Kuratorin Inka Schube bei einer Fotoausstellung in Hannover © picture alliance/dpa | Holger Hollemann Foto: Holger Hollemann

Kuratorin Inka Schube aus Hannover über das Deutsche Fotoinstitut

Stand: 24.11.2022 16:47 Uhr

Die Kuratorin Inka Schube der Fotosammlung im Sprengel-Museum Hannover spricht über das neue Institut in Düsseldorf und wundert sich, warum Orte wie Leipzig und Halle nicht diskutiert wurden.

Das geplante deutsche Fotoinstitut soll nach jahrelanger Debatte nach Düsseldorf kommen. Vor knapp zwei Wochen gab Kulturstaatsministerin Claudia Roth bekannt, dass sich nun alle Seiten dafür entscheiden hätten. Lange umstritten war vor allem die Frage des Standortes. Düsseldorf und Essen konkurrierten miteinander. Ein Gespräch mit Inka Schube, Kuratorin der Fotosammlung im Sprengel Museum Hannover.

Frau Schube - als Frau vom Fach: Wie beurteilen Sie diese finale Entscheidung für den Standort Düsseldorf?

Inka Schube: Das ist eine komplizierte Frage. Letztendlich muss es dieses Institut geben. Das ist wichtig. Der Standort wäre mir in diesen Alternativen egal. Wichtig ist die Konzeption und worauf sich die Arbeit dieses Instituts begründet und was die Aufgaben sein sollen. Was mich von Anfang an sehr gewundert hat, ist, dass andere Standorte überhaupt nicht diskutiert wurden. Standorte wie Leipzig, Halle, Orte mit einer sehr großen fotografischen Tradition, an denen man hätte so eine Art Bilbao-Effekt hervorrufen können.

Schube: Das sind Orte oder Regionen, die nach wie vor vernachlässigt sind in der kulturellen Förderung, in der Infrastrukturentwicklung denke ich. Und dieses Museum, was in Bilbao gebaut wurde (Guggenheim Museum, Anm. d. Red.), war ein deutliches Signal und hat diesem Standort extrem geholfen in der Entwicklung, auch in der wirtschaftlichen. Das kann man im Detail noch einmal einzeln diskutieren.

Aber das es wieder sozusagen an die fettesten Stellen der Bundesrepublik gefallen ist, hat mich schon irritiert. Das muss man, natürlich auch der Politik anlasten, dass sich Leipzig oder Halle oder andere Orte einfach gar nicht in der Lage sahen, entsprechende Kapazitäten aufzubieten oder mit ins Spiel zu bringen. Ich finde es aber sehr schade, weil auch eine große Chance verloren gegangen ist damit, an diesem Gleichgewicht zwischen Ost und West mehr zu arbeiten.

Das Fotoinstitut wird oft mit dem deutschen Literaturarchiv in Marbach verglichen, Baden-Württemberg, einem Ort des kulturellen Gedächtnisses für Literatur. Warum braucht es solch einen Ort auch für Fotografien?

Schube: Wir haben unglaublich viele Orte, die Fotografie sammeln, die alle an den Grenzen ihrer Belastbarkeit sind, die sich alle darauf freuen, durch ein solches Institut Unterstützung zu bekommen, in einer Art dezentraler Kraft, Magnet oder Pool oder Maschinenraum, der in alle Richtungen strahlt. Das sei eigentlich die Idealvorstellung. Was der Unterschied ist, ist so ein Fotoinstitut, indem wie es beschrieben wird, wenn es Archive aufnimmt, noch einmal andere technische Herausforderungen zu bewerkstelligen hat: Das ist erstens ein viel größerer Raumbedarf.

Wir reden gerade in Düsseldorf von riesigen Formaten. Wenn man allein, sozusagen so ein Archiv von der Düsseldorfer Schule aufnehmen möchte, dann kann man große Volumen verplanen, die glaube ich, in Düsseldorf an dem Standort, der jetzt im Gespräch ist, gar nicht vorhanden sind. Da muss man genau schauen, wie sich diese Konzeption weiterentwickelt. Es gibt ein Gutachten, es gibt Empfehlungen zur Arbeitsweise; ob sich das jetzt mit dem Standort verschiebt, ist die große Frage.

Schube: Man muss es online unbedingt vernetzen. Eigentlich braucht es eben einen Ort, der für solche Dinge Verantwortung trägt und übernimmt. Und einen Ort, der diesen vielen kleinen Orten, die existieren, an mittelgroßen und großen Orten mit Kompetenz zur Seite steht, weil diese einzelnen Infrastrukturen, die an institutionellen Anlegern angebunden sind, städtisch sind, oder sie gehören dem Land, den Stiftungen, was auch immer.

Manchmal sind es kleine Heimatvereine, die fantastische fotografische Schätze haben, um die sich vor Ort niemand kümmern kann. Da ein Kompetenzzentrum zu schaffen, das unterstützend von der Zentrale aus wirkt, das dabei hilft, diese Bestände sozusagen digital verfügbar zu machen, das ist ganz wichtig. Es geht eben auch um das kulturelle Gedächtnis in der Breite.

Es geht nicht nur darum, wie die Schar der Fotografen, die in Düsseldorf sitzt, auf die Welt schaut. Und da habe ich wirklich große Angst: Welche Art von Geschichte und Gegenwart transportieren wir in die Zukunft? Unter welcher Ägide passiert die Auswahl dessen, was da gesichert wird, was da betreut wird?

Es muss nicht alles in ein gemeinsames Depot kommen. Es ist wichtig, dass es irgendwo Kompetenz gebündelt gibt, die man auch abfragen kann, wenn man an anderen Orten sitzt und es eben nicht leisten kann, sich zu überlegen, wie man die Dinge jetzt am besten lagert oder was, dieses oder jenes Material mit der Fotografie tut oder wie die Luftbeschaffenheit sein muss in einem Raum, in dem die Fotografie liegt. Dass man eben nicht frisch streicht, wenn man danach Fotografie hängt, so ganz einfache Dinge. Ein Ort, der dafür praktisch auf sehr demokratische Weise für Gespräche über solche Fragenzur Verfügung steht. Das würde ich mir wünschen.

Und haben Sie da Zweifel, dass das so sein wird.

Schube: Da bisher die Ratschläge der beratenden Kommission nicht so sehr ernst genommen wurden, bin ich mir nicht sicher, wohin das weitergeht. Der Ort an sich entscheidet sich wahrscheinlich danach, wer das meiste Geld aufbringt,. Aber die Frage ist: Was passiert an diesem Ort?

 Das Gespräch führte NDR Kultur Moderatorin Eva Schramm.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 24.11.2022 | 17:00 Uhr

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