Douglas Sirk Preis für Sandra Hüller: "Fühle mich Hamburg verbunden"
Mit zwei Filmen hat Sandra Hüller dieses Jahr in Cannes für Aufsehen gesorgt, "Anatomie eines Falls" gewann die Goldene Palme. Sie hat das französische Drama beim Filmfest Hamburg vorgestellt. Hier hat sie den Douglas Sirk Preis erhalten.
Aus dem europäischen Kino ist Sandra Hüller spätestens seit "Toni Erdmann" nicht mehr wegzudenken und 2023 hat dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt. Die 45-jährige Schauspielerin war mit zwei Filmen im Wettbewerb in Cannes vertreten, beide haben Hauptpreise erhalten. Nun hat das Filmfest Hamburg Hüller mit einem weiteren geehrt: dem Douglas Sirk Preis.
Sandra Hüller hat die Trophäe in Hamburg persönlich entgegengenommen: bei der Deutschlandpremiere des Cannes-Siegers "Anatomie eines Falls" von Regisseurin Justine Triet. Sie ist nach Nina Hoss die zweite deutsche Schauspielerin, die die Auszeichnung des Hamburger Festivals erhalten hat.
Die Laudatio hat Schauspieler Jens Harzer gehalten: "Sandra schafft es in ganz vielen ihrer Arbeiten, auch am Theater - und das finde ich auf das Theater bezogen eine ganz besondere Begabung von ihr -, immer wieder Momente zu erfinden, in der ihre Figur auf etwas wartet: auf Entscheidungen, die über sie gefällt werden", sagt der Schauspieler. Er ist festes Ensemblemitglied am Thalia Theater Hamburg, mit Hüller befreundet und hat vor der Kamera und auf der Bühne mit ihr gearbeitet. "Dann sieht man Sandra zu, wie sich etwas in ihr anstaut, wie sie das Kommende zu erleiden, zu ertragen oder zu überstehen hat. Und ob sie wirklich gewillt ist, das zu tun, oder ob sie sich dagegen auflehnt und die Dinge bekämpft. Das ist ihr ständiger Darstellungskampf. Dann - und das ist auch unvergleichlich - rutscht es in ihr noch eine Stufe tiefer und man sieht Sandras unendlichen Trotz, ihre unendliche Wut, ihre Auflehnung gegen die anderen." Hüller, die stets um Eigenständigkeit kämpfe, habe eine Einzigartigkeit und eine absolut singuläre Stellung als Schauspielerin - im Film und im Theater.
Sandra Hüller über Douglas Sirk Preis: "Eine tolle Überraschung"
Die Schauspielerin ist gern in Hamburg, wie sie am Sonnabend vor der Preisverleihung im Gespräch mit NDR Kultur erzählt. "Meine beste Freundin lebt hier, ich bin immer gern nach Hamburg gekommen. Es ist eine sehr offene Stadt, was auch am Hafen liegt, dadurch, dass alle Welt hier gelandet ist. Deswegen fühle ich mich Hamburg verbunden." Dass sie den Douglas Sirk Preis erhalten solle, war "eine tolle Überraschung gewesen", sagt die 45-Jährige. "Ich fühle mich sehr geehrt und finde es besonders, mit Nina (Hoss, Anm. d. Redaktion) in einer Reihe dazustehen, das gefällt mir gut. Und mit allen anderen, die den schon bekommen haben."
Im Justiz-Thriller spielt sie eine deutsche Schriftstellerin, die durch den rätselhaften Tod ihres Ehemanns selbst in einen aufreibenden Indizienprozess hineingezogen wird.
Wiederspiel: "Sandra Hüller verleiht jeder Rolle unverkennbare Attribute"
"Sandra Hüller beherrscht die ganze Bandbreite von Emotionen und Wesensmerkmalen und verleiht somit jeder Rolle besondere, unverkennbare Attribute", sagt Festivalleiter Albert Wiederspiel. Hüller vereine das Leidenschaftliche, Grenzüberschreitende, Komische, Verschmitzte und Legere.
Die 1978 in Thüringen geborene Künstlerin ist, wie Devid Striesow und Nina Hoss (die 2019 den Douglas Sirk Preis erhalten hat), Absolventin der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. Sie hat auf Bühnen wie am Schauspielhaus Leipzig und auch am Theater Basel gespielt. Ihre erste Kinorolle war für Hans Christian Schmid im Drama "Requiem". Seither hat sie zahlreiche Schauspielpreise erhalten, dazu zählt etwa der Deutsche Filmpreis 2006 für ihre Rolle in "Requiem". Erst im September hat Hüller den Gilde Filmpreis der Gilde Deutscher Filmkunsttheater zum Abschluss der Filmkunstmesse Leipzig erhalten.
2023 war sie bereits im Kinofilm "Sisi & ich" von Frauke Finsterwalder als Hofdame Irma zu sehen. Die Produktion war in der deutschen Vorauswahl mit elf weiteren Filmen, um Deutschlands Kandidat für den Oscar als bester internationaler Film zu werden.
"Anatomie eines Falls" ab 2. November im Kino
Das Filmfest Hamburg läuft noch bis 7. Oktober. Gezeigt werden über 110 Produktionen aus aller Welt als Welt-, Europa-, Deutschland- oder Hamburg-Premieren. "Anatomie eines Falls" kommt regulär am 2. November in die deutschen Kinos. Der zweite Cannes-Beitrag mit Hüller, "The Zone of Interest" des Briten Jonathan Glazer, soll erst im Februar 2024 starten.