"Hasen": Kulturgeschichte der Langohren von Wilhelm Bode
Schlicht "Hasen" heißt eine Neuerscheinung vom Verlag Matthes & Seitz. Geschrieben hat die Kulturgeschichte der Langohren der Stralsunder Autor Wilhelm Bode. In der Stralsunder Buchhandlung Strandläufer gibt es signierte Exemplare.
Der Hase in seiner Lebenswelt auf Feld und Flur und was der Mensch von ihm denkt; Meister Lampe oder Mümmelmann, Angsthase oder Alter Hase: Das Buch "Hasen", im Matthes & Seitz-Verlag erschienen, war überfällig, denn es gibt einiges zu korrigieren.
Der eierlegende Osterhase
Ein hartnäckiger Irrtum lässt sich gleich ausräumen: Hasen legen nämlich keine Eier, sagt der Autor Wilhelm Bode: "Es ist, wenn wir ehrlich sind, eine kulturgeschichtliche Groteske, dass Hasen, Säugetiere, jetzt Eier legen und diese mühevoll bemalen, dann mühevoll verstecken und das alles zur Freude der Kinder. So recht kann man gar nicht sagen, woher es kommt."
Natürlich hat es etwas zu tun mit der bemerkenswerten Vermehrungsfreude dieser Tiere. Und Ostern ist bekanntlich das Ende der Fastenzeit: "In der Regel hören die Hühner in der Weihnachtszeit auf, Eier zu legen. Früher hatte man alle möglichen Techniken, die Eier haltbar zu machen: in der Lehmkuhle zum Beispiel oder auch als Soleier, aber rechtzeitig vor Ostern fangen die Hühner wieder an, Eier zu legen", erklärt Wilhelm Bode. "Das alles hat dazu geführt, dass das Ei diese Osterbedeutung hat und gleichzeitig laufen die Hasen draußen in grünsprießenden Feldern herum."
"Hasen": Schmale Kulturgeschichte und Heimatkunde
Das Buch, das gerade in der besonderen Buchreihe "Naturkunden" herausgekommen ist, streift den Osterhasen nur am Rande. Es ist eine Kulturgeschichte des Hasen - eine schmale Heimatkunde mit Abbildungen, Gedichten und Geschichten und ein sehr persönliches Buch des Forstwissenschaftlers.
"Ich bekam bereits mit acht oder neun Jahren von meinem Vater eine Büchse geschenkt und habe meinen ersten Hasen damit geschossen", erzählt Bode. "Ich habe eigentlich von Anfang an auch die zweite Seite meines Herzens empfunden, denn ich bekam im Kindergartenalter zwei Kaninchen geschenkt - und in die war ich total verliebt. Deswegen habe ich schon von Anfang an eigentlich immer gesehen, dass der Hase nicht nur ein schwer zu schießendes, lebendes Zielobjekt ist, sondern ich habe mehr und mehr Probleme bekommen, diese liebenswerten eigenkreatürlichen Tiere gewissermaßen im Dezimalsystem auf die Strecke zu legen."
Vom Jäger zum Naturschützer
Wilhelm Bode schießt schon lange keine Hasen mehr. Aus dem wilden Jäger ist ein glühender Naturschützer geworden. Er weiß aber auch deshalb so viel über die klugen Wildtiere: "Ein Feldhase ist ein so genannter Laufjunge. Der Hase wird unmittelbar nach der Geburt von der Mutter alleine gelassen, obwohl er das Junge eines Säugetiers ist, also gesäugt werden muss. Dafür kommt die Mutter nur nachts für zwei Minuten zurück und dann ist sie schon wieder weg. Dadurch schützt die Mutter sein Leben. Denn die Mutter hat einen Geruch und die gesamte Raubtierwelt unserer Landschaft ist auf diesen Geruch geprägt."
Kleine Hasen sind geruchlos, wachsen alleine in Ackerfurchen auf und lernen schließlich durch Neugier und Erfahrung anderer Junghasen, wie sie durchkommen. Von wegen Angsthase. "Die sind sehr mutig", sagt Wilhelm Bode. "Es gibt zahllose Beispiele, die ich auch im Buch beschreibe, wie mutig Hasen sind, um ihre Neugierde zu befriedigen. Das können sie sich auch in gewissen Maßen erlauben, denn sie haben unvergleichliche Fähigkeiten zu flüchten. Deswegen hat im Durchschnitt die Vielzahl der Feinde, die sie haben, kaum eine Chance, sie zu fangen."
Wilhelm Bode: Ausnahmeautor mit tiefer Liebe zur Natur
Von Wilhelm Bode sind in der Reihe "Naturkunden" schon zwei andere Bücher erschienen. Es gibt ein Buch über Hirsche und eins über Tannen. Meike Rötzer vom Verlag sieht in Wilhelm Bode einen Ausnahmeautor: "Er verbindet immer seine persönlichen, konkreten Erfahrungen als Forstwissenschaftler, als Jäger, als Nun-nicht-mehr-Jäger oder als Naturschützer. Sein Schreiben gründet auf profundem Wissen und dazu kommt eine tiefe, weil ebenso kenntnisreiche Liebe zur Natur. Er richtet außerdem den Appell an uns, politisch verantwortlich zu handeln."
Die Parabel von Hase und Igel
Natürlich kommt der vielleicht berühmteste Hase der Kunstgeschichte vor - der von Albrecht Dürer - und endlich erklärt sich dessen zeichnerische Präzision. Und Wilhelm Bode bricht eine Lanze für seinen Helden in dem Märchen vom Buxtehuder Wettlauf zwischen Hase und Igel: "Der Hase in diesem Märchen ist der Ehrliche und der Igel ist der unehrliche Bauer, der auf den Dukaten schielt und der den Hasen auf ganz üble Weise auf seinem Acker zu Tode rennen lässt. Ich fand das schon als Kind ziemlich ungerecht."
Dass das Märchen gar keins ist, sondern eine ironische Parabel und direkt mit der Geburtsstunde der deutschen Demokratie zusammenhängt, das ist eine weitere Erkenntnis der Lektüre. "So ist die Geschichte des Hasen, die ich als meine Lebensgeschichte darstelle, auch meine Geschichte vom Jäger zum Tierschützer", erklärt Bode. "Für mich ist der Hase zeitlebens ein Glückstier gewesen." Das war der Hase wohl auch für Christian Morgenstern, der etliche Gedichte über Hasen geschrieben hat. Auch eins über den Osterhasen.
Hasen
- Seitenzahl:
- 159 Seiten
- Genre:
- Sachbuch
- Zusatzinfo:
- Illustration: Falk Nordmann
- Verlag:
- Matthes & Seitz Berlin
- Veröffentlichungsdatum:
- 2. März 2023
- Bestellnummer:
- 978-3-7518-0224-6
- Preis:
- 22 €