Rücktritt von Bischof Bode: "Ein Schritt, der Anerkennung verdient"
Franz-Josef Bode ist der erste Bischof in Deutschland, der im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen gegen die Kirche sein Amt verliert. Im Interview gibt Florian Breitmeier, Leiter der NDR Redaktion Religion und Gesellschaft, seine Einschätzungen zum Rücktritt.
Er war der dienstälteste amtierende Bischof in Deutschland. Nun wird Franz-Josef Bode das Bistum Osnabrück verlassen, nachdem er bislang einen Rücktritt abgelehnt hatte. Er begründete sein Gesuch in einer Stellungnahme unter anderem mit dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. Dabei hatte es auch gegen ihn Vorwürfe von Pflichtverletzungen beim Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt in dem Bistum gegeben. Am Sonnabend hat Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch angenommen.
Dazu ein Gespräch mit Florian Breitmeier, dem Leiter der NDR Redaktion Religion und Gesellschaft.
NDR Kultur: Herr Breitmeier, hat Sie der Rücktritt von Bischof Bode überrascht?
Florian Breitmeier: Ja, er hat mich wirklich überrascht, weil diesem Schritt kein offizielles Rücktrittsgesuch, was in der Öffentlichkeit bekannt geworden wäre, vorangegangen ist. Bischof Bode hat also sein Rücktrittsgesuch beim Papst eingereicht, aber niemanden darüber informiert. Zuletzt hatte er auch immer wieder auf die Kritik hin gesagt, dass er zu seiner Verantwortung stehe, aber auch den Kurs im Bistum Osnabrück, den er maßgeblich geprägt hat, auch was Öffnungen und die Beschlüsse des Synodalen Weges angeht, weiter verfolgen zu wollen.
Wie hat der Bischof seinen Schritt begründet?
Breitmeier: Bischof Bode hat deutlich gemacht, dass er sich die Kritik nach einer Veröffentlichung eines Zwischenberichts der Universität Osnabrück, in dem der Umgang der Bistumsleitung mit Fällen sexualisierter Gewalt in den vergangenen Jahrzehnten untersucht wurde, sehr zu Herzen genommen hat. Er hat heute erklärt, dass er zu sehr die Institution im Blick gehabt habe und zu wenig die Betroffenen. Man habe sich stärker mit den Tätern auseinandergesetzt, haben ihnen gerecht werden wollen, und dabei weniger auf diejenigen geschaut, die von der sexualisierten Gewalt betroffen sind. Das ist ein Grund, weshalb der Bischof gesagt hat, er stehe auch zu diesem Fehlverhalten und möchte hier Verantwortung übernehmen.
Dann begründet er diesen Schritt auch mit seiner Gesundheit. Es war ihm ja schon mal vor ein paar Jahren längere Monate nicht möglich, die Amtsgeschäfte im Bistum Osnabrück zu leiten. Schließlich begründet Bode seinen Rücktritt auch damit, dass viele Beschlüsse, die bei dem Reformprozess des Synodalen Weges auf den Weg gebracht wurden, nun beschlossen sind und in seinem Bistum umgesetzt werden sollen. Für ihn ist dies also ein guter Zeitpunkt, um zu sagen: Wenn, dann trete ich jetzt zurück. Aber es ist ein überraschender Schritt, der auch viele traurig machen wird im Bistum Osnabrück. Denn er ist ein sehr beliebter Bischof.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat in einer Stellungnahme den Rücktrittsgesuch von Bode mit "großem Bedauern und Respekt" zur Kenntnis genommen. Gerne hätte er ihn noch weitere Jahre in der Deutschen Bischofskonferenz an seiner Seite gesehen. Bode habe früh um Entschuldigung gebeten, sein Wille zur Aufarbeitung hätte ihn seit 2010 nicht losgelassen. Das spricht für die Bedeutung von Bischof Bode.
Breitmeier: Er ist der dienstälteste Bischof. Fast 28 Jahre stand er dem Bistum Osnabrück vor. Er war in den vergangenen Jahren stellvertretender Vorsitzender der Bischofskonferenz. Er war im Präsidium des Reformprozesses Synodaler Weg. Er ist ein Bischof, der viel angestoßen hat, auch was eine Öffnung der Kirche und eine Berücksichtigung der heutigen Lebensumstände angeht. Frauen waren ihm immer ein ganz wichtiges Thema: Sie sollten mehr mehr Gestaltungsmacht in der Kirche bekommen, auch mehr Verantwortung im Bistum tragen. Er ist ein Bischof gewesen, der wirklich viel vorangebracht hat. Er stand für einen Reformkurs in der Kirche, auch oft für ein anderes Gesicht von Kirche, wenn man ihn mit den traditionellen, konservativen Oberhirten vergleicht. Er war ein Bischof mit wahnsinnigen Beliebtheitswerten, auch in seinem Bistum. Er war in der Lage zu reflektieren, wie es um seine Gesundheit steht und zu seiner Verantwortung zu stehen, als die Kritik laut wurde.
Es ist ein sehr respektabler Schritt. Er ist der erste Bischof in Deutschland, der im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen und dann im Umgang damit tatsächlich sein Amt verliert. Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße hatte sein Amt dem Papst angeboten, was dieser damals nicht angenommen hat. Kardinal Reinhard Marx in München hat sein Amt auch angeboten, auch begründet mit seinem Umgang mit Missbrauchsfällen. Der Papst hat es ebenfalls abgelehnt. Im Fall von Franz-Josef Bode hat er das Gesuch jetzt überraschend angenommen. Aber das zeigt auch die Konsequenz und den Willen Bodes, Verantwortung zu übernehmen. Es ist ein Schritt, der wie gesagt sicherlich viele im Bistum traurig machen wird. Aber es ist ein Schritt, der auch Anerkennung verdient, bei aller Schwere. Er wird sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben, aber er hat sie nun getroffen.
Wie wird es jetzt weitergehen?
Breitmeier: Im Bistum Osnabrück wird man nun einen sogenannten Diözesanadministrator bestimmen müssen. Das ist ein Bischof, der dann die Amtsgeschäfte führt. Ich denke, es wird auf den Weihbischof Johannes Wübbe hinauslaufen. Das Domkapitel muss in Osnabrück diesen Diözesanadministrator wählen. Dann beginnt eine Zeit der Vakanz. Das heißt, der Bischofsstuhl ist leer, und man wird sicherlich ein Jahr warten müssen, bis in Osnabrück dann ein Nachfolger für Franz-Josef Bode ernannt wird.