"Omas gegen Rechts": "Wir mischen uns ein!"
Die Gruppe "Omas gegen Rechts" besteht vorwiegend aus Rentnerinnen, die ihrem Unmut gegen den zunehmenden Rechtsruck Luft machen wollen. Am Freitag findet der erste Bundeskongress der Bewegung in Erfurt statt. Auch die Bremerin Thea Ohle wird dabei sein.
Im November 2017 machte in Österreich zum ersten Mal eine Gruppe, die sich "Omas gegen Rechts" nannte, auf sich aufmerksam. Gut erkennbar sind sie auf Demos an den charakteristischen Schildern mit dem Aufdruck "Omas gegen Rechts". Inzwischen hat die Bewegung auch in Deutschland Fuß gefasst und an die 30.000 Mitglieder.
Frau Ohle, "Omas gegen Rechts" - wie definiert sich das denn? Ist das durch ein Alter definiert, muss man Enkel haben - oder ist das einfach nur ein Name?
Thea Ohle: Nein, es ist eine Frage von Haltung. "Omas gegen Rechts" haben Haltung. Es gibt Omas, die haben Enkel, Enkelinnen, es gibt Omas ohne, wir haben auch jüngere Omas - und wir haben auch ganz selten Opas. Zum Beispiel Henning Scherf aus Bremen. Der ist ein "Opa gegen Rechts".
Wie ist das mit den Opas; warum sind das so wenige?
Ohle: Da müssen Sie die Opas fragen, da bin ich die falsche Ansprechpartnerin. Die kriegen den Hintern nicht hoch, würde ich sagen.
Der Begriff ist bewusst gewählt, oder? Weil er auch etwas Heimeliges hat.
Ohle: Das würde ich nicht unbedingt sagen. Die Idee und die Gründung stammen 2017 aus Österreich, von Monika Salzer. Die drei Frauen, die sich da verabredet haben, waren alle drei Omas. Es hat auch ein Stück mit dem gesellschaftlichen Bild der Oma zu tun, die still und leise Kuchen backend und irgendwas strickend den Rest ihrer Zeit verbringt. Und das sind wir genau nicht. Wir können auch backen - aber wir sind laut, wir gehen auf die Straße. Und wir mischen uns ein.
Wann war denn Ihre letzte Demo?
Ohle: Ich war zuletzt in Essen auf dem Bundesparteitag. Ich gehöre zu den Omas, die keinen Enkeldienst machen. Von daher habe ich ein größeres Zeitvolumen und habe auch Zeit, nach Wien zum Bundeskongress zu fahren - oder nach Essen, um gegen den Bundesparteitag der AfD auf die Straße zu gehen.
Wie ist der Dialog auf der Straße, wie ist der Kontakt mit den Menschen?
Ohle: Gar nicht. Die versuchen sich möglichst wegzuschleichen, nicht nur vor den Omas, sondern auch vor allen anderen Menschen, die sich gegen rechts gerade machen.
Der Bundeskongress steht vor der Tür - und das vor den Landtagswahlen in Brandenburg, in Sachsen und in Thüringen. Die AfD ist in Umfragen stärkste Kraft. Wie blicken Sie auf diesen Kongress? Was werden da die Themen sein?
Ohle: Ich blicke völlig entspannt auf den Kongress, und ich finde es ganz toll, dass wir den Kongress im Thüringer Landtag abhalten können. Der Wunsch des Herrn Höcke, dort die Macht zu übernehmen - vorher sind erstmal wir da, über 300 Frauen. Wir haben drei Orte in der Stadt, wo wir das tun, was unser Kernauftrag ist: Wir gehen nach draußen, wir gehen auf die Straße. Wir gehen nicht in irgendwelche Hallen und reden da miteinander, sondern wir wollen nach draußen und reden mit den Menschen.
Sie engagieren sich gegen Demokratiefeinde und fürs Wählen. Gibt es aber auch Sollbruchstellen oder Konflikte innerhalb der Gruppierung "Omas gegen Rechts"?
Ohle: Wir sind politische Frauen, und natürlich sind wir politisch nicht immer einer Meinung. Aber wenn es gegen rechts geht, dann sind wir einer Meinung. Wir haben ein Problem mit der Haltung Israels und der der Palästinenser - da sind wir nicht einer Meinung. Das ist aber überall in der Gesellschaft der Fall. Wir sind ja ein sehr friedlicher Haufen Frauen. Ein großes Problem gibt es auch bei den Bergen von Waffenlieferungen, die da stattfinden - da sind wir auch unterschiedlicher Meinung. Ein Teil der Omas stammt ja noch aus der alten Friedensbewegung. Ich selber stamme aus der Frauenbewegung und aus der Anti-Atomkraft-Bewegung. Nein, wir sind nicht immer einer Meinung, aber klar sind wir einer Meinung, wenn es darum geht, dass wir keine Nazis wollen.
Und so definieren Sie auch "rechts", denn da gibt es auch Schattierungen in der Gesellschaft. Manche sagen: Wenn jemand mich "rechts" nennt, dann wähle ich erst recht die AfD.
Ohle: Solange sich jemand einsetzt für Gleichberechtigung, Toleranz, gegen Antisemitismus, gegen Rassismus und Antifeminismus, solange ist alles okay. Wenn nicht, dann sind wir auf dem Plan. Wir sagen nicht, wir sind gegen die AfD und gegen alle anderen nicht. Alles, was eine Haltung hat gegen Demokratie, gegen Meinungsfreiheit, überall da stehen wir auf, überall da gehen wir ins Gespräch. Was wir auch gerne machen, ist: Wir singen gerne umgedichtete Straßenkampflieder.
Nun gibt es Menschen, die sich von der Regierung alleine gelassen fühlen, die gegen Waffenlieferungen an die Ukraine sind und so weiter. Wie machen Sie denen Mut, dass es trotzdem der richtige Weg ist, eine demokratische Partei zu wählen?
Ohle: Im Prinzip ist es ganz simpel: Wir haben eine tolle Zeit, aber Demokratie bedarf des Mitmachens. Das heißt, wir können nur mitbestimmen, wenn wir eine Demokratie haben. Ansonsten steht da oben einer, der sagt, wo es langgeht. Wer das nicht will, der oder die muss aufstehen für Demokratie.
Das Interview führte Mischa Kreiskott.