Buch-Cover: Karl Ove Knausgard - Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit © Luchterhand Verlag

"Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit": Roman von Karl Ove Knausgård

Stand: 24.02.2023 06:00 Uhr

Wie schon in "Der Morgenstern", dem ersten Teil von Karl Ove Knausgårds neuem Romanprojekt, geht es auch in "Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit" um Religion, Schuld, Liebe - und vor allem um den Tod.

von Andrea Gerk

Der norwegische Schriftsteller Karl-Ove Knausgård wurde als "literarische Sensation" und "globaler Superstar" gefeiert. In sechs Bänden, die in über 30 Sprachen übersetzt wurden, hat er über sein Leben geschrieben und Millionen Leser waren davon begeistert. Auch Schriftstellerkolleginnen und -kollegen wie Zadie Smith oder Jeffrey Eugenides bekannten öffentlich, süchtig nach seinen Büchern zu sein. Andere schimpften, das sei doch keine Literatur, sondern reine Autobiografie oder schlimmer noch - Nabelschau. Nun hat Knausgård mit einem neuen monumentalen Romanprojekt begonnen, dessen zweiter Teil jetzt auf Deutsch erschienen ist.

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Karl Ove Knausgård behandelt die großen Menschheitsfragen

Es beginnt im Jahr 1986 in Südnorwegen. Der 19-jährige Syvert ist vom Militärdienst zu seiner Mutter und dem kleinen Bruder zurückgekehrt, ins Haus der Familie. Im fernen Tschernobyl ist ein Atomreaktor explodiert:

"Es brannte noch darin, und sie versuchten, das Feuer mit Sand zu löschen, hieß es. Die Hubschrauber warfen eine Ladung nach der anderen über dem Gebäude ab.
Ein Brand, der sich nicht löschen ließ.
War es so nicht in der Hölle?" Leseprobe

Wie schon in "Der Morgenstern", dem ersten Teil von Knausgårds neuem Romanprojekt, geht es auch in "Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit" um die großen Menschheitsfragen: um Religion, Schuld, Liebe - und vor allem um den Tod. Denn Syvert träumt immer wieder von seinem toten Vater, hat den Eindruck, dieser wolle ihm etwas mitteilen und er versucht deshalb, mehr über ihn zu erfahren. In der Garage findet er alte Unterlagen, darunter Liebesbriefe einer russischen Frau, für die der Vater offenbar die Familie verlassen wollte. Es stellt sich heraus, dass Syvert in Russland eine Halbschwester hat: Alevtina ist Biologin und dem Rätsel des Lebens auf der Spur. Sie forscht über Bäume, Pilze und die Kommunikationswege des Waldes. Ihre alte Freundin, die Lyrikerin Vasilisa wiederum, schreibt ein Buch, in dem sie den Überlegungen eines russischen Philosophen - Fjodorow - aus dem 19. Jahrhundert nachgeht, zur Idee des ewigen Lebens:

"Der Gedanke ist, dass die Ewigkeit begonnen hat. Das ist es, was sich verändert hat. Die Zukunft ist verschwunden, und die Ewigkeit hat begonnen. Was du Politik genannt hast, ist folglich zu dem geworden, was du Religion genannt hast, in dem Sinn, dass sie das Unveränderliche verwaltet. Und auf die Unsterblichkeit wartet."
"Die Unsterblichkeit?"
"Ja. Nicht nur die Kirche spricht vom ewigen Leben. Die Wissenschaft tut das auch." Leseprobe

"Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit": Kein blutleerer Ideenroman

Wie bereits in "Der Morgenstern" erzählt Knausgård aus der Perspektive der verschiedenen Figuren und zieht einen durch seine präzisen, wie in Zeitlupe verdehnten Beobachtungen, immer tiefer hinein in deren Gefühlslagen und Beziehungsgefüge. Denn auch wenn es um komplexe Themen geht und sogar ein theoretisches Essay von Vasilisa in die Handlung eingeschoben wird, handelt es sich nicht um einen blutleeren Ideenroman. Knausgård ist ein großartiger Erzähler, dem es immer darum geht, was das Leben ausmacht, auch wenn er die scheinbar banalsten Dinge beschreibt, wie die Zubereitung einer Mahlzeit oder einen Toilettengang. Auf diese Weise leuchten selbst im Nebensächlichen die tiefen Fragen der Existenz auf und Knausgård erzeugt durch diese Parallelführung jene "hypnotische Erzählweise", die schon an seiner autofiktionalen Romanreihe diskutiert und gerühmt wurde.

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Am Ende von "Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit" taucht der Morgenstern auf und mehrere Tage lang sterben keine Menschen mehr. Wie diese unerklärlichen Ereignisse mit dem Leben der Figuren - und mit den Fragen unserer aller Existenz - zusammenhängen, darauf darf man gespannt sein, wenn im kommenden Jahr schon die Fortsetzung dieses Romanprojekts erscheint, das sämtliche Grenzen des Genres so souverän wie virtuos aushebelt.

Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit

von Karl Ove Knausgård
Seitenzahl:
1056 Seiten
Genre:
Roman
Verlag:
Luchterhand
Bestellnummer:
978-3-630-87635-1
Preis:
30 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Neue Bücher | 24.02.2023 | 07:20 Uhr

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