mehr Beton verbaut wurde, als angenommen, verzögerte sich der Beginn der Sanierung von 2019 auf 2020. Die Arbeiten, die rund neun Millionen Euro kosteten, sind Ende Juli 2023 abgeschlossen worden
Was steckte hinter dem Ideenwettbewerb?
Unter dem Motto "Bismarck neu denken" hatte die Behörde für Kultur und Medien 2022 zusammen mit der Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH) einen internationalen Wettbewerb ausgerufen, um die komplexen Bezüge des Denkmals zu Kolonialismus, Nationalsozialismus, Diskriminierung und Fragen der sozialen Gerechtigkeit sichtbar zu machen. Damit geht die Stadt Hamburg auf die Kritik ein, das Bismarck-Denkmal nicht genügend in den historischen Kontext einzuordnen. Am Ende des Wettbewerbs sollte eine künstlerische Idee für eine kritische und aktuelle Betrachtung des Monuments realisiert werden. Kultursenator Carsten Brosda erklärte dazu gegenüber NDR 90,3: "Wichtig ist aber, dass wir das durch etwas ergänzen, das im öffentlichen Raum einfach klarmacht, dass dieser Bismarck eine Geschichte hat und für eine autoritäre und koloniale Tradition steht, die aber Teil unserer Geschichte ist und zu der wir uns verhalten müssen."
Wer hat den Ideenwettbewerb gewonnen?
Niemand. Der Wettbewerb zur Dekolonisierung des Bauwerks ergab keinen Gewinner. Eine unabhängige Fachjury, bestehend aus 13 Expertinnen und Experten aus Kunst, Kultur und Wissenschaft, darunter Hamburgs ehemalige Kultursenatorin Christina Weiss, der Literaturwissenschaftler Jan Philipp Reemtsma sowie SHMH-Vorstand Hans-Jörg Czech, hatte sich intensiv mit den eingereichten Vorschlägen auseinandergesetzt. Die Jury war letztlich zum Entschluss gekommen, dass keiner der 76 fristgerecht eingereichten Vorschläge zum Gewinner-Entwurf reicht. Laut Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde, lag dies zum Beispiel daran, dass sich Beiträge nur auf einen Aspekt konzentriert hätten. Außerdem stünde der Denkmalschutz, unter dem die Statue seit 1960 steht, Vorschlägen im Wege.
Was geschieht nun mit den Entwürfen?
Vom 26. Juli bis zum 14. August werden alle 78 Entwürfe des Ideenwettbewerbs - auch die beiden verspätet eingereichten - im Museum für Hamburgische Geschichte ausgestellt: "Hamburg dekolonisieren - Bismarck neu denken" heißt die Schau.
Wie geht es weiter?
Die Hamburger Kulturbehörde erarbeitet derzeit ein koloniales Erinnerungskonzept. Dabei soll eng mit den Schulen zusammengearbeitet und eine neue Betrachtung Otto von Bismarcks auch in die Unterrichtsmaterialien und Lehrerausbildung integriert werden. Zudem werden die neu konzipierte Dauerausstellung im Museum für Hamburgische Geschichte und im Deutschen Hafenmuseum darauf eingehen. Außerdem sollen am Denkmal selbst weiterbringende Informationen angebracht werden. Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda sagte im Interview mit NDR 90,3, dass er sich auch eine Ausstellung im Sockel des Denkmals vorstellen könne.
Wie sieht es im Sockel aus?
Im Sockelgeschoss des Denkmals bieten acht wabenartige Räume im Innern theoretisch Platz für eine Ausstellung. Während des Zweiten Weltkriegs dienten die Räume als Luftschutzbunker. Danach waren sie beispielsweise lange Zeit am Tag des offenen Denkmals für die Öffentlichkeit zugänglich - bis die zunehmende Baufälligkeit ein Betreten zu gefährlich machte.