Kommentar: Maßnahmen am Hauptbahnhof verlagern nur das Problem
Mehr Polizei am Hamburger Hauptbahnhof, Waffenverbote und nun auch noch ein Alkoholverbot am Bahnhof. Die rot-grünen Regierungsfraktionen übertrumpfen sich mit neuen Maßnahmen, um die Lage am Hauptbahnhof in den Griff zu bekommen. Was bedeutet das für die politische Landschaft? Jan Frenzel kommentiert.
Drogen, Diebstahl, Schlägereien - und das häufig unter Alkoholeinfluss. Der Hamburger Hauptbahnhof ist nicht nur der meistbesuchte Bahnhof in Deutschland, er gilt auch als der gefährlichste. Dass sich deswegen jetzt etwas ändern muss, finde ich richtig. Löst es das Problem im Grundsatz? Klare Antwort: Nein. Diese Maßnahmen werden dazu führen, dass die Probleme in andere Stadtteile verdrängt werden.
Hamburger SPD hat Angst, dass sich Geschichte wiederholt
Mal ganz davon abgesehen, dass die Hamburger Polizei gar nicht in der Lage sein wird, ein Alkoholverbot konsequent zu kontrollieren. Warum also dann diese Maßnahmen? Klare Antwort: Es ist die pure Angst der Hamburger SPD, dass sich Geschichte wiederholt - wie 2001. Damals war es auch die innere Sicherheit, die die SPD aus dem Rathaus gekegelt hat. Nie wieder dürfe sich so etwas wiederholen, höre ich immer wieder von Hamburger Sozialdemokraten.
CDU und AfD haben mit ihrer immer wieder vorgetragenen Kritik offenbar einen Nerv getroffen und die SPD zum Handeln gezwungen. Die Grünen ziehen notgedrungen mit. Was bleibt ihnen auch anderes übrig? In nicht einmal einem Jahr stehen Bezirksversammlungswahlen und dann im Februar 2025 Bürgerschaftswahlen an. Für die SPD ist das gefährlich.
Hamburger Hauptbahnhof wird wohl zur Chefsache
Die Hamburger Polizei, die die Probleme jetzt anpacken muss, bekommt in den nächsten Wochen mit Falk Schnabel einen neuen Chef. Ihn diese Mammut-Aufgabe jetzt allein managen zu lassen, halte ich für ausgeschlossen. Es läuft also darauf hinaus, dass Innensenator Andy Grote und Bürgermeister Peter Tschentscher (beide SPD) das Thema zur Chefsache machen müssen. Gewinnen können beide damit nicht viel.
Verlagern sich die Probleme in andere Stadtteile?
Greifen die Maßnahmen am Hauptbahnhof, wird sehr genau hingeschaut, wie es in den umliegenden Stadtteilen aussieht - und das mitten im Wahlkampf. Ändert sich am Hauptbahnhof nichts, wären beide politisch gescheitert. Nur ankündigen nützt halt nichts. Zur Erinnerung: Die Schill-Partei hatte 2001 aus dem Stand 19,4 Prozent der Stimmen geholt. Mit nur einem einzigen Thema: der inneren Sicherheit. Das wird sich in anderer Konstellation nach meiner Einschätzung so nicht nochmal wiederholen. Dafür ist die AfD Hamburg zu unsortiert und zerstritten.
Thering könnte politisches Kapital aus Situation schlagen
Einer scharrt aber schon mit den Hufen. Oppositionsführer Dennis Thering von der CDU. Mit einer klugen Strategie könnte er politisches Kapital draus schlagen. Verlierer sind die drogen- und alkoholabhängigen Menschen. Denn meine Sorge ist, dass ihre Anliegen, ihre Sorgen, ihre Ängste in den Hintergrund geraten. Und wer ist hier gefragt? Die Hamburger Sozialbehörde - und wieder ist der Ball im Spielfeld der SPD.