Im Orkan verunglückt: Die Tragödie der "Adolph Bermpohl"
Am 23. Februar 1967 erregt ein Unglück in der Deutschen Bucht weltweit Aufsehen. Im Orkan "Xanthia" verliert der Seenotkreuzer "Adolph Bermpohl" bei einem Rettungsversuch vor Helgoland seine komplette Besatzung.
Sieben Meter hohe Wellen, Wind, unberechenbare See, vier Grad Wassertemperatur: Mit bis zu 140 Kilometern in der Stunde fegen die Böen des Orkans "Xanthia" am 23. Februar 1967 durch die Deutsche Bucht. Ein Kutter ist in Seenot geraten - acht Seemeilen nördlich von Helgoland. Drei niederländische Fischer auf der "Burgemeester van Kampen" brauchen wegen eines Wassereinbruchs dringend Hilfe. Das Schiff droht zu sinken, es herrscht unmittelbare Lebensgefahr - die Crew funkt "Mayday". Der Seenotrettungskreuzer "Adolph Bermpohl" läuft aus.
Rettung der Fischer verläuft zunächst nach Plan
Hinnerk Pick ist damals Steuermann der "Atlantis", dem Versorgungsboot der Insel Helgoland, das damals zwischen der Hochseeinsel und Cuxhaven fährt. Mit den Seenotrettern an Nord der "Bermpohl" ist er befreundet - und an diesem stürmischen Donnerstag selbst auf der Nordsee unterwegs. Als der Sturm zunimmt, kann er sich mit einem riskanten Manöver mit der "Atlantis" in den Helgoländer Südhafen retten.
Von dort aus verfolgt er die Rettungsaktion seiner Freunde auf der "Bermpohl" und hat eigentlich ein gutes Gefühl: "Das war der neueste Kreuzer, den es gab bei der DGzRS", erzählt Pick dem NDR im Jahr 2017. Zunächst verläuft die Rettung auch nach Plan: Als die "Bermpohl" die Fischer erreicht, können die Retter die drei Männer auf das Tochterboot bringen. Die Helfer melden die erfolgreiche Rettung der Fischer und heben den Seenotfall auf.
Der Funkverkehr reißt ab
Kurz danach passiert das Unglück. Vermutlich will die Besatzung die unterkühlten Geretteten zügig auf den Seenotrettungskreuzer bringen, um sie dort besser versorgen zu können. Dann muss eine haushohe Welle die "Bermpohl" überrollt haben, möglicherweise begräbt sie das Tochterboot unter sich. Der Funkverkehr reißt ab. Die vier Seenotretter und drei Fischer "bleiben auf See", wie es in der maritimen Sprache heißt. Sie werden von Bord gespült verlieren im Orkan "Xanthia" ihr Leben.
"Adolph Bermpohl" treibt ohne Besatzung
Hinnerk Pick macht sich einen Tag nach dem Unglück mit der "Atlantis" auf die Suche nach seinen Freunden. Auf dem Rückweg nach Cuxhaven findet er die "Adolph Bermpol" - südlich von Helgoland treibend, mit laufendem Motor, aber ohne Besatzung. "Neben der 'Bermpohl' zu fahren und nicht zu wissen, ob noch jemand lebendig war oder nicht, das ist die schlimmste Erinnerung, die ich habe", so Pick vor fünf Jahren.
"Hier war die Natur gewaltiger als der Mensch"
Ein Frachter findet das kieloben treibende Tochterboot "Vegesack". Auch dieses Schiff: menschenleer. Fünf Seeleute werden später tot in der Nordsee gefunden. Das Unglück erregt damals weltweit Aufsehen. Die "Adolph Bermpohl" gilt Mitte der 60er-Jahre als das seetüchtigste Schiff der Flotte, die Besatzung besteht aus erfahrenen Seeleuten. Mit der Frage, wie es passieren konnte, dass die eigentlich schon geretteten Seemänner noch ums Leben kamen, beschäftigt sich später eine Seeamtsverhandlung. Das Ergebnis: Die Seenotretter und Fischer hätten keine Chance gehabt. Laut dem maritimen Gericht bleibt nur ein Schluss: "Hier war die Natur gewaltiger als der Mensch."
Begleitumstände bleiben ungeklärt
Ungeklärt sind bis heute die Begleitumstände der Katastrophe im Februar 1967. Im dokumentierten Funkverkehr heißt es, dass die drei Fischer gerettet wurden und die Besatzung vollständig und lebend auf dem Weg nach Helgoland sei. Allein das Fischerboot müsse zurückgelassen werden. Der Leuchtturmwärter will sogar beobachtet haben, wie ein Schiff in der Nordeinfahrt nach Helgoland in den Wellen, mit dem Scheinwerfer nach Backbord, den Weg zur Insel gesucht hatte. Sehr wahrscheinlich war es die "Adolph Bermpohl". Doch sie kam nicht auf Helgoland an.