Peer Jäger über die legendäre Faust-Inszenierung in Schwerin
Gerade einmal neun Aufführungen des Goethe-Klassikers "Faust" waren 1979 geplant. Doch die Inszenierung am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin wurde zu einer "Entdeckung" und hielt sich zehn Jahre auf der Bühne. Der Ansturm war gigantisch. Das alles miterlebt hat Peer Jäger. Er war einer der Faust-Darsteller - von ihnen gab es nämlich vier auf der Bühne. Mittlerweile kennt man Peer Jäger auch aus dem Fernsehen, aus Spielfilmen und diversen Serien.
Herr Jäger, was war denn an dieser Faust-Inszenierung so legendär? Wieso wurde sie zum Publikumsliebling?
Peer Jäger: Weil Herr Schroth und das Ensemble um ihn herum sich darauf eingelassen haben, Herrn Goethe etwas zu entstauben, ohne ihn zu verletzen.
Was heißt denn entstauben? Was war neu an diesem "Faust"?
Jäger: Man ging ja immer in die Knie vor Ehrfurcht vor dem "Faust", und Herr Schroth hat es geschafft, Bilder zu schaffen, die populär sind, die verständlich sind und die Figuren, gerade die von Faust, nachvollziehbar zu machen.
Ich habe gelesen, dass in dem Stück durchaus politische Anspielungen drin waren. Was waren das für Anspielungen?
Jäger: Die Anspielungen hat Goethe schon reingeschrieben.
Und die wurden wie herausgeschält?
Jäger: Sie wurden einfach benannt, und in dem Kontext zur politischen Situation hat sich der Zuschauer dann das herausgeholt, was er verstanden haben wollte: Sensucht nach der Ferne, Diktatorisches - alles, was im "Goethe" schon drin steht.
Ihr Abend dauerte sechs Stunden - trotzdem kam das Publikum von überall her.
Jäger: Am Anfang dauerte er sogar siebeneinhalb Stunden. Wir haben in dem zweiten Teil noch den ganzen Kaiserhof drin gehabt und ich bin als Faust beim Karneval auf einem Elefanten geritten - wir haben nach einigen Vorstellungen gemerkt, dass das zu lang ist. Wir haben um 17 Uhr nachmittags angefangen und waren um 1.30 Uhr nachts fertig - das war dann doch etwas zu lang. Aber die Kürzung hat dann auch nicht geschadet; die Geschichte wurde noch erzählt. Der Andrang war sehr hoch und das Haus brodelte. Die Leute haben im dritten Rang in den Gängen gestanden und in die Tiefe geschaut - und das sechs Stunden lang. Das war schon ein Theaterereignis.
Dabei war das Theater-Mekka zu dieser Zeit Berlin. Wer verirrte sich denn da alles nach Schwerin?
Jäger: Alle. Es kamen Leute aus der Bundesrepublik, es gab eine Theaterjunggruppe aus Meiningen, ganz tief im Süden. Die sind ganz früh losgefahren, damit sie abends um fünf Uhr diese Vorstellung erleben. Das war eine Pilgerfahrt.
Das Gespräch führte Andrea Schwyzer