Martina Hefter im Porträt © Andreas Arnold/dpa
Martina Hefter im Porträt © Andreas Arnold/dpa
Martina Hefter im Porträt © Andreas Arnold/dpa
AUDIO: Martina Hefter gewinnt Deutschen Buchpreis 2024 (3 Min)

Martina Hefter gewinnt Deutschen Buchpreis 2024

Stand: 15.10.2024 09:55 Uhr

Martina Hefter ist am Montag für ihr Buch "Hey guten Morgen, wie geht es dir?" mit dem Deutschen Buchpreis 2024 ausgezeichnet worden. In dem Roman lässt sich eine Frau ganz bewusst auf Love-Scammer, also Heiratsschwindler aus dem Internet, ein.

Die Preisverleihung hat am Montagabend zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers stattgefunden. In "Hey guten Morgen, wie geht es Dir?" erzählt Martina Hefter die Geschichte eines Paares, aber vor allem auch die einer starken Frau Anfang 50 namens Juno. Juno hält den Love-Scammern, den Männern, die ihr Liebe vorgaukeln und sie um ihr Geld bringen wollen, den Spiegel vor. Bis sie an Benu aus Nigeria gerät.

In der Begründung der Jury für den Deutschen Buchpreis heißt es: "Es stellt sich die Frage, wer hier wen ausbeutet - und was passiert, wenn wider Erwarten die Grenzen zwischen digitalem Spiel und realer Zuneigung verschwimmen." Der Roman verbinde auf faszinierende Weise zermürbenden Alltag mit mythologischen Figuren und kosmischen Dimensionen, so die Jury weiter. "Er navigiert zwischen Melancholie und Euphorie, reflektiert über Vertrauen und Täuschung."

Die 59-Jährige reagiert regelrecht ungläubig, als sie bei der Preisverleihung im Frankfurter Rathaus Römer als Gewinnerin verkündet wird. Sie sei wirklich überwältigt und freue sich riesig, sagt Martina Hefter. 

"Ein wunderbarer, tänzerischer Roman"

"Martina Hefter hat den Deutschen Buchpreis 2024 völlig zu Recht gewonnen", meint NDR Literaturredakteurin Maren Ahring. "'Hey guten Morgen, wie geht es Dir?' ist klug und eindringlich erzählt, aber vor allem sprachlich federleicht, ohne platt zu sein. Es ist ein wunderbarer, tänzerischer Roman, der in diesem Jahr schon viele Preise gewonnen hat."

Weitere Informationen
Buchcover: Martina Hefter, "Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ © Klett Cotta

"Hey guten Morgen, wie geht es dir?": Ein Roman wie eine Tanzperformance

Dafür gab es den Deutschen Buchpreis: Martina Hefter verarbeitet in ihrem autofiktionalen Buch viel von ihrem eigenen Leben. mehr

NDR Kultur-Interview mit Martina Hefter von der Frankfurter Buchmesse

Heute (15. Oktober), hören Sie ab 18 Uhr bei NDR Kultur in einem "Journal extra" ein Gespräch von Maren Ahring mit der Buchpreisträgerin Martina Hefter.

Hefter wurde 1965 in Pfronten im Allgäu geboren und lebt und arbeitet seit 1997 in Leipzig als Tänzerin, Performancekünstlerin und Schriftstellerin. Für ihr lyrisches Gesamtwerk und mit besonderer Hervorhebung ihres jüngsten Romans "Hey guten Morgen, wie geht es dir?" hatte sie im August bereits den "Großen Preis des Deutschen Literaturfonds" erhalten.

Hefter darf sich über ein Preisgeld von 25.000 Euro freuen. Die übrigen fünf Nominierten der Shortlist erhalten jeweils 2.500 Euro. Diese Autorinnen und Autoren waren auch im Rennen um den Deutschen Buchpreis 2024:

Iris Wolff und "Lichtungen"

"Es war und es war nicht", heißt die Überschrift und damit beginnt der Roman. Iris Wolff erzählt in ihrem Roman "Lichtungen" von einem Heute im Erwachsenenleben aus, systematisch Kapitel für Kapitel Richtung Kindheit. "Lichtungen" ist ein Roman über Liebe und Freundschaft, in dem äußerlich betrachtet wenig geschieht, aber viel in lesenden Köpfen.

Weitere Informationen
Buch-Cover: Iris Wolff - Lichtungen © Klett-Cotta Verlag

Roman "Lichtungen": Iris Wolffs poetischer Widerstandsakt

Mit außergewöhnlichen, starken und zarten Bildern erzählt Iris Wolff von einer Kindheit und Jugend in einer Diktatur. mehr

Clemens Meyer und "Die Projektoren"

Clemens Meyers neuer Roman "Die Projektoren" erzählt auf über 1.000 Seiten von Krieg, Gewalt und Verrohung - von alten und neuen Nazis, von Utopien, Hoffnungen und Fantasien. Alles miteinander verbunden durch das Kino und die Verfilmungen der Romane von Karl May. Wer allerdings "Die Projektoren" in wenigen Sätzen angemessen wiedergeben will, scheitert unweigerlich. Die kühne literarische Konstruktion erlaubt gar nichts anderes. Der moderne Roman, so heißt es im Buch, sei ein Monolith, ein Chaos aus Stimmen. Genau das führt Clemens Meyer vor. Und vermag es, das Chaos erzählend lustvoll zu bändigen.

