Vergessener Nazi-Bunker erstmals zu besichtigen
Dies soll der Bunker sein? Auf den ersten Blick sieht der Betonbau auf dem Hinterhof der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg eher wie ein überdachter Fahrradständer aus. Mit massiven Mauern und begrüntem Dach. Tatsächlich ist er aber einer der historisch bedeutendsten Bauten aus der NS-Zeit in Hamburg. Hier suchten die Nazi-Größen bei Luftangriffen Schutz, allen voran Reichsstatthalter und Gauleiter Karl Kaufmann (1900-1969). Er ließ sich 1939/40 den Bunker bauen, nur wenige Schritte von der Villa mit Alsterblick entfernt, die er als "Reichstatthalterei" nutzte.
Nachbarn wollten den Bunker abreißen
Nach dem Krieg war der Bunker im vornehmen Stadtteil Pöseldorf lange Zeit vergessen. Mal dienten die unterirdischen Räume einer Maler-Firma als Unterschlupf, dann lagerte die benachbarte Hochschule ihre Requisiten ein. Vor einigen Jahren dann wollten wohlhabende Nachbarn den - aus ihrer Sicht - hässlichen Klotz auf eigene Kosten abreißen lassen. Die hierfür notwendige Summe von mindestens einer Million Euro konnten sie sich letzten Endes sparen. Denn die Stadt stellte den Bunker im Frühjahr 2010 unter Denkmalschutz. In Kürze starten die ersten öffentlichen Führungen durch den "Kaufmann-Bunker". "Ende August oder spätestens Anfang September wird es die ersten Termine geben", verrät Ronald Rossig vom Verein "unter hamburg" im Gespräch mit NDR.de. Der Bunker-Experte wird die Führungen leiten. Seit Jahren befasst er sich mit der Geschichte der "verbunkerten Befehlsstelle".
Kein Platz für die Nachbarn
Noch fehlt an einigen Stellen das Licht. Aber die wichtigsten Räume sind schon jetzt gut zu erkennen. Die Inneneinrichtung ist im Laufe der Zeit verschwunden, aber viele technische Geräte sind gut erhalten. "Der Bunker war extrem komfortabel ausgestattet", erzählt Rossig bei einem Rundgang. "Es gab fließend Wasser und sogar eine Heizung." In den Luftschutzbunkern für die Hamburger Bevölkