Eine Frau mit langen Haaren in Pferdeschwänzen sitzt seitlich im lila Kleid auf der Bühne, dahinter sitzen Streicher eines Orchesters, davor ein Dirigent mit erhobenem Stab, rechts eine Frau, die ebenfalls traurig blickt © Brinkhoff-Mögenburg

Oper "Mitridate, re di ponto": Koloraturfeuerwerk in Hamburg

Stand: 24.02.2025 08:45 Uhr

Die Hamburgische Staatsoper hat erstmals Mozarts Jugendwerk "Mitridate, re di Ponto" aufgeführt - in einer leider statischen Inszenierung. Das Werk über den König eines kleines Reiches im Kampf gegen das übermächtige Rom punktet mit musikalischen Liebesschwüren.

von Daniel Kaiser

"Mitridate, re di Ponto" ist die erste abendfüllende Oper des erst 14-jährigen Komponisten. Immer wieder muss man sich daran erinnern, dass diese Musik über Liebe, Leidenschaft, Macht und Tod das Werk eines Teenagers ist! Wie Wolfgang Amadeus Mozart hier in langen Arien das Gefühlsleben des Königs Mitridate (Robert Murray), seiner Söhne und seiner Verlobten auslotet, ist atemberaubend. Die Oper handelt auch vom Kampf gegen die Untreue in der eigenen Familie.

Porträt von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), gemalt von Barbara Krafft (1764-1825), 1819 © picture-alliance/Leemage Foto: Costa
AUDIO: Am 5. Dezember 1791 starb Wolfgang Amadeus Mozart (15 Min)

Koloratur-Feuerwerk mit Nikola Hillebrand und Olivia Boen

Musikalisch ist der Abend ein Koloratur-Feuerwerk: Nikola Hillebrand als Aspasia, die Verlobte des Königs, und Olivia Boen in einer Hosenrolle als Königssohn Sifare sind herausragend. Ihr Liebesduett, in dem sie sich in ihren Liebesschwüren hochschaukeln, gehört zu den schönen Musikmomenten. Auch die Mezzosopranistin Adriana Bignagni Lesca, die den zweiten Königssohn Farnace verkörpert, bringt dessen Abgründe und Zweifel berührend zum Klingen. Adam Fischer dirigiert den jungen Mozart dynamisch mit Witz und Leidenschaft - er hüpft und lacht. Das Philharmonische Staatsorchester antwortet meistens brav und kontrolliert.

 Operninszenierung ist nicht gelungen

Das Orchester sitzt auf der Bühne. Damit ist auch schon die wichtigste Regieidee in der Inszenierung von Birgit Kajtna-Wönig abgehakt. Die Musiker gehören zum Herrschaftsbereich des Tyrannen Mitridate. Hier und da scheucht der Monarch als müder Gag Fagottisten und Flötisten von der Bühne. Mit dem Orchester im Zentrum ist wenig Platz für anderes.

Die Sängerinnen und Sänger arbeiten sich meist umständlich von hinten an den Bühnenrand vor, stehen dann da, singen und verschwinden wieder. Statisch. Langweilig. Für eine konzertante Aufführung ist der Abend gelungen - als Operninszenierung allerdings weitgehend verschenkt.

Kein erkennbares Regieinteresse an den Figuren

Eine Mann schwingt eine schware Aktentasche, eine Frau droht ihm mit einem Schwert, dahinter spielt ein Orchester auf der Bühne, dazwischen steht ein Dirigent © Brinkhoff-Mögenburg
Pappmaché-Felsbrocken hängen karikaturenhaft an Fäden von der Decke. Seungwoo Simon Yang (l.) singt mit Adriana Bignagni Lesca (r.), es spielt das Philharmonische Staatsorchester Hamburg.

Die Regie hat kein erkennbares Interesse an den Figuren, und vermag es nicht, eine Geschichte zu erzählen, sondern hangelt sich mit kleinen Ideen von Szene zu Szene der opera seria. Die beiden konkurrierenden Königssöhne versuchen sich in einer langatmig und langweilig choreographierten Prügelei. Um Bedrohung zu veranschaulichen, baumeln Pappmaché-Felsbrocken karikaturenhaft an Fäden von der Decke und werden hoch- und runterbewegt. Trickfilme zeigen stilisierte Wellen und ein Schiff.

Der Krieg: eine Nebelmaschine am Bühnenrand. Dass sich der Text des römischen Tribuns Marzio (Seungwoo Simon Yang) in der Übertitelung liest wie im Asterix-Comic mit einem V dort, wo ein U Stehen sollte, gehört noch zu den innovativen, witzigen Momenten. Hin und wieder hält ein Sänger einen Gegenstand hoch, den man in Reihe 17 aber schon nicht mehr erkennen kann.

Regie mit wenig guten Einfällen

Nach der Pause bleiben etliche Plätze im Publikum leer. Die die geblieben sind, applaudieren vor allem den Sängerinnen und Sängern, sowie Adam Fischer und dem Orchester. Am Ende singen sie "Immer nur Krieg - niemals Frieden". Eigentlich ein starker Moment in Zeiten wie diesen. Der Regie fällt aber dazu und zum Drama eines Königs, dessen Reich historisch übrigens auch die Krim-Halbinsel umfasst, nicht viel Relevantes ein.

Hamburg diskutiert gerade die Pläne für ein neues Opernhaus in der Hafencity. Bürgermeister Peter Tschentscher kündigt es als eines 'von Weltrang' an. Für Opernabende wie diese muss man wirklich kein neues Haus bauen.

VIDEO: Euphorie und Protest: Eine neue Oper für Hamburg (6 Min)

Weitere Informationen
Mikrofon im Radiostudio © Tsian - Fotolia
25 Min

Hamburg bekommt eine neue Oper

Die Kühne-Stiftung spendiert der Hansestadt ein neues Opernhaus in der Hafencity. Bürgermeister Tschentscher spricht von einer "großartigen Chance". Dennoch gibt es auch Kritik aus der Kulturszene. 25 Min

Wolfgang Amadeus Mozart © picture-alliance / imagestate/HI Foto: The Print Collector
15 Min

30. September 1791: Mozarts "Zauberflöte" wird uraufgeführt

Die Oper gilt als Meisterwerk. Figuren wie Papageno oder die Königin der Nacht ziehen bis heute die Zuschauer in ihren Bann. 15 Min

Milliardär Klaus-Michael Kühne lächelt mit einem Sektglas in der Hand in die Kamera. © Screenshot
3 Min

Hamburg: Neue Staatsoper in Planung - Ein Denkmal für Kühne?

Die Stadt stellt das Grundstück zur Verfügung und kümmert sich um den Hochwasser-Schutz. Den kompletten Bau übernimmt die Kühne-Stiftung. 3 Min

Familienporträt der Mozarts, um 1780: Maria Anna und Wolfgang Amadeus am Klavier, Vater Leopold mit Violine, an der Wand Porträt der Mutter Anna Maria © picture alliance/akg-images Foto: akg-images / Nimatallah
15 Min

Leopold Mozart: Der Über-Vater

Am 14. November 1719 wird Leopold Mozart geboren. Heute ist er vor allem als Über-Vater für Sohn Wolfgang Amadeus bekannt. 15 Min

Wolfgang Amadeus Mozart auf einer historischen Illustration von 1892 © picture alliance / imageBROKER | Wolfgang Diederich Foto: Wolfgang Diederich
15 Min

Mozarts "Cosi fan tutte": So machen sie's alle

Am 26. Januar 1790 wurde Mozarts Oper "Cosi fan tutte" uraufgeführt. Zunächst wurde sie als leichtfertig gescholten. 15 Min

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 24.02.2025 | 09:10 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Oper

Collage aus verschiedenen Albumcovern. © V2, Capitol, Republic

Alben 2025: Neues von Ringo Starr, Lady Gaga und The Weeknd

Musikalisch ist im neuen Jahr einiges los: Viele neue Alben werden erwartet - und auf den Bühnen im Norden sind tolle Acts zu erleben. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Porträt von Philipp Schmid © NDR Foto: Sinje Hasheider

Philipps Playlist

Philipp Schmid kennt für jede Lebenslage die richtige Musik. Egal ob Pop, Klassik oder Jazz. Träumt Euch zusammen mit ihm aus dem Alltag! mehr

Peter Urban © NDR Foto: Andreas Rehmann

Urban Pop - Musiktalk mit Peter Urban

Spannende Stories, legendäre Konzerte, bewegende Begegnungen: Peter Urban hat viel erlebt und noch mehr zu erzählen. mehr

Mehr Kultur

Eine Frau mit langen Haaren in Pferdeschwänzen sitzt seitlich im lila Kleid auf der Bühne, dahinter sitzen Streicher eines Orchesters, davor ein Dirigent mit erhobenem Stab, rechts eine Frau, die ebenfalls traurig blickt © Brinkhoff-Mögenburg

Oper "Mitridate, re di ponto": Koloraturfeuerwerk in Hamburg

Mozarts erste Oper handelt vom König eines Reiches im Kampf gegen das übermächtige Rom. Die Premiere an der Staatsoper überzeugte nur musikalisch. mehr