Was bedeutet das Leben im denkmalgeschützten Raum?

Stand: 29.03.2023 17:40 Uhr

"Gutshausretter" Knut Splett-Henning hat bereits mehrere Gutshäuser in Mecklenburg-Vorpommern gekauft, wieder auf Vordermann gebracht und dann zum Teil wieder verkauft. Im Gespräch spricht er über seine Motivation.

Die Zentrale der Gutshausretter: Das Herrenhaus von Rensow. Zurzeit ohne Gäste. Das Corona-Jahr bringt die Ferienwohnungsvermietung fast zum Erliegen. © NDR/AP Populärfilm/Steffen Schneider
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Herr Splett-Henning, wie haben Sie die Häuser jeweils gefunden?

Knut Splett-Henning: Meistens ist es so, dass ich gerne durch Orte fahre und und manchmal nachforsche, wem die Häuser gehören. Es gab in Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahren sehr viele Gebäude, die am Zusammenfallen waren. Wir sind auch Mitglied des Vereins Arbeitsgemeinschaft Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern, und da haben wir uns auch sehr häufig nicht nur um Gutshäuser, sondern auch um Nebengebäude gekümmert, die auch zu unserem baukulturellen Erbe gehören. Manchmal finden wir die Eigentümer und versuchen, sie zu sensibilisieren. Und manchmal ist es so, dass man sich in ein Objekt verguckt und meint, dass dem Objekt geholfen werden muss. Und dann erwerben wir die.

Und dann geht wahrscheinlich die Recherchearbeit los: Man hat zum einen diese Überreste, und zum anderen muss man gucken, ob es Fotos oder Dokumente gibt, die zeigen, wie es früher ausgesehen hat, oder?

Splett-Henning: Manche der Objekte sind wesentlich älter als die Fotografien - insofern geht es eher um Dokumente. Wir hatten mal ein Gutshaus übernommen, was nicht unter Denkmalschutz war - und da mussten wir auch erst mal ein bisschen nachforschen. Am Ende haben wir, zusammen mit der Landesdenkmalpflege, erwirken können, dass das Objekt unter Denkmalschutz kommt, nachdem wir alles über die Eigentümerfamilie herausgefunden haben, wer es erbaut hat, wann es erbaut wurde. Das ist immer eine sehr spannende Forschungsarbeit. Es ist so, dass wir zwar in diesen Objekten wohnen, aber wir sind nur Passagiere der Zeit. Das bringt auch Spaß und das hat auch so einen ganz besonderen Spirit bei einem solchen Haushalt, dass man nicht die erste Person ist, die dieses Objekt besitzt, und dass man auch nicht die letzte sein wird.

Zum Thema Nachhaltigkeit: Wenn wir mit unserem Konsumverhalten darauf achten würden, Dinge zu erhalten und in einem möglichst besseren Zustand zu übergeben, wie wir sie übernommen haben, dann wäre unsere Welt noch ein bisschen besser.

Dazu gehört auch, dass so ein Haus einen akzeptablen Energieverbrauch hat. So ein Gutshaus ist doch aber wahrscheinlich wahnsinnig teuer zu beheizen. Inwiefern passt das in die Zeit?

Splett-Henning: Es passt sehr in die Zeit - vielleicht müsste die Zeit sich auch manchmal ein bisschen verändern. Neulich wurde ich das auch gefragt, wie wir das mit dem Heizen machen, und da habe ich gesagt: "Das ist eine ganz alte Technologie, die schon längst vergessen ist. Damit kann man sehr gut klarkommen in diesen großen Räumen." "Wie heißt die denn?" "Pullover!" Es ist ein Irrglaube der Menschen, dass man die Räume immer auf 22 Grad heizen muss. Als die Wiener Hofburg gebaut wurde, hat der Kaiser beschlossen, dass die Räume auf 16 Grad beheizbar sein müssen. Das erschien damals illusorisch. Ich glaube, dass man mit diesen Temperaturen leben lernen muss. Wir heizen punktuell nur die Räume, die wir nutzen, und ich denke, dass unser Energieverbrauch sehr gering ist, teilweise mit nachwachsenden Rohstoffen, mit lokal geschlagenem Holz, manchmal sogar aus dem eigenen Garten. Das ist schon recht nachhaltig.

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Denkmalschutz - das klingt positiv, ein Status, den man erreichen will. Es kann aber auch problematisch sein, wenn sich das Amt immer einschaltet, sobald man mal ein Fenster austauschen will. Wie gehen Sie damit um, zum einen alles möglichst im Original zu belassen oder wiederherzustellen, zum anderen es auch praktikabel zu machen?

Splett-Henning: Wir haben bisher meist positive bis sehr gute Erfahrungen mit dem Denkmalschutzamt gehabt. Wir sind der Meinung, dass die Leute im Denkmalamt sehr häufig Menschen sind, die sich auch für Baugeschichte interessieren und die meist auch eine sehr gute Qualifikation haben. Das sind häufig Menschen, die das wirklich als Passion haben - zumindest ist das mein Eindruck -, und die wollen eigentlich auch gar nicht verhindern. Schwieriger sind manchmal, und da will ich auch nicht irgendjemandem auf die Füße treten, Leute vom Bauamt. Aber wenn man möglichst viel von einem Objekt erhalten und das Haus nicht umkrempeln möchte, dann sind die Menschen vom Denkmalamt sehr kooperativ.

Was genau ist Ihre Motivation, so einem Haus zu helfen, in das Sie sich "verguckt" haben?

Splett-Henning: Diese Dinge sind Zeugnis der Schaffenskraft von Menschen in der Vergangenheit gewesen, und ich sehe es als sehr nachhaltig, wie damals gebaut wurde. Bei älteren Denkmälern - ich bevorzuge diese etwas älteren Häuser - sind die Wände häufig aus Lehm,, die Bäume für das Fachwerk sind meist lokal geschlagen worden. Lokale Materialien sind verbaut worden, die Arbeitskraft war lokal - das ist schon irgendwie faszinierend.

Das Interview führte Jan Wiedemann.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 29.03.2023 | 16:30 Uhr

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