Kunstverbrechen-Podcast Folge 4: Lebt der wichtigste Zeuge noch?
In einer neuen Ausgabe des Podcasts "Kunstverbrechen - Die Suche nach Bacons Kopf" suchen die Hosts ein 1988 gestohlenes Bild des Malers Lucian Freud. Freud war sein Bild so wichtig, dass er eigenhändig ein Fahndungsplakat entworfen hatte. Und als das in Berlin aushing, gab es einen Hinweis.
6. Dezember 2015: Es deutet alles darauf hin, dass Andrea Rose an diesem Morgen am Ende einer sehr, sehr langen Suche ist: "Wir haben das Bild", heißt es in einer Mail, die sie an diesem Tag öffnet. Andrea Rose ist die ehemalige Kuratorin der Tate Gallery. Auch in ihrem Ruhestand hat sie weiter nach dem Bild gesucht. Als sie diese Mail von einem Anwalt aus Potsdam bekommt, ist sie elektrisiert. Aber: Sie braucht Beweise.
Wichtige Informationen auf der Rückseite des Bildes
N 06040 - unter dieser Nummer ist das Bild von Lucian Freud, das seinen Freund, den Maler Francis Bacon zeigt, in der Tate Gallery inventarisiert. Es gibt Fotos dieses Porträts, das Freud auf einer Kupferplatte gemalt hat. Besonders interessant bei einem solchen Diebstahl und dem Angebot des Rückkaufs durch das Museum sind die Informationen auf der Rückseite des Kunstwerks.
"Deshalb antwortete ich, dass ich ein Foto von der Rückseite des Bildes brauche, nicht nur die Vorderseite. Die Vorderseite war identisch zu der Abbildung im Werkverzeichnis und deshalb wollte ich auch ein Bild vom Rahmen. Der Informant schickte dann kein Bild, aber er sagte, dass auf der Rückseite des Rahmens etwas geschrieben sei, ich weiß nicht mehr genau, was. Aber ich war mir sicher, dass Freud nichts auf den Rahmen geschrieben hatte. Das war der erste Moment, in dem ich anfing, misstrauisch zu werden. Aber ich war auch überzeugt, dass wir dazu weiter ermitteln müssen", erzählt sie.
890.000 Euro für die Rückgabe des Bildes
890.000 Euro soll die Tate zahlen, dann würden Andrea und ihre Kollegen das Bild wiederbekommen. Das ist der Deal, den der Potsdamer Anwalt und sein Klient, im Podcast wird er Udo Schraake genannt, anbieten. Die Expertinnen der Tate schauen sich das Beweisfoto sehr genau an und auch René Allonge und seine Kollegen beim LKA Berlin ermitteln: "Wenn also jemand etwas anbietet und dafür auch einen Geldbetrag fordert, dann ist man sehr schnell auch in anderen Tatbeständen drin. Das heißt, es gab damals Ermittlungen wegen Betruges und Erpressung", so Allonge.
Suche nach dem Verdächtigen auf Rügen
Derjenige, der dieses Bild im Jahr 1988 gestohlen haben soll, lebt inzwischen auf der Insel Rügen. Dort versucht Podcast-Host Torben, ihn zu finden. Der Galerist, mit dem Torben spricht, auf der Insel Rügen wirkt auf den ersten Blick wenig auskunftsfreudig, wenn es um den Verdächtigen in diesem Kunstdiebstahl geht. Aber Torben bekommt einen Hinweis und eine Warnung.
"Die genaue Adresse wird er nicht sagen, weil er befürchtet, dass der betreffende Mensch ihm dann auflauern wird. Er hat mir auch relativ eindeutig gesagt, dass wenn dieser Mensch die Tür überhaupt aufmacht, er nicht auf die Fragen eingehen, sondern eher handgreiflich werden wird", berichtet Torben. Und doch: Torben klingelt. "Ich gehe also vorsichtig das Treppenhaus hoch und in der Tür der Wohnung, an der ich geklingelt habe, wartet ein hagerer Mann mit rabenschwarzen, halblangen Haaren. Er ist leicht nach vorne gebeugt und er hat einen stechenden Blick. Heinrich Faust."
"Was mich direkt nervös macht: Er schließt sofort hinter mir die Tür ab. Dann erzählt er über seine Zeit in Ost-Berlin, über seine Verbindung zum Tatort, die Neue Nationalgalerie, über den Überfall auf ihn in einer Kapelle auf der Insel Rügen", erzählt Torben.
Hat der einzige Zeuge doch kein Suizid begangen?
Aber Torben verzweifelt bei diesem Treffen: "Ich habe keine wirkliche Kontrolle über den Verlauf des Gesprächs. Denn Heinrich Faust springt gefühlt ständig zwischen seiner künstlerischen Welt und, ich sag mal, klaren Momenten. Zuerst zeigt er mir manisch seine Kunstwerke, die überall in der Wohnung verteilt sind."
Neben dem Verdächtigen auf Rügen verfolgen Lenore und Torben aber auch die Spur des Zeugen Udo Schraake. Sie recherchieren: Er habe schon vor einigen Jahren in der Türkei Suizid begangen. Doch dann bekommt Lenore eine Mail vom Kunstkommissar René Allonge: "Hallo liebe Lenore, ich habe nochmal eine Abfrage bei uns im System gemacht, und anscheinend wurde vor wenigen Wochen versucht, ein Konto zu eröffnen - und zwar mit dem Personalausweis von Udo Schraake", heißt es in dieser Mail. Lebt also der wichtigste Zeuge in diesem Fall doch noch?
Die vierte Folge des NDR Kultur Podcasts "Kunstverbrechen - Die Suche nach Bacons Kopf" ist ab heute in der ARD Audiothek verfügbar oder überall, wo es Podcasts gibt.