Werkstatt für Poesie: Zu Gast beim Schreibsommer in MV
Beim Schreibsommer leben und arbeiten junge Autorinnen und Autoren für eine Woche zusammen in Prillwitz bei Neustrelitz. Gemeinsam feilen sie an ihren Texten und diskutieren bis in den Abend.
Das Pendel der Standuhr schwingt unablässig hin und her. Seit einer knappen halben Stunde diskutieren die sechs Teilnehmenden des Schreibsommers über einen Text, den sie eben gehört haben. Mit am Tisch sitzt Sebastian Vetter. Er schreibt sich Notizen in sein Heft. Denn der Text, der hier gerade besprochen wird, ist sein Drehbuch. "Ich habe eine kleine Produktionsfirma, mit der ich öfter Kurzfilme produziere und auch Kampagnenvideos", erzählt Vetter. Dafür schreibe er Drehbücher und Konzepte. "Da merke ich doch, dass es mir sehr hilft, mich mit anderen auszutauschen. Das ist sehr schön hier, weil man eben eine Woche konzentriert am Schreiben arbeitet, an den eigenen Texten - und an nichts anderes denken muss und dann sehr gut weiterkommt mit den eigenen Konzepten."
Intensive Woche beim "Schreibsommer"
Sebastian ist ausgebildeter Schauspieler. Als er anfing, hat er zuerst Gedichte und Prosatexte geschrieben, wie viele hier. Der Austausch mit anderen Menschen, die auch schreiben, bedeute ihm sehr viel. Ihm gefällt, dass in der Schreibwerkstatt alle auf Augenhöhe sind, erzählt er, und dass niemand sein Werk auf persönlicher Ebene bewertet, sondern nur auf Sachebene. "Ich war vor vier Jahren das erste Mal hier und das war eine sehr intensive Woche. Ich hab gemerkt, dass diese nur fünf Tage meinen ganzen Leseprozess verändert haben und ich ganz anders auf Texte schaue." Er hofft, dass das dann auch sein Schreiben beeinflusst. "Ich bin dieses Mal deutlich entspannter. Letztes Mal war ich sehr nervös und aufgeregt. Alles war so groß und wichtig und neu. Dieses Mal habe ich mich einfach nur darauf gefreut, diese Ruhe zu haben", erzählt er.
Unterstützung von Isabelle Lehn und Bertram Reinecke
Die sechs Teilnehmenden wurden aus zahlreichen Bewerberinnen und Bewerbern ausgewählt und bekommen für die Woche ein Stipendium. Eingeladen wurden sie vom Literaturrat Mecklenburg-Vorpommern, der den Schreibsommer seit 2015 veranstaltet. Die Schriftsteller Isabelle Lehn und Bertram Reinecke unterstützen sie. Auch Kai Yanson genießt es, beim "Schreibsommer" die Ruhe zum Schreiben zu haben. Aufgewachsen in Schwerin, lebt er mittlerweile in Bozen in Südtirol und arbeitet nah an der Materie - in einem Buchhandel.
Offener und respektvoller Umgang miteinander
Die Schreibwerkstatt in Prillwitz sei aufgrund des Heimatbezuges etwas sehr Besonderes für Yanson. Derzeit arbeitet er an einem Essay über Schwerin und genießt den Austausch mit anderen jungen Menschen, die auch einen Bezug zu Mecklenburg-Vorpommern haben. "Gerade weil es ein politischer Text ist und die politischen Entwicklungen in unserem Bundesland mir schon auch Sorgen bereiten, fand ich es gut, es in diesem Rahmen besprechen zu können", erklärt der junge Autor. Er freut sich, dass alle sehr vorbereitet in die Textbesprechungen gehen. Alle hätten sehr unterschiedliche Hintergründe und Erfahrungen, aber sie stiegen offen in die Diskussion ein. "Der, die Autor*in sagt auch erstmal nichts. Wir besprechen das in der Gruppe und das habe ich bisher als sehr respektvollen Austausch empfunden, der daran interessiert ist, dass die Texte einfach besser werden - und das Handwerk auch nochmal geschult wird", erzählt er.
Nicht für die Schublade, sondern für den Austausch schreiben
Gemeinsam mit Freundinnen und Freunden hat Yanson die Lesebühne "Apropos" in Leipzig gegründet. Junge Menschen bekommen hier die Möglichkeit, ihre Texte mit anderen zu diskutieren und vor Publikum vorzutragen. "Ich kann jeder schreibenden Person unbedingt empfehlen, in den Austausch zu gehen. Einfach nur für die Schublade zu schreiben, bringt niemanden was", sagt Yanson. "Es bringt das Schreiben einfach weiter, mit möglichst vielen Menschen, die aus unterschiedlichen Hintergründen kommen, die Texte zu besprechen, weil jede Perspektive den Text bereichert."
In Prillwitz fällt die Sonne durch die Vorhänge auf die alte Standuhr. Das Pendel schwingt weiter. Vielleicht ist es auch das, was die Kreativität der jungen Menschen hier so antreibt: ausreichend Zeit.
Werkstatt für Poesie: Zu Gast beim Schreibsommer in MV
Junge Autorinnen und Autoren kommen für eine Woche in Prillwitz bei Neustrelitz zusammen und feilen gemeinsam an ihren Texten.
- Art:
- Lesung
- Datum:
- Ort:
-
Alte Kachelofenfabrik
Sandberg 3a
17235 Neustrelitz - Preis:
- Eintritt frei