Demis Volpi übernimmt: Vieles neu beim Hamburg Ballett
Hamburgs zukünftiger Ballettintendant Demis Volpi hat das Programm seiner ersten Spielzeit vorgestellt. Der 38-Jährige tritt im Sommer die Nachfolge von John Neumeier an, der das Hamburg Ballett weltberühmt machte.
Es war richtig was los heute morgen oben in der Stifterlounge: Ballettfreunde, Stiftungsmitglieder und viel, viel Presse. Alle wollten ihn sehen und wissen, ob das gutgehen kann: nach 51 Jahren ein Wechsel an der Spitze vom Hamburg Ballett. Das spürte auch der neue Chef: "Aufregend war es heute - und natürlich die Tage davor in der Vorbereitung. Man will sicherstellen, dass man alles so präsentiert, wie diese wichtigen Stücke das auch verdient haben."
Vertrautes Ballett, aber anders beleuchtet
Sympathisch, zugewandt, lächelnd und wirklich angenehm selbstbewusst präsentierte Demis Volpi sein Programm - und hat sich vermutlich schon einmal alle Herzen der Anwesenden erobert. Seine erste Spielzeit steht unter dem Motto "Prolog". "Wichtig ist, dass wir in dieser ersten Spielzeit zeigen, dass die Ballettsprache, die dem Hamburger Publikum von John Neumeier bekannt ist, anders belichtet werden kann, anders funktionieren kann, anders aussehen kann - aber dass es sich trotzdem vertraut anfühlt, weil es denselben Ursprung hat", sagt Volpi.
Umsichtig bringt er diese Umstellung auf den Weg - mit hochkarätigen Gästen, anderen Tanzperspektiven und eigenen Stücken. Aber auch Ballette seines Vorgängers John Neumeier werden weiter zahlreich im Repertoire sein. Die beliebte Ballettwerkstatt wird es weiter geben und eine besondere - und vertraute - 50. Nijinsky-Gala im nächsten Jahr, moderiert von John Neumeier: "Das ist ein sehr runder Geburtstag", erklärt Volpi. "Da, finde ich, müssen wir die Gala besonders feiern. John Neumeier hat die Nijinsky-Gala ins Leben gerufen. Das ist seine Erfindung und ich finde es großartig, dass er dabei ist."
Spektakulärer Saisonauftakt mit Pina Bausch
Der Start der Saison am 28. September ist spektakulär: Zum ersten Mal wird das Hamburg Ballett ein Stück von Pina Bausch einstudieren - Tanztheaterlegende! "'Adagio' ist ein Stück, das Pina in ihrer zweiten Spielzeit in Wuppertal gemacht hat, also vor 50 Jahren, und das seitdem nicht mehr aufgeführt wurde", sagt Demis Volpi.
Einstudiert wird das Stück von Josephine Ann Endicott, die zur ersten Tänzergeneration des Wuppertaler Tanztheaters gehört und enge Mitarbeiterin Pina Bauschs war. "The Times are racing" - die Zeiten rennen - heißt der vierteilige Abend, der einen Bogen über die letzten 50 Jahre der Tanzgeschichte spannt. Auch Hans van Manen, Minimalist unter den Choreografen, wird dann zu erleben sein. Inzwischen ist er 91 Jahre alt.
Demis Volpis Huldigung an Emily Dickinson
Jünger ist Justin Peck vom New York City Ballet. Der habe schon für Steven Spielbergs "Westside Story" die Choreografie gemacht und zeigt in Hamburg etwas, was Demis Volpi "Turnschuhballett" nennt - getanzt wird in Sneakers. Auch Demis Volpi selbst wird gleich zu Anfang ein Stück zeigen: "The Thing with Feathers". Der Titel ist angelehnt an ein Gedicht der amerikanischen Lyrikerin Emily Dickinson, eine Huldigung an Individualität und den Glauben an fürsorgliche Mitmenschlichkeit: "Das ist ein Werk, was die Hoffnung, die ich versuche zum Ausdruck zu bringen, verkörpern kann", sagt Volpi. "Das empfinde ich so und ich hoffe, dass das Hamburger Publikum das auch so sehen wird."
Auch die Gäste der zweiten Premiere im Dezember zeigen, wie vielfältig Tanzsprache sein kann: der weltberühmte Choreograf William Forsythe und die erfolgreiche kanadische Choreografin Aszure Barton sind dabei. Sie war schon zwei Mal in der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel zu Gast. Mit ihr hat Volpi schon beim Ballett am Rhein zusammengearbeitet, von dem er sich jetzt als Ballettdirektor verabschiedet.