Zwei Preise für Johanna Sebauer beim Bachmann-Wettbewerb
Gleich zwei Auszeichnungen räumte die Hamburgerin Johanna Sebauer beim Bachmann-Wettebwerb ab. Den mit 25.000 Euro dotierten Ingeborg-Bachmann-Preis selbst gewann der gebürtige Bosnier Tijan Sila aus Kaiserslautern.
Die in Hamburg lebende Österreicherin Johanna Sebauer geht als große Siegerin aus dem Klagenfurter Wettlesen hervor. Für ihren urkomischen Text "Gurkerl" wurde sie von der Jury mit dem 3sat-Preis (7.000 Euro) und vom Publikum mit dem Preis der BKS Bank geehrt, dotiert mit 7.000 plus einem mit 6.000 Euro dotierten Stadtschreiberstipendium der Stadt Klagenfurt.
Wenn der Biss in die Essiggurke zum Skandal wird
Ihr Text "Gurkerl" war einer der witzigsten des gesamten Wettbewerbs. Sebauer beschreibt darin ein kleines Malheur in der Teeküche einer Redaktion. Dem Chef spritzt beim Biss in eine Gewürzgurke etwas Essigwasser ins Auge - was in der Folge in einer hochkomischen Satire auf die gesellschaftliche Erregungsdynamik heutiger Tage vom kleinen Missgeschick zum großen Staatsskandel eskaliert.
Johanna Sebauer veröffentlichte bisher Kurzgeschichten und Essays in verschiedenen Anthologien, bevor sie sich an ihren ersten Roman wagte. Dieser erschien 2023 unter dem Titel "Nincshof", und handelt von einem Dorf, das vergessen werden möchte. Im echten Leben arbeitet sie in der Wissenschaftskommunikation.
Hauptpreis für Tijan Sila für seinen Text über die Flucht aus Bosnien
Der Ingeborg-Bachmann-Preis - der mit 25.000 Euro dotierte Hauptpreis - ging an den aus Bosnien stammenden, heute in Deutschland lebenden Tijan Sila. Am Ende des dreitägigen Wettlesens von 14 Autorinnen und Autoren setzte er sich mit seinem tragikomischen Text "Der Tag, an dem meine Mutter verrückt wurde" durch. Er beschreibt darin rasant und phasenweise äußerst heiter das Ankommen seiner Familie in Deutschland nach der Flucht vor dem Krieg in Bosnien, die daraus resultierenden Kriegstraumata und das spätere Verrücktwerden seiner Mutter.
Weiterer Preis für Denis Pfabe
Den mit 12.500 Euro dotierten Deutschlandfunk-Preis erkannte die Jury Denis Pfabe zu, Schriftsteller und Gabelstaplerfahrer in einem Baumarkt. Ein Baumarkt ist auch der Handlungsort seiner Geschichte, die von einem Mann handelt, der dort Berge von Material kauft, um sein unfertiges Haus in Stand zu setzen. Dabei geht es wohl eher um den zum Scheitern verurteilten Versuch, damit sein eigenes Leben zu reparieren.
Tränen beim Wettlesen
Den KELAG-Preis, den die Kärntner-Elektrizitäts-AG stiftet und der mit 10.000 Euro dotiert ist, erhielt die in Wien lebende Slowenin Tamara Štajner für einen Text "Luft nach unten". In einem Brief an ihre sterbende Mutter rechnet sie harsch mit deren liebloser und herrischer Art ab - derart bewegend, dass Štajner selbst während ihrer Lesung von einem Weinkrampf erschüttert wurde.
Hannoveraner Szántó geht leer aus
Überraschend ging der Hannoveraner Poetry-Slammer Henrik Szántó leer aus, dessen Text über die geisterbehafteten Erinnerungen eines Hauses von der Jury hoch gelobt worden war und mit zu dem Besten gehört, was in diesem Jahr in Klagenfurt vorgetragen wurde.
Henrik Szántó hat finnisch-ungarische Wurzeln und lebt als Autor, Spoken Word-Künstler und Literaturvermittler in Hannover. In Schreibwerkstätten schafft er Bühnen für neue und arrivierte Stimmen. Die Kernthemen seiner Arbeit sind Mehrsprachigkeit, Erinnerungsarbeit, Neugier und das Übersehene.
Der renommierte Bachmann-Preis
Insgesamt acht Autorinnen, fünf Autoren und eine nicht binäre Person nahmen an den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt teil und stellten bislang unveröffentlichte Prosatexte vor. Die Texte müssen im Original auf Deutsch verfasst sein. Die Teilnehmenden haben jeweils 25 Minuten Zeit, ihre Texte live zu präsentieren. Wer wann liest, wurde per Los ermittelt. Im vergangenen Jahr gewann Valeria Gordeev mit einem Text über einen Mann mit Putzneurose. Neben dem Hauptpreis werden stets weitere Sonderpreise verliehen.
Seit 1977 finden in Klagenfurt die Tage der deutschsprachigen Literatur statt. Der mit 25.000 Euro dotierte Hauptpreis gilt als einer der wichtigsten Literaturpreise für deutschsprachige Schriftsteller.