Oper "Mitridate, re di ponto": Koloraturfeuerwerk in Hamburg
Die Hamburgische Staatsoper hat erstmals Mozarts Jugendwerk "Mitridate, re di Ponto" aufgeführt - in einer leider statischen Inszenierung. Das Werk über den König eines kleines Reiches im Kampf gegen das übermächtige Rom punktet mit musikalischen Liebesschwüren.
"Mitridate, re di Ponto" ist die erste abendfüllende Oper des erst 14-jährigen Komponisten. Immer wieder muss man sich daran erinnern, dass diese Musik über Liebe, Leidenschaft, Macht und Tod das Werk eines Teenagers ist! Wie Wolfgang Amadeus Mozart hier in langen Arien das Gefühlsleben des Königs Mitridate (Robert Murray), seiner Söhne und seiner Verlobten auslotet, ist atemberaubend. Die Oper handelt auch vom Kampf gegen die Untreue in der eigenen Familie.
Koloratur-Feuerwerk mit Nikola Hillebrand und Olivia Boen
Musikalisch ist der Abend ein Koloratur-Feuerwerk: Nikola Hillebrand als Aspasia, die Verlobte des Königs, und Olivia Boen in einer Hosenrolle als Königssohn Sifare sind herausragend. Ihr Liebesduett, in dem sie sich in ihren Liebesschwüren hochschaukeln, gehört zu den schönen Musikmomenten. Auch die Mezzosopranistin Adriana Bignagni Lesca, die den zweiten Königssohn Farnace verkörpert, bringt dessen Abgründe und Zweifel berührend zum Klingen. Adam Fischer dirigiert den jungen Mozart dynamisch mit Witz und Leidenschaft - er hüpft und lacht. Das Philharmonische Staatsorchester antwortet meistens brav und kontrolliert.
Operninszenierung ist nicht gelungen
Das Orchester sitzt auf der Bühne. Damit ist auch schon die wichtigste Regieidee in der Inszenierung von Birgit Kajtna-Wönig abgehakt. Die Musiker gehören zum Herrschaftsbereich des Tyrannen Mitridate. Hier und da scheucht der Monarch als müder Gag Fagottisten und Flötisten von der Bühne. Mit dem Orchester im Zentrum ist wenig Platz für anderes.
Die Sängerinnen und Sänger arbeiten sich meist umständlich von hinten an den Bühnenrand vor, stehen dann da, singen und verschwinden wieder. Statisch. Langweilig. Für eine konzertante Aufführung ist der Abend gelungen - als Operninszenierung allerdings weitgehend verschenkt.
Kein erkennbares Regieinteresse an den Figuren
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Die Regie hat kein erkennbares Interesse an den Figuren, und vermag es nicht, eine Geschichte zu erzählen, sondern hangelt sich mit kleinen Ideen von Szene zu Szene der opera seria. Die beiden konkurrierenden Königssöhne versuchen sich in einer langatmig und langweilig choreographierten Prügelei. Um Bedrohung zu veranschaulichen, baumeln Pappmaché-Felsbrocken karikaturenhaft an Fäden von der Decke und werden hoch- und runterbewegt. Trickfilme zeigen stilisierte Wellen und ein Schiff.
Der Krieg: eine Nebelmaschine am Bühnenrand. Dass sich der Text des römischen Tribuns Marzio (Seungwoo Simon Yang) in der Übertitelung liest wie im Asterix-Comic mit einem V dort, wo ein U Stehen sollte, gehört noch zu den innovativen, witzigen Momenten. Hin und wieder hält ein Sänger einen Gegenstand hoch, den man in Reihe 17 aber schon nicht mehr erkennen kann.
Regie mit wenig guten Einfällen
Nach der Pause bleiben etliche Plätze im Publikum leer. Die die geblieben sind, applaudieren vor allem den Sängerinnen und Sängern, sowie Adam Fischer und dem Orchester. Am Ende singen sie "Immer nur Krieg - niemals Frieden". Eigentlich ein starker Moment in Zeiten wie diesen. Der Regie fällt aber dazu und zum Drama eines Königs, dessen Reich historisch übrigens auch die Krim-Halbinsel umfasst, nicht viel Relevantes ein.
Hamburg diskutiert gerade die Pläne für ein neues Opernhaus in der Hafencity. Bürgermeister Peter Tschentscher kündigt es als eines 'von Weltrang' an. Für Opernabende wie diese muss man wirklich kein neues Haus bauen.
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