Jo Lendle im Portrait © Heike Bogenberger/autorenfotos.com Foto: Heike Bogenberger/autorenfotos.com
Jo Lendle im Portrait © Heike Bogenberger/autorenfotos.com Foto: Heike Bogenberger/autorenfotos.com
Jo Lendle im Portrait © Heike Bogenberger/autorenfotos.com Foto: Heike Bogenberger/autorenfotos.com
AUDIO: Jo Lendle über die Flugpionierin Amelia Earhart (55 Min)

Jo Lendle über Amelia Earhart: "Wusste nicht, wie toll sie ist"

Stand: 30.08.2024 06:00 Uhr

Jo Lendle erzählt in seinem Roman "Die Himmelsrichtungen" von der US-amerikanischen Flugpionierin Amelia Earhart. Es sei aber keine Biografie, sondern ein Werk der Fiktion, betont er im Gespräch bei NDR Kultur à la carte.

Es ist der 2. Juli 1937. Amelia Earhart fliegt in ihrer Lockheed Electra hoch über dem Ozean. Sie steht kurz davor als erster Mensch am Äquator die Welt zu umrunden. Sie weiß nicht, dass sie von diesem Abenteuer nicht zurückkehren wird. Weder ihr Flugzeug noch Earhart selbst und ihr Begleiter konnten gefunden werden. Eine bis heute ungeklärte Geschichte. Wer ist diese mutige Frau, die von jungen amerikanischen Frauen als Idol gefeiert wurde, als erste Frau den Atlantik im Alleinflug überquerte und sich vehement einsetze für Frauen und das Aufbrechen der Geschlechterrollen? Bei NDR Kultur à la carte spricht Jo Lendle über diese mutige und eigenwillige Frau. Einen Auszug aus dem Gespräch lesen Sie hier.

Weitere Informationen
Buch-Cover: "Die Himmelsrichtungen" von Jo Lendle © Penguin

Literarisches Denkmal für Flugpionierin Amelia Earhart

Behutsam und glaubhaft erzählt Jo Lendle von dieser starken Frau, von ihrem kühnen Mut, ihrem spöttischen und doch zugewandten Humor. mehr

Ihr Roman heißt "Die Himmelsrichtungen", im Titel gibt es aber keine Andeutung, dass es sich um die Geschichte der Pilotin Amelia Earhart handeln könnte. Warum haben Sie sich für diesen Titel entschieden?

Jo Lendle: Es ist ihre Geschichte und ihr Leben, das ist aufregend genug. Es ist am Ende ein Roman. Es sind andere Figuren mit dabei, es ist kein Sachbuch, keine Biografie dieser sehr besonderen Person, sondern es ein Stück Fiktion. Da ist der etwas freiere Aufschlag über den offenen Titel sicherlich richtiger.

Was meinen Sie mit "andere Figuren"?

Lendle: Ich habe mich erstmal mit Amelia Earhart beschäftigt, auf Grundlage einer sehr blassen Kenntnis. Ich wusste, dass es sie gibt, aber ich wusste nicht, wie toll sie ist. Ich habe angefangen zu lesen und zum Beispiel erfahren, dass sie mit einem Verleger verheiratet war, was Spaß macht, wenn man selber Verleger ist . Sie hat tolle Lyrik geschrieben, was niemand wusste. Dann entwickelt man solche Fäden und gibt ihnen eine eigene Freiheit. Dadurch wird es ein Roman.

Es gibt das ein oder andere über Amelia Earhart zu lesen, auch in Romanform. Wie sind Sie an sie herangekommen? Was hat Sie an dieser Frau fasziniert?

Lendle: Ich wusste schon seit einer Weile von ihrer Existenz, aber habe mich nie näher mit ihr beschäftigt. Dann habe ich vor ein paar Jahren angefangen zu graben. Das macht man manchmal, dass man sich plötzlich für irgendetwas interessiert. In der Regel sind das Sackgassen, weil man merkt, das war ein schönes Leben, aber vielleicht ist es nicht wert, das weiterzuverfolgen. Bei ihr kam so viel zusammen. Diese äußeren Geschichten, dass sie wirklich eine mutige Frau war und sehr eigenständig, die in allem, was sie getan hat, immer die Erste war. Sie scherte sich nicht darum, dass andere das noch nicht gemacht haben. Sie dachte: 'eine muss es ja machen'. Ich bin auf vieles gestoßen, wo ich dachte: 'mit der möchte ich jetzt die nächsten Jahre verbringen'.

Wie haben Sie recherchiert? Wo sind Sie auf die Suche gegangen? Was war vielleicht auch der erste Faden, den Sie in der Hand hielten?

Lendle: Es gibt einige ordentliche Biografien, aber am tollsten ist, dass ihr Nachlass sehr gut geordnet ist. Sie hat eng mit der Universität Purdue in den Vereinigten Staaten zusammengearbeitet. Die haben sie in den 1930er-Jahren sozusagen als Frau eingekauft, die uns erklärt, wie die neue Zeit ist. Die wollten auch ihren Studentinnen zeigen, dass man anders über das Leben nachdenken kann, als man es bisher gemacht hat. Dann holte man sie, und sie hat immer nur diesen jungen Frauen Vorträge gehalten und gesagt: 'Heiratet nicht zu früh, sondern lernt etwas und macht das, danach könnt ihr darüber nachdenken zu heiraten.' Das war eine der wichtigen Botschaften. Diese Universität fühlte sich ihr sehr verbunden, hat ihr auch für ihren großen letzten Versuch eines Flugabenteuers, nämlich die Umrundung der Welt, das Flugzeug finanziert. Zum Dank für all das, hat dann ihr Mann nach ihrem Verschwinden - wir wissen nicht, dass sie gestorben ist, wir wissen nur, dass sie verschwunden ist - all ihre Unterlagen dieser Universität gestiftet. Die hat das sehr gut aufgearbeitet. Das heißt, man kann jeden Notizzettel, den sie in ihrem Leben geschrieben hat, dort einsehen. Da verliert man sich.

Waren Sie dort?

Lendle: Nein, ich war nicht dort. Denn es ist alles digitalisiert. Es ist ein Leckerbissen. Man kann mitten in der Nacht arbeiten und findet alles. Kann auch mal nachlesen, die Handschrift und die verschiedenen Entwürfe und Überschreibungen nebeneinander halten. Das ist Ideal.

Man kann mitten in der Nacht arbeiten. Ist das denn Ihre bevorzugte Arbeitszeit?

Lendle: Eigentlich arbeite ich morgens, aber manchmal, wenn es gar nicht anders geht, dann arbeite ich auch nachts.

Wahrscheinlich, weil Sie dann mit dem Verlag viel zu tun haben.

Lendle: Genau, tagsüber ist der Verlag dran, nur der Verlag. Und in den restlichen Zeiten ist dann das Schreiben immer mal wieder dran.

Das Gespräch führte Andrea Schwyzer.

 

Weitere Informationen
Martin Tingvall am Klavier © NDR.de Foto: Claudius Hinzmann

NDR Kultur à la carte

In der Sendung "NDR Kultur à la carte" kommen Menschen zu Wort, die etwas zu sagen haben. Die Gäste stellen sich nicht nur den Fragen, sie bringen auch ihre Lieblingsmusik mit. mehr

Eine Frau mit kurzen Haaren schaut lächelnd nach oben und hat dabei die Augen geschlossen. © picture alliance/dpa/Warner Music | Ebru Yildiz Foto: Ebru Yildiz

Laurie Anderson: Neues Album über Flugpionierin Amelia Earhart

Anderson, bekannt für experimentelle und gesellschaftskritische Performances, veröffentlicht ihr neues Album "Amelia". mehr

Autor Thomas Steinfeld hat graue Haare und lächelt. © picture alliance / dpa-Zentralbild | Arno Burgi Foto: Arno Burgi

Thomas Steinfeld: "Goethe war ein ruheloser Forscher"

Vor 275 Jahren wurde der Dichter in Frankfurt geboren. Der Journalist und Autor Thomas Steinfeld hat eine neue Biografie geschrieben. mehr

Eine Frau mit dunklen langen Haaren hält eine Blockflöte in ihrer Hand. © Dorothee Oberlinger

Dorothee Oberlingers Leidenschaft: Mehr als 100 Blockflöten

Zusammen mit Nils Mönkemeyer hat Dorothee Oberlinger Stücke arrangiert, die für Blockflöte und Bratsche passen. mehr

Autor Volker Kitz im Portrait © Joachim Gern Foto: Joachim Gern

"Alte Eltern": Kitz über Schreiben als Beziehungsarbeit zu Lebzeiten

Der Bestsellerautor Volker Kitz erzählt die Geschichte seines an Demenz erkrankten Vaters und vom Schreiben als Mittel gegen die Hilflosigkeit. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur à la carte | 30.08.2024 | 13:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Romane

Ein Latte Macchiato, eine Brille und eine Kerze liegen auf einem Buch © picture alliance / Zoonar | Oleksandr Latkun

Neue Bücher 2024: Die interessantesten Neuerscheinungen

Unter anderem gibt es Neues von Martina Hefter, Frank Schätzing, Markus Thielemann, Isabel Bogdan oder Lucy Fricke. mehr

Logo vom NDR Kultur Podcast "eat.READ.sleep" © NDR Foto: Sinje Hasheider

eat.READ.sleep. Bücher für dich

Lieblingsbücher, Neuerscheinungen, Bestseller – wir geben Tipps und Orientierung. Außerdem: Interviews mit Büchermenschen, Fun Facts und eine literarische Vorspeise. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Eine Frau mit langen dunklen Haaren, die zu einem Zopf gebunden sind, steht auf der Bühne, hält ein Mikrofon in der Hand und singt. Es ist die US-amerikanische Sängerin Beth Hart. © picture alliance / Ritzau Scanpix | Helle Arensbak Foto: Helle Arensbak

Beth Hart in Hannover nur vor halbvollem Haus

US-amerikanische Blues- und Rocksängerin heizt dem Publikum ein, doch sie spricht auch über bipolare Störungen und Drogensucht. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?