"Spotted": Netzwerk stärkt zeitgenössischen Tanz in Niedersachsen
Das kürzlich gegründete Tanzgastspielnetzwerk "Spotted" verschafft Ensembles für zeitgenössischen Tanz Auftritte an kommunalen und freien Theatern. Premiere des ersten Stücks einer Reihe ist am Samstagabend im Werkraum in Göttingen.
Ein kleiner grauer Tisch. Darauf eine Lampe. Am Tisch sitzt eine zierliche Tänzerin in einem grauen Hosenanzug. Die Bühne ist vollkommen schwarz. Nach und nach entspinnt sich ein tänzerischer Dialog zwischen der Frau und der Lampe, die sich wie von Geisterhand bewegt. "Es ist ein Solotanzstück und zugleich ein Dialog zwischen einer Tänzerin und ihrem Alter Ego, das in Form einer Schreibtischlampe daherkommt", sagt die Schöpferin des Tanzstücks, die sardische Tänzerin und Choreografin Sara Angius. "Inhaltlich geht es in dem Stück um das komplizierte Verhältnis des Menschen zum Thema Zeit, und wie wir zwischen den beiden Polen Vergangenheit und Zukunft zerrissen werden", erklärt sie.
Nachhaltiges Arbeiten durch "Spotted"
Ihr multidisziplinäres Stück, mit Elementen des Tanzes, des Puppenspiels und der Animation, heißt "Lono: The woman who had two navels" - "Die Frau mit den zwei Nabeln". Angius zeigt es im Rahmen der neuen Reihe des Tanzgastspielnetzwerks "Spotted" im freien Theater "Werkraum" in Göttingen. Sie ist froh, dass die vier Jahre alte Produktion dank der Unterstützung durch "Spotted" nicht in der Versenkung verschwunden ist. "Ich fand es echt frustrierend, dass ich meine Arbeiten allenfalls drei bis vier Mal zeigen konnte. Wenig nachhaltig! Ich empfand es als fast als Verschwendung sie nicht auch woanders präsentieren zu können", erzählt Angius.
"Wir müssen alles bündeln"
Wie viele andere freischaffende Tanzkünstlerinnen auch, erlebte Sara Angius das Klinkenputzen bei Theatern nach Auftrittsmöglichkeiten als extrem mühsam. Sie machte sich deshalb stark dafür, dass "Spotted" ins Leben gerufen wurde. Angius - früher festes Ensemblemitglied unter anderem am Staatstheater Braunschweig - gründete zusammen mit anderen Tänzerinnen und Tänzern zunächst die "Tanzkoop". Das eine Kooperative, die in Braunschweig einen Probenraum für die freie Tanzszene bereitstellt. Das Tanzgastspielnetzwerk "Spotted" sei dann der nächste konsequente Schritt gewesen, sagt der portugiesische Tänzer und Choreograf Tiago Manquinho, Mitbegründer von "Spotted".
Das Netzwerk wird getragen vom Landesverband freier darstellender Künste in Niedersachsen und der Kooperative "Tanzkoop" in Braunschweig. "Wir haben tatsächlich in Niedersachsen nicht so viele Bühnen. Und wir waren alle einzeln beschäftigt, neue Räume zu finden und neue Bühnen zu bespielen. Wir haben gemerkt: 'Wir müssen das alles bündeln.' Bessere, oder mehr Möglichkeiten anbieten für Choreograf*innen ihre Arbeit zu zeigen, dass die Sachen mehr gespielt werden, dass neue Publika erreicht werden auch", erläutert Manquinho. Zugleich soll "Spotted" auch Spielstätten dabei unterstützen Tanz überhaupt präsentieren zu können. Denn viele, sagt Choreograf Manqiunho, hätten dazu gar keine Möglichkeit. Viele hätten zum Beispiel nicht einmal einen geeigneten Tanzboden.
Großer Bedarf der Tanzszene nach Netzwerk
"Spotted" erfahre viel Resonanz, berichtet Manquinho. Für ihn ein Beweis dafür, wie groß der Bedarf für die Tanzszene ist. Dass es dieses spezielle Programm gibt, habe sich mittlerweile auch über Niedersachsen hinaus rumgesprochen. "Das Programm lockt Leute auch von außerhalb an. Um sich zu bewerben, muss man nicht in Niedersachsen wohnen. Voraussetzung ist aber, die Stücke hier zu produzieren", erzählt Manquinho. Dies spiegele die Realität der Tanzszene wider: Choreografen arbeiteten oft nicht dort, wo sie inszenieren. Und so kämen viele aus Berlin, um in Niedersachsen zu arbeiten. "Wir sehen Leute aus Kassel oder Frankfurt, die Stücke in Göttingen, Braunschweig oder Hannover auf die Bühne bringen", sagt der Choreograf.
Jeder kann sich bewerben
Wer als Tänzerin oder Tänzer Teil des Netzwerks "Spotted" werden möchte, bewirbt sich mit einer fertigen Choreografie. Und bekommt - falls der Zuschlag erfolgt - Geld für Produktion, An- und Abreisen und wird bei der Kommunikation mit den Spielstätten unterstützt, erklärt Choreograf Manquinho. "Jeder kann sich bewerben", sagt er. Es gebe eine unabhängige Jury, auch aus anderen Bundesländern. Die bestimme einen Pool von Stücken, die dann in verschiedenen Häusern aufgeführt werden. Häuser, die dann Teil des Netzwerks sind.
Acht niedersächsische Spielstätten sind im Netzwerk
Momentan sind acht Spielstätten Teil des Netzwerks: Neben dem Werkraum in Göttingen, sind das unter anderem das Theater Hameln, das Jahrmarkttheater in Bostelwiebeck (Landkreis Uelzen), das Lessingtheater in Wolfenbüttel und das Theater Metronom in Visselhövede (Landkreis Rotenburg). Sieben Produktionen in zehn Aufführungen sind im Laufe des Jahres im Rahmen von "Spotted" zu sehen. Im kommenden Jahr sollen noch mehr Stücke in den Pool aufgenommen werden.
Das Auftaktstück der "Spotted"-Reihe - "Lono. The woman who had two navels" beginnt am Samstagabend ab 19:30 Uhr im Werkraum Göttingen.