Die Arbeit hinter den Kulissen: Besuch in der Opernwerkstatt
Wie entstehen die Bühnenbilder in der Oper? Einmal im Monat bietet die Staatsoper Hamburg eine Führung durch ihre Werkstätten an und gibt Einblicke hinter die Kulissen.
In Rothenburgsort auf dem Gelände des Neuen Huckepackbahnhofs: Nur ein paar Schritte - und man steht in einer eigenen Welt, luftig, voller Tageslicht. Im 14 Meter hohen Malsaal entstehen die Transparente, Tapeten und Hintergründe und werden hier mit langen Pinseln gemalt. Man sieht überdimensionale Blumen, Figuren, Gesichter. Die sechsköpfige Besuchergruppe kommt ins Staunen.
"Ich bin Operngängerin", sagt eine Teilnehmerin der Führung "da interessiere ich mich sehr dafür, was auf der Bühne zu sehen ist und wie es gemacht wird." Eine andere Dame sagt begeistert: "Ich hätte mir das so nicht vorgestellt, von dem gesamten Aufwand, der getrieben werden muss, um so ein Bühnenbild herzustellen. Unglaublich beeindruckt."
Die Teile des Bühnenbildes entstehen in verschiedenen Werkstätten
Die Gruppe wird von Brigitte Deest geführt. Die fordert die Gruppe auf: "Folgen Sie mir, dann gehen wir einfach mal in den Spritzraum!" Im Spritzraum wird lackiert und gesprüht, wie in einer Autolackiererei. Gleich nebenan, in den Dekorationswerkstätten, wird alles angefertigt, "von den kleinsten Schmuckteilen, bis zu den größten Bauteilen", erklärt Brigitte Deest. Gerade ist der Raum voller riesiger, Iglu-großer Baisers aus Styropor. Deest kommt ins Schwärmen: "Schauen Sie mal, sind die nicht schön! Wow! Ich selbst gehe eben auch sehr gerne in die Oper, und ich bin immer total begeistert, wenn ich hier in den Werkstätten bin, weil ich dann sehen kann, wie die Bühnenbilder entstehen."
Die wichtige Arbeit, die keiner sieht
Jetzt geht es in die Schlosserei, da sprühen die Funken! Hier werden meterhohe Gerüste gebaut. Stefanie Braun ist die Leiterin der Werkstätten, sie freut sich über die Führungen: "Ich bin immer total happy, wenn wir sichtbar werden und wenn die Leute mitkriegen, dass es uns gibt, weil man sieht uns nicht, aber es ist die Kathedrale der Handwerker!" In dieser Kathedrale auf einer Fläche von 6.800 Quadratmetern arbeiten 57 Menschen, darunter sieben Auszubildende. "Man sieht jetzt hier hinten die Stoffe im Boden aufgespannt, das sind die Oberflächen des Raumes von 'Il Trovatore'", erklärt Stefanie Braun, "die werden später auftapeziert. Der Bau ist von den Schlossern, das sind die ersten in der Nahrungskette, dann Tischler, dann der Rest."
Werkstättenkonzept für bestmögliche Arbeitsbedingungen
Stefanie Braun hat diese Hallen, die 2018 eröffnet wurden, wesentlich mitgeplant. Sie koordiniert die verschiedenen Gewerke, denn die Bühnenbilder werden parallel hergestellt, da muss jeder Handgriff sitzen. Trotzdem: Hektik herrscht hier keine, aus einem Radio plätschert Pop. Das ist die Idee hier: keine Flure, sondern kurze Wege, Teamwork, flache Hierarchien. Damit Kunst entsteht. "Bei uns geht es um Schönheit", erläutert Stefanie Braun das Konzept, "natürlich auch um Effizienz. Aber es bringt mir nichts, wenn ich schnell fertig bin, und es sieht schlecht aus. Es muss geil werden, es muss richtig gut werden. Das ist das Ziel. Was wir bauen, das ist praktisch wie ein maßgeschneiderter Anzug, nur nicht als Anzug, sondern es ist ein maßgeschneiderter Raum für den Entwurf des Bühnenbildners."
"Ein Spielplatz für Erwachsene"
Brigitte Deest, die die Führung leitet, und ihre Gruppe lassen die Eindrücke auf sich wirken. Die schwarzen Linien auf dem Boden darf man nicht übertreten - und: nichts anfassen. Der Rest ist Staunen. Hier entstehen brennende Bäume, getunte Spielautomaten oder eine meterhohe Marienfigur für "Carmen". "Ich glaube auch, die Oper ist deswegen noch da, weil alles echt ist," sagt Stefanie Braun, "das ist ein Spielplatz für Erwachsene, und der wird bezahlt". Und schließlich macht sie ein bisschen Werbung: Ein paar Ausbildungsplätze sind noch frei, gerade in der Schlosserei. Ansonsten seien die Plätze heiß begehrt. Oper steckt eben an.
Wenn Sie an einer Führung teilnehmen möchten, finden Sie Informationen dazu auf der Seite der Staatsoper Hamburg. Die Karten kosten acht Euro für eineinhalb Stunden. Die Oper mit den großen Baisers heißt übrigens "Kannst du pfeifen, Johanna" und hat am 24. Februar in der opera stabile Premiere. Sie ist für Kinder ab sechs Jahren.