Gemälde von Caspar David Friedrich "Der Morgen" © picture-alliance / akg-images | akg-images
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AUDIO: "Waldendzeit": Caspar David Friedrich und die Bäume (4 Min)

"Waldendzeit": Caspar David Friedrich und die Bäume

Stand: 26.12.2024 12:07 Uhr

Wilhelm Bode ist Waldexperte und hat sich aus dieser Sicht mit den Gemälden von Caspar David Friedrich beschäftigt. Seine Ergebnisse hat er nun im Buch "Waldendzeit" zusammengetragen.

von Juliane Voigt

Eine verschneite Landschaft, der Himmel ist fast schwarz, es gibt eine knorrige Eiche, ringsherum aber nur Baumstümpfe, es müssen imposante Bäume gewesen sein, die hier gerade abgeholzt wurden. Es ist das Gemälde "Winterlandschaft" von Caspar David Friedrich. Sinnbildlich, findet das der Autor Wilhelm Bode. "Da ist etwas drauf dargestellt, was im Grunde genommen die Waldvernichtung im Laufe der Kulturgeschichte darstellt", meint der Forstwissenschaftler und Schriftsteller Wilhelm Bode. "Es handelt sich um einen Buchenkahlschlag. Da drin steht ein gekrümmter alter Mann und schaut in die trostlose Ödnis. Also eine Alliteration, die nicht zufällig ist und das hat mich dazu gebracht, mal ein bisschen nachzuforschen."

Bode hat im Saarland die Landes-Forstverwaltung geleitet. Nach seiner Pensionierung zog er nach Stralsund und berät als Dauerwald-Verfechter in Mecklenburg-Vorpommern Waldbesitzer bei der Umgestaltung der Wälder zu Nutzwäldern ohne Flächen-Abholzungen. Auch die Gemälde von Caspar David Friedrich betrachtet er aus der Perspektive eines Waldschützers und hat jetzt ein Buch darüber geschrieben: "Es war die Zeit, wo die letzten Buchenwälder, durch Kahlschlag umgewandelt wurden. Man wollte Holz erzeugen durch Anpflanzungen. In dieser Zeit sind unsere Wälder entstanden, die heute zusammenbrechen. Die Fichten und Kiefern-Monokulturen und die stehen alle auf ehemals Buchenwald-Standorten. Und genau das malt Friedrich hier zu einem Zeitpunkt, als noch keiner wusste, was aus diesen Wäldern wird?"

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Buch dokumentiert Waldverlust seit 19. Jahrhundert

Viele Gemälde von Caspar David Friedrich sind auch in seinem Buch "Waldendzeit" abgebildet. Aber auch die von Zeitgenossen Friedrichs, die diesen Waldverlust Anfang des 19. Jahrhunderts dokumentieren. Für einen aufmerksamen Naturbeobachter wie Friedrich muss das unübersehbar gewesen sein, findet Bode: "Man darf nicht vergessen, dass er zeitgleich zu der kurzen Periode lebte, die diese Probleme weltweit geschaffen hat. Und zwar von Deutschland ausgehend, nämlich an der damals weltweit ersten gegründeten Forstlichen Universität, der Universität Tahrand bei Dresden. Insofern bin ich mir fast sicher, dass er sich gedanklich mit dem Problem beschäftigte und auch in einer Vielzahl von seinen Bildern indirekt ansprach und auch kritisierte."

Auch den großen Unbekannten, der heute als "Wanderer über dem Nebelmeer" weltbekannt ist, glaubt Wilhelm Bode erkannt zu haben: Jacob von den Brincken. "Ich bin da mal etwas tiefer eingestiegen", erzählt der Forstexperte, "und bin auf einen Jakob von den Brincken gestoßen, der aus Braunschweig stammte und im Dienst Napoleons als Forsttaxator stand. Er machte genau das, was Friedrich in seinen Gemälden kritisch hinterfragte, nämlich die Umwandlung unserer natürlichen Wälder in Fichten-Altersklassenwälder. Wir produzieren also in den Nebel hinein - und das ist die Aussage dieses Bildes."

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Altersklassenwälder - damit sind hektargroße Fichtenanpflanzungen gemeint. Auf vielen Gemälden hat Friedrich diese neue Wald-Form gemalt und dokumentiert und damit die Veränderung der Wälder in Deutschland. Sogar in der späteren Zeit, als er kaum noch ein Einkommen hatte. Das Gemälde "Der Chasseur im Walde" zeigt einen Soldaten auf einem Hohl-Weg in einem Fichtenwald. "Ein Hohlweg entsteht dadurch, dass auf ihm Holz geschleift wird. Der malt sich gewissermaßen in den weichen Untergrund ein und bildet mit der Zeit links und rechts Böschungen aus. Das sind sogenannte Holzwege. Ein Holzweg ist also ein Weg, der nicht zum Ziel führt. Wer also einem Holzweg folgt, verliert sich im Wald. Dieses Bild hat er mindestens fünf oder sechs Mal in ähnlicher Weise gemalt."

Wilhelm Bode vermittelt sein überbordendes Fakten-Wissen auf literarische und unterhaltsame Art und Weise. Dem Friedrich-Jubiläum 2024 ist das Buch "Waldendzeit" unbedingt hinzuzufügen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Der Vormittag | 27.12.2024 | 19:00 Uhr

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