Hamburg Ballett: Erste Premiere für Neumeier-Nachfolger Demis Volpi
Seit August ist Demis Volpi Intendant vom Hamburg Ballett. Sein erster Ballettabend in der Hansestadt umfasst vier Choreografien und spannt einen Bogen über 50 Jahre Tanzgeschichte. Im Interview mit NDR 90,3 spricht er über die anstehende Premiere und seine ersten Wochen in Hamburg.
Heute startet das Hamburg Ballett mit seinem neuen Chef Demis Volpi in die neue Spielzeit. Beim Ballettabend "The Times Are Racing" werden vier Choreografien gezeigt. Die titelgebende Inszenierung von Justin Peck, "Adagio" von Pina Bausch, "Variations for "Two Couples" von Hans van Manen und "The Thing with Feathers" von Volpi selbst. Vorab hat der 38-jährige Volpi, Nachfolger von John Neumeier, sich mit NDR 90,3 unterhalten.
Erster Premierenabend in Hamburg. Wie ist die Stimmung?
Demis Volpi: Eine große Sorge ist die Tournee, die nach der Premiere kommt, weil wir gleich im Anschluss mit zwei Werken von John Neumeier nach Baden-Baden zu Neumeiers Festival eingeladen sind. Da bin ich sehr erleichtert, dass die Proben so gut gelaufen sind, dass wir diese Woche auch sehr viel für sowohl die "Glasmenagerie" als auch für "Endstation Sehnsucht" proben konnten.
Wie haben Sie die Stücke für die Premiere ausgewählt und warum genau diese?
Volpi: Die erste Idee war, außerhalb von Hamburg eine Art 50 Jahre Tanzgeschichte in Deutschland zu zeigen. Dann habe ich schnell gemerkt, dass das nichts wird - weil wir, egal, was wir gezeigt hätten, etwas anderes hätten auslassen müssen. Dann habe ich mich von dieser Idee verabschiedet.
Aber der Gedanke blieb: diesen Blickwinkel auf die Welt durch die Arbeit von Pina Bausch aus derselben Zeit heraus, als damals John Neumeier nach Hamburg gekommen ist. Das fand ich eine schöne Linie. Ich wollte auch unbedingt etwas aus meiner eigenen Arbeit zeigen, um mich dem Publikum vorzustellen und habe mich für "The thing with feathers" entschieden.
Hans van Manen gehört für mich einfach zum Repertoire jeder klassischen Ballettcompagnie. Und zuletzt zeigen wir Justin Pecks Arbeit, weil diese Arbeit sehr stark zum Ausdruck bringt, wie Ballett heute sein kann. Alle vier Stücke haben gemeinsam, dass sie vom Ballett, von einer Tradition heraus, kommen und trotzdem eine eigene Richtung gehen.
Sie haben, bevor Sie hergekommen sind, schon einen Coup gelandet: 2026 kommt die Tanztriennale zum ersten Mal überhaupt nach Hamburg. Das ist etwas ganz Neues. Können Sie schon erzählen, was uns in Hamburg erwartet?
Volpi: Das ist eine riesen Chance, die wir hier haben. Wir wollen zeigen, dass es nicht die eine Welt und die andere im Tanz gibt, sondern dass es alles Kontinente oder Länder derselben Welt sind. Und dass alles zusammengehört.
Sie haben gesagt, 'mein Traum wäre, dass alle Bürger*innen von Hamburg teilhaben können an dem, was wir tun'. Wie wollen Sie die ersten Schritte gehen?
Volpi: Die gehen wir schon. Wir haben zum Beispiel bei der Theaternacht das Ballettzentrum geöffnet und hatten über 600 Besucherinnen und Besucher hier. Da hat nicht nur die Ballettschule ihr Training gezeigt, wir hatten auch eine Kostüm-Ausstellung. Es gab ein neues Format, was wir aus Düsseldorf eingeladen haben. Das war 'Inside-Out', wo es kein Publikum gibt, sondern wo jeder im Publikum auch Teil der Choreografie ist.
Man bekommt über Kopfhörer Anweisungen und wird so zum Teil einer größeren Inszenierung oder Choreografie. Das ist sehr gut angenommen worden. Es gibt auch verschiedene Überlegungen, wie man Formate schafft, damit man mit dem Publikum in Kontakt kommt. Wichtig ist auch, dass wir mit Schulen zusammenarbeiten wollen, um konkret da reinzugehen und den Kindern den Tanz, das Ballett zu zeigen. Da sehe ich eine enorme Chance für den Tanz.
Wo werden Sie bei der Premiere sitzen?
Volpi: Ich werde bestimmt nicht in der ersten Reihe rechts sitzen. Dieser Platz gehört meiner Meinung nach John Neumeier.
Das Gespräch führte Annette Matz.