Schneiderin am Theater: Mit Nadel und Faden für die Illusion
Wenn beim "Sommernachtstraum" in Oldenburg der Handwerker Zettel plötzlich als Esel aus dem Gebüsch kommt, hat die Kostümschneiderin Regine Meinardus damit zu tun. Sie kennt viele Tricks für die perfekte Illusion.
Im Oldenburger Schlossgarten steht ein Glashaus an eine Backsteinmauer gebaut - die Orangerie ist die Garderobe für Shakespeares "Sommernachtstraum". Ein Sommertheater des Kulturzentrums "Kulturetage". Vor der Vorstellung herrscht geschäftiges Treiben. Es werden Schuhe gesucht, Gesichter gepudert und Halstücher gebunden. Gleich soll es losgehen, aber am Ärmel des Darstellers von Demetrius hat sich ein Knopf gelöst. Die Schneiderin Regine Meinardus fädelt blitzschnell Garn in eine Nadel und schon ist der Knopf wieder angenäht. "Ich habe hier auch allerdings relativ große Nadeln. Ich habe ein dickes Nähgarn, dass das auch mit wenigen Stichen hält", sagt Meinardus. Auf die Weise spart sie ein paar Sekunden, schließlich hat sie noch mehr zu tun.
Künstlerische Freiheit im Sommerjob
Sie hilft beim Halsketten schließen, Ohrringe finden und verteilt trockene Unterhemden. In der Orangerie hat sie einen kleinen Tisch. Darauf ein Kästchen mit Fingerhut, Nadel und Faden, Klebstoff - darunter Kisten mit Schuhputzzeug, Wäsche gegen die Kälte, etwas Schmuck - an ihrem improvisierten Arbeitsplatz steht das Wichtigste für den Notfall. Sie arbeitet hier nur im Sommer. "Der Sommerjob ist für mich ein bisschen mehr künstlerische Freiheit, weil ich hier selber das Kostümbild gestalte, ich arbeite es aus, setze es um und bin auch während der Vorstellungen sehr viel vor Ort, weil ich dann die Atmosphäre genießen kann."
Hauptberuflich am Oldenburgischen Staatstheater
Hauptberuflich ist Meinardus als Schneiderin und Ankleiderin am Oldenburgischen Staatstheater beschäftigt. Da näht sie die Kostüme nach den Vorgaben der Gewandmeisterin - meist fürs Ballett. Kostüme müssen besonders viel aushalten, sagt die Schneiderin. Deshalb steppt sie manche Nähte doppelt. Und auch sonst wird Theaterkleidung auf besondere Weise gefertigt. "Kostüme wo man absehen kann, dass schneller mal jemand zu- oder abnimmt, oder öfter mal jemand einspringen muss, oder das Stück über lange Jahre laufen wird, da wird dann anders verarbeitet, so dass man es schnell ändern kann", erklärt die Schneiderin.
Schneller Umzug in 30 Sekunden
Aber die Kostüme sind nicht nur leicht zu ändern. Manche müssen auch besonders leicht zu wechseln sein. In manchen Szenen am Staatstheater darf das Umziehen nur 30 Sekunden dauern, erklärt Meinardus. Damit das klappt, bereitet sie es bereits beim Nähen vor. "Das heißt es werden Sachen auf Druckknopf gearbeitet, es wird manchmal mit Magneten gearbeitet, manchmal mit Klett. Das machen wir allerdings nicht so gerne, weil das immer ein Geräusch erzeugt", erläutert sie. In die Schuhe fädelt sie statt der Schnürsenkel Gummibänder, verrät die Schneiderin. "Da gibt es doch einige Tricks, mit denen man arbeiten kann."
Als Ankleiderin steht sie bei schnellen Umzügen im Theater an der Seite der Bühne. Dann legt sie die Sachen vorher in der richtigen Reihenfolge hin. Ein Schritt zur Seite und das Publikum würde sie sehen. "Und das macht manchmal auch eine Illusion, wenn etwas total schnell geht und der oder die Schauspielerin dann in einem anderen Kostüm wieder auf die Bühne kommt", erzählt sie, und auch wenn die Theatergäste das vielleicht nicht immer merken tue es dem Stück doch gut.
Ein Reißverschluss verwandelt Anzugträger in alte Frau
Einmal sollte ein Schauspieler sich in einem Ein-Personen-Stück blitzschnell von einem Anzugträger in eine alte Frau verwandeln - eine Witzfigur. Da hat die Schneiderin kurzerhand eine Bluse in eine Jacke eingenäht, einen Rock unten befestigt und dann alles noch ausgepolstert. An das ganze Gebilde hat sie vorn einen Reißverschluss genäht so, dass es mit einem Handgriff zu öffnen und schließen war. "Dann ließ er einfach seinen Anzug fallen, hat diese Jacke mit dem Rock angezogen und den Reißverschluss vorne zugezogen. Dann mit einem Handgriff eine Perücke auf den Kopf und dann war er die Frau des Senators", freut sich die Schneiderin.
Liebe zum Theater in allen Facetten
In ihrem Beruf sind kreative Ideen gefragt. Regine Meinardus liebt das Theater in allen Facetten, sagt sie und freut sich dass sie als Schneiderin Handwerk mit Theater verbinden kann.