Weitere Informationen
Buch-Cover: "Die Projektoren" von Clemens Meyer © S. Fischer

Kriege, Kino und Karl May: Clemens Meyers neuer Roman "Die Projektoren"

"Die Projektoren" erzählt von Krieg, Gewalt und Verrohung, von alten und neuen Nazis, von Utopien, Hoffnungen und Fantasien. mehr

Markus Thielemann und "Von Norden rollt ein Donner"

Markus Thielemann ist jung, auf einem Dorf in Norddeutschland groß geworden, lebt in Hannover und hat gerade seinen zweiten Roman geschrieben: Er spielt in der Lüneburger Heide und beschreibt die Landschaft als trügerisches Idyll. Mit seinen 32 Jahren ist Thielemann ein großer Roman gelungen. Der in einer kraftvollen Sprache voller Poesie zugleich modern und spannend erzählt wird. Unbedingt lesenswert, gerade hier im Norden!

Weitere Informationen
Cover: Markus Thielemann, "Von Norden rollt ein Donner“ © C.H. Beck

NDR Buch des Monats Juli: "Von Norden rollt ein Donner" von Markus Thielemann

Dem Autor ist ein großer Roman gelungen, in einer kraftvollen Sprache voller Poesie - mit einer politischen Kraft, die die Geschichte wie nebenher entfaltet. mehr

Ronya Othmann und "Vierundsiebzig"

"Vierundsiebzig" von Ronya Othmann ist Reportage, Essay, Reisebeschreibung - ein 500-seitiges Buch über das Dokumentieren des Völkermords an den Jesiden und der Versuch, eine Sprache dafür zu finden. Auch wenn "Vierundsiebzig" durch etwas mehr Straffung und Formung gewonnen hätte - es ist gut, dass Ronya Othmann mit einer Gründlichkeit, die sich und ihren Lesern keine mildernden Umstände gönnt, das Massakrieren im Namen des Islam dokumentiert. Mit sogenannter "Islamophobie" hat das nichts zu tun. Denn eine Phobie ist ja die krankhafte Furcht vor etwas eigentlich Harmlosen.

Weitere Informationen
Buchcover: Ronya Othmann - Vierundsiebzig © Rowohlt Verlag

Ronya Othmanns "Vierundsiebzig": Massakrieren im Namen des Islam

"Vierundsiebzig" ist ein Buch über das Dokumentieren des Völkermords an den Jesiden und der Versuch, eine Sprache dafür zu finden. mehr

Maren Kames und "Hasenprosa"

"Wenn das alles gewesen ist, ziehe ich aus!", ruft da eine und macht sich in ihren Meilenstiefeln und Reisesocken davon. Auf der Rückbank: ein Hase. Es geht einmal quer durch die Zeit, die Zeitalter und hinaus, ins knalldunkle All. Maren Kames' "Hasenprosa" ist quecksilbrig und herznah. Fein Gesponnenes steht neben präzise gebannter Weltwahrnehmung. Wir hören Glenn Gould und Billie Eilish, sehen Lionel Messi durchs Universum dribbeln und seilen uns mit dem Hasen von Fixsternen ab. Ein Buch wie ein Kindheitssommer, ausschweifend und leuchtend schön.

Weitere Informationen
Martina Hefter: "In die Wälder gehen, Holz für ein Bett klauen" © Kookbooks, daniela.seel@kookbooks.de

Martina Hefter: "In die Wälder gehen, Holz für ein Bett klauen"

Nicht um Wohlfühllyrik handelt es sich bei Martina Hefters Gedichten. Stark und unbequem sind die kritischen Botschaften. mehr

Ein aufgeschlagenes Buch liegt auf einem Baumstumpf. © fotolia Foto: determined

Was macht eigentlich eine Literaturagentin?

Praktisch jede Autorin und jeder Autor arbeitet mit einer Literaturagentur zusammen. Warum - und wie funktioniert das? Ein Beispiel aus Hamburg. mehr

Natascha Freundel © NDR Foto: Christian Spielmann
8 Min

Deutscher Buchpreis 2024: Okkultismus, Seelenheil und Zeitreisen

Jurymitglied Natascha Freundel gibt einen Überblick über die nominierten Romane. 8 Min

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 15.10.2024 | 06:50 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Romane

Ein Latte Macchiato, eine Brille und eine Kerze liegen auf einem Buch © picture alliance / Zoonar | Oleksandr Latkun

Bücher 2024: Das waren die interessantesten Neuerscheinungen

Unter anderem gab es Neues von Martina Hefter, Frank Schätzing, Markus Thielemann, Isabel Bogdan oder Lucy Fricke. mehr

Logo vom NDR Kultur Podcast "eat.READ.sleep" © NDR Foto: Sinje Hasheider

eat.READ.sleep. Bücher für dich

Lieblingsbücher, Neuerscheinungen, Bestseller – wir geben Tipps und Orientierung. Außerdem: Interviews mit Büchermenschen, Fun Facts und eine literarische Vorspeise. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Ein illuminierter Weg im Christmas GArden in Hamburg © picture alliance Foto: ABBfoto

Weihnachtliche Lichterfeste verzaubern den Norden

Nicht nur die Weihnachtsmärkte erstrahlen derzeit im Lichterglanz. Vielerorts im Norden locken auch besondere Lichterfeste. mehr