"Maria Stuarda" in Hamburg: Kaleidoskop von Macht und Verlust
In der Hamburgischen Staatsoper hat das blutige Drama zweier Königinnen Premiere gefeiert: "Maria Stuarda" von Gaetano Donizetti aus dem Jahr 1834. Inszeniert hat die Oper die Intendantin des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, Karin Beier.
Es ist ein Machtpoker um ein Königreich: Maria Stuart sitzt im Kerker, beansprucht die englische Krone für sich. Diese trägt aber ihre Verwandte Elisabeth, eine Protestantin. Maria ist dagegen erzkatholisch. Ihr Leben hängt an einem Faden. Was helfen könnte, wäre Demut, aber da kennt man Maria schlecht. Sie packt verbal aus - ein Shitstorm in Belcanto. Maria beschimpft die amtierende Herrscherin als Hure und Bastard. Klar, von da an ist ihr Schicksal besiegelt: Sie wird sterben.
Gesanglich ist das herausragend: Barno Ismatullaeva als Elisabeth, kraftvoll, ausholend, raumfüllend und Ermonela Jaho als Maria Stuart, zart, charismatisch. Ein Duo der Extraklasse. Regisseurin Karin Beier, sonst Intendantin des Deutschen Schauspielhauses, erzählt die Geschichte als ein Kaleidoskop von Macht und Machtverlust. Bei ihr treten nicht eine Elisabeth und eine Maria Stuart auf, nein, sie sind mehrfach verdoppelt, geklont: die einen mit langem roten Haar, die anderen mit hoch geknüpften Locken. Dadurch wird die Handlung abstrakter und alptraumhafter.
"Maria Stuarda": Aktuell, ohne platt aktualisiert zu sein
Ein Zuschauerin meint im Anschluss: "Es war sehr blutig, auf der anderen Seite sehr anrührend, die Inszenierung war modern, sehr prägend und sehr gut." Die Herrschenden spielen im Stück Rollen: öffentliche, pompöse, ganz zum Schluss private und emotionale. Beiden Königinnen sind Influencerinnen ihrer eigenen Story - da wird das Drama aktuell, ohne platt aktualisiert zu werden. Sie sind mediale Vollprofis, lange bevor es den Ausdruck gab.
Die Bühne ist ein ummauerter Gefängnishof, in der Mitte ein drehbarer Steinwürfel, der immer neue Kammern öffnet. Das Interessante ist hierbei, dass nicht nur Maria Stuart im Kerker sitzt, sondern auch Elisabeth - in einer patriarchalen Welt. Die Männer drängen sie dazu, endlich die Unterschrift unter Marias Todesurteil zu setzen. "Das Bühnendesign war richtig gut umgesetzt", meint ein Zuschauer. "Es ist halt die Mischung von gutem Lichtspiel mit visuellen Effekten im Hintergrund, wodurch die Charaktere richtig gut zur Geltung gekommen sind."
Oper wird zum Seelendrama
Die Inszenierung ist vielschichtig, manchmal etwas statisch und überdeutlich, fühlt aber mit beiden Hauptfiguren. Karin Beier gibt beiden Frauen das gleiche Recht. Auch wenn am Schluss die kahlgeschorene Maria Stuart wirklich alle Register zieht - und alle für sich einnimmt. Wie ein todessüchtiger Popstar. Unter der musikalischen Leitung von Antonino Fogliani wird die Oper zum Seelendrama, das am Ende nur eine tote Gewinnerin kennt, während auf den Videos im Hintergrund Maria Stuart die Haare abrasiert werden. Macht geht über Leichen - eine ewig aktuelle Wahrheit.
"Maria Stuarda" in Hamburg: Kaleidoskop von Macht und Verlust
Die Inszenierung von Karin Beier ist vielschichtig, manchmal etwas statisch und überdeutlich, fühlt aber mit beiden Hauptfiguren mit.
- Art:
- Bühne
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Staatsoper Hamburg
Große Theaterstraße 25
20354 Hamburg
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