Ein stark alkoholisierter Mann gestikuliert am Hauptbahnhof mit einer Wodkaflasche in der Hand. © picture alliance/dpa Foto: Daniel Reinhardt
Ein stark alkoholisierter Mann gestikuliert am Hauptbahnhof mit einer Wodkaflasche in der Hand. © picture alliance/dpa Foto: Daniel Reinhardt
Ein stark alkoholisierter Mann gestikuliert am Hauptbahnhof mit einer Wodkaflasche in der Hand. © picture alliance/dpa Foto: Daniel Reinhardt
AUDIO: Hamburger Hauptbahnhof: Kulturhäuser beklagen Drogen- und Alkoholkonsum (3 Min)

Hamburger Hauptbahnhof: Kulturhäuser beklagen Drogen- und Alkoholkonsum

Stand: 26.07.2023 12:29 Uhr

Die Bücherhallen und das Museum für Kunst und Gewerbe sind angesichts der Situation vor ihren Haustüren besorgt. Können ein Waffenverbot und erhöhte Polizeipräsenz die Lage am Hamburger Bahnhof verbessern?

von Danny Marques Marcalo

Über dem Museum für Kunst und Gewerbe, dem MKG, scheint die Sonne. Direkt daneben ein kleiner Park mit Wiese und schattenspendenden Bäumen. Nur Pause will da keiner machen. Wenn man zehn Minuten wartet, sieht man hintereinander folgendes: Ein Mann pinkelt gegen einen Baum; eine Frau setzt sich einen Schuss; die Polizei kommt und nimmt die Personalien von zwei angetrunkenen Männern auf. Trotzdem kommen Besucher ins Museum. Einige fühlen sich schon ein bisschen bedrängt. Ein Besucher findet: "Ich glaube, das ist kein Hamburger Problem. Das ist andernorts das Gleiche."

Weitere Informationen
Obdachlose und Drogenabhängige am Hamburger Hauptbahnhof © NDR

Drogenverkauf und -konsum: Die Lage an ZOB und Hauptbahnhof

Am Hamburger Hauptbahnhof und dem ZOB gibt es viele Probleme. Der Senat will sie angehen - und könnte die Situation für einzelne noch verschärfen. mehr

Stadt plant Waffenverbot und erhöhte Polizeipräsenz

Die Stadt will verstärkt Maßnahmen ergreifen, um das Sicherheitsgefühl am Hauptbahnhof und so automatisch auch am gegenüberliegenden MKG zu erhöhen, etwa durch ein Waffenverbot und erhöhte Polizeipräsenz. Alexander Stockinger, der Geschäftsführer des Museums, erlebt die Situation am Haus jeden Tag: "Die Situation ist auch für das Museum für Kunst und Gewerbe eine Belastung und beschäftigt uns natürlich intensiv. Wir begrüßen es daher sehr, dass jetzt verschiedentlich Maßnahmen ergriffen werden, die die Situation verbessern sollen. Wir sind mit allen zuständigen Playern in kontinuierlichem und kollegialem Austausch. Wir sehen, dass hier Bewegung drin ist, das ist positiv."

Man würde auch selber immer wieder von sich aus das Gespräch mit den Behörden suchen. Inhaltlich habe es verschiedene Ausstellungen in den vergangenen Jahren gegeben, die sich mit Verwahrlosung im öffentlichen Raum befassen. Grundsätzlich sei es aber so: "Die Lösungen für das, was im Umfeld passiert, müssen von sozialpolitischer Seite sein, auch ordnungspolitischer Art. Das können wir als Museum nicht auflösen", so Stockinger. "Wir als Museum können das benennen und als gesellschaftlicher Ort, wo eine Diskussion stattfindet, auch inhaltliche Impulse geben."

Weitere Informationen
Jan Frenzel kommentiert die Maßnahmen für den Hamburger Hauptbahnhof. © IMAGO / NDR Foto: Jürgen Ritter / screenshot

Kommentar: Maßnahmen am Hauptbahnhof verlagern nur das Problem

Die politische Landschaft in Hamburg könnte durch die Maßnahmen von SPD und Grünen wackeln, meint Jan Frenzel. mehr

"Wir sehen ganz viel Elend auf der Straße"

Ein paar Meter weiter sind die Bücherhallen im Hühnerposten. Hier ist es wesentlich aufgeräumter, als vor dem MKG. Ein Mann ist auf einer Bank mit seinem Bier in der Hand eingeschlafen. Trotzdem nehme man die Situation am Hauptbahnhof natürlich wahr: "Wenn wir morgens zur Arbeit gehen, dann spüren wir das natürlich auch", sagt Frauke Untiedt, die Chefin der Bücherhallen. "Das sieht gar nicht schön aus und wir sehen ganz viel Elend auf der Straße. Aber in der Bibliothek spüren wir es nicht."

Das stimmt, drinnen sieht es gemütlich aus, viele Menschen stecken ihre Nasen in Bücher. Und dennoch kennt hier jeder, den man anspricht, das Problem: "Ich gehe hier nicht gerne lang, ich wohne in der Nähe, für mich ist das Gewohnheit", sagt eine Besucherin. Eine andere findet: "Es gibt zu wenig Angebote für Obdachlose, dafür, dass sie versorgt werden. Wir haben keine richtige medizinische Versorgung für Obdachlose."

Bücherhallen beklagen auch andere Probleme

Mehr Hilfe fände auch Bücherhallen-Chefin Untiedt gut. Generell hat sie aber andere Probleme, die ihrem Haus Sorgen machen: "Wir haben viele Kinder, die uns aufsuchen, und wir haben eine vierspurige Straße, die man überwinden muss, um zu uns zu kommen. Und alles, was da für Entspannung sorgt, ist mindestens genauso wichtig für die Menschen, die uns aufsuchen, wie eine Entspannung am Hauptbahnhof."

In den kommenden Jahren wird es massive Umbauarbeiten am Hauptbahnhof geben. Die Verkehrslage wird nicht einfacher. Und ob Waffenverbot und mehr Polizei wirklich gegen die Situation, insbesondere am MKG helfen, darf ebenfalls bezweifelt werden.

Weitere Informationen
Bundespolizisten und -polizistinnen stehen am Hamburger Hauptbahnhof. © dpa Foto: Daniel Bockwoldt

Kriminelle Taten am Hamburger Hauptbahnhof nehmen zu

An dem Bahnhof kommt es nicht nur zu mehr Körperverletzungen. Auch die Zahl der Diebstähle ist zuletzt angestiegen. mehr

Viele Menschen stehen und sitzen im August-Bebel Park vor der Kontakt- und Beratungsstelle "Drob Inn". © Markus Scholz Foto: Markus Scholz

Sozialarbeiter kritisieren Pläne für Hamburger Hauptbahnhof

Ein sauberer, sicherer Bahnhof darf die sozial Schwächsten nicht verdrängen, sagen Sozialarbeiter. Sie würde man sonst verlieren. mehr

Oliver Wutke kommentiert die aktuelle Situation am Hamburger Hauptbahnhof. © NDR/Screenshot

Kommentar: Sicherheit am Hamburger Hauptbahnhof ein Muss

Alle Menschen müssen sich am Hauptbahnhof sicher und mit einem guten Gefühl bewegen können, meint Oliver Wutke. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 26.07.2023 | 09:40 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Museen

Sucht

Ein leerer Bilderahmen hinter Polizei-Absperrband. © NDR Foto: Foto: [M] Aleksandr Golubev | istockphoto, David Wall | Planpicture

Kunstverbrechen - True Crime meets Kultur

Lenore Lötsch und Torben Steenbuck rollen spektakuläre Kunstdiebstähle auf. Sie nehmen uns mit an Tatorte, treffen Zeugen und Experten. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Charlie Hübner sitzt an einem Tisch. © Thomas Aurin

Charly Hübner als wandelbarer Antiheld in "Late Night Hamlet"

Munteres Late Night Geplauder trifft auf Shakespeare-Drama - so das Setting für den Solo-Abend im Schauspielhaus Hamburg. mehr