"The Zone of Interest" gewinnt Oscar als bester internationaler Film
"The Zone of Interest" mit Sandra Hüller und Christian Friedel hat den Oscar für den besten internationalen Film erhalten. Christopher Nolans Epos "Oppenheimer" gewann die Trophäe als bester Film. İlker Çatak mit seinem Drama "Das Lehrerzimmer" und Wim Wenders mit "Perfect Days" gingen leer aus.
Seit kurz nach 1 Uhr deutscher Zeit steht fest: Weder Regisseur und Drehbuchautor İlker Çatak mit dem in Hamburg gedrehten Film "Das Lehrerzimmer", noch Filmemacher Wim Wenders mit "Perfect Days" haben den Oscar für den besten internationalen Film erhalten. Stattdessen gewann der Brite Jonathan Glazer diesen für sein Auschwitz-Drama "The Zone of Interest" mit Sandra Hüller und Christian Friedel. Der Film wurde zudem für den "besten Sound" ausgezeichnet.
"Auch wenn es mit dem Oscar-Gewinn für 'Das Lehrerzimmer' nicht geklappt hat, freuen wir uns sehr für İlker Çatak und sein Team. Gegen einen Film wie 'The Zone of Interest', der ein absolutes Meisterwerk ist, nicht zu gewinnen, ist keine Schande", sagte Helge Albers von der Moin Filmförderung, die den Hamburger Film mit gefördert hatte und vor Ort in Los Angeles ist. Es seien Filme aus 88 Ländern vorausgewählt gewesen, fünf nominiert. "Davon einer zu sein war eine riesige Leistung. Wir drücken İlker Çatak die Daumen für sein nächstes Projekt, das er auch wieder in Hamburg dreht und freuen uns darauf, mehr von ihm zu sehen."
Emma Stone gewinnt Oscar als "beste Hauptdarstellerin" in "Poor Things"
Erst gegen Ende der Zeremonie mit Moderator Jimmy Kimmel im Dolby Theater in Los Angeles kamen fünf frühere Oscar-Preisträgerinnen auf die Bühne und würdigten jede der fünf nominierten Hauptdarstellerinnen. Emma Stone wurde für ihre Rolle als Bella Baxter in Yorgos Lanthimos' Frankenstein-Komödie "Poor Things" ausgezeichnet. Hüller war als Schriftstellerin unter Mordverdacht im Justiz-Drama "Anatomie eines Falls" von Regisseurin Justine Triet nominiert. Die Französin hatte bereits zu Beginn der Gala den Oscar für das beste Original-Drehbuch mit ihrem Lebensgefährten Arthur Harari erhalten.
Christopher Nolan holt die ersten Oscars seiner Karriere mit "Oppenheimer"
Der Topfavorit des Abends, "Oppenheimer" von Christopher Nolan, konnte sieben Oscars von den 13 Nominierungen einlösen. Der Brite Nolan wurde als bester Regisseur prämiert und erhielt damit erstmals in seiner Karriere einen Oscar. Der Ire Cillian Murphy gewann wenig überraschend den Oscar als bester Haupt-, der US-Amerikaner Robert Downey Jr. den als bester Nebendarsteller. Vor allem jedoch hat der dreistündige Film über den Erfinder der Atombombe die Königstrophäe als bester Film gewonnen. "Wir leben alle in Oppenheimers Welt - ich widme meinen Oscar all den Friedensstiftern da draußen", sagte Schauspieler Cillian Murphy.
Çatak: Oscar-Kampagne mit viel Reisen und Handshaking verbunden
Filmfans weltweit verfolgten gespannt die Gala, während in Hollywood zum 96. Mal die Oscars verliehen wurden. Die gut 9.000 Mitglieder der Filmakademie hatten über die Preisträger in den insgesamt 23 Oscar-Sparten abgestimmt. Der in Berlin geborene und teilweise in der Türkei aufgewachsene Regisseur Ílker Çatak hatte, wie er im Gespräch mit NDR Kultur während der Berlinale erzählte, bei der er als Kurzfilmjuror arbeitete, seit Monaten kaum mehr als drei Wochen zu Hause verbracht. So eine Oscar-Kampagne sei mit sehr viel "Zeitaufwand, viel Reisen, Handshaking und Socialising verbunden". Er gehe auch mit "genau null Erwartungen in die Verleihung", hatte der Regisseur im Vorfeld gesagt. "Dabei zu sein ist schon total irre, wenn man sich mal vergegenwärtigt, von wo wir gestartet sind."
Viele Hamburgerinnen und Hamburger hatten vor der Gala kräftig die Daumen gedrückt, darunter der Regisseur und Drehbuchautor Fatih Akin, Produzentin Nurhan Sekerci-Porst und Kultursenator Carsten Brosda (SPD). "Du hast so oder so schon gewonnen, alleine schon weil du es so weit gebracht hast", sagte der Hamburger Akin. Auch der Schweizer Schauspieler Joel Basman, der bald in der ARD-Serie "Kafka" zu sehen sein wird und mit dem Çatak bereits den Film "Es war einmal Indianerland" gedreht hat, freute sich über die Oscar-Chance des Regisseurs: "Ich finde, dass es das Wunderschönste ist und wohlverdient, einfach nur großartig, wie er seinen Weg macht."
"Das Lehrerzimmer": Preisgekrönter Film mit Erfolg an der Kinokasse
Çataks mit fünf Deutschen Filmpreisen prämiertes Drama handelt von einer Lehrerin, die eine Serie von Diebstählen an ihrer Schule aufklären möchte. Sie muss mit ansehen, wie die Direktorin eine Art Razzia in ihrem Klassenzimmer durchführt. Ein türkisch-stämmiger Junge wird zu Unrecht verdächtigt. Das Drehbuch stammt von Çatak und seinem Freund aus Schulzeiten, Johannes Duncker. Hauptdarstellerin ist die in Hamburg geborene Schauspielerin Leonie Benesch. Ein Großteil des Filmteams hielt sich für die Oscar-Verleihung in Los Angeles auf, darunter auch Produzent Ingo Fliess, der im Gespräch bei der Berlinale erzählte, seine Produktionsfirma sei kurzfristig zu einer Art "Reisebüro" geworden.
Mehr als 270.000 Kinokarten wurden bislang bundesweit für "Das Lehrerzimmer" verkauft, das Drama hatte auch in anderen Ländern Europas einen Filmstart und sogar einen Verleih in den USA. Nach der Berlinale hatte Çatak deutsche Medien für Ignoranz und Ausgrenzung kritisiert, etwa werde sein Name kaum erwähnt oder falsch geschrieben. Er habe dafür "überwältigend viel positives Feedback bekommen, sehr bewegende Mails und Nachrichten von Menschen mit Migrationsgeschichte, die ähnliche und noch viel schlimmere Ausgrenzungen erlebt haben".
Wim Wenders und Çatak: Gegenseitiges Daumendrücken
Auch Wim Wenders' Film "Perfect Days" war in der Kategorie "Bester Internationaler Film" für Japan nominiert. Im Gespräch mit NDR Kultur hatte Çatak vorab gesagt, dass er dem 78-jährigen Wenders die Daumen drücke. "Ich würde es ihm von Herzen wünschen, weil er einfach nicht nur ein großartiger Filmemacher ist, sondern ein großzügiger Mensch, der für meinen Film Lobby gemacht hat, obwohl er selbst einen Film hat. Ich würde es mir wirklich wünschen, dass er gewinnt."
Die ebenfalls in der Kategorie bester internationaler Film nominierten Regisseure Wenders, Jonathan Glazer und Matteo Garrone seien "Leute, mit deren Filmen ich groß geworden bin". Auch Wenders erzählte vor der Gala im dpa-Gespräch: "İlker ist ein super Typ und toller Regisseur und ich mag den Film außerordentlich gerne. Ich freue mich, dass sie so weit gekommen sind, die freuen sich, dass wir so weit gekommen sind, und wir drücken einander die Daumen, würde ich mal sagen", so Wenders. Dessen meditativer Film erzählt von einem Mann namens Hirayama (Koji Yakusho), der in Tokio besonders schön gestaltete Toiletten reinigt und mit seinem einfachen Leben zufrieden ist.
Zuletzt hatte Edward Bergers mit mehreren Oscars preisgekrönter Kriegsfilm "Im Westen nichts Neues" in dieser Kategorie gewonnen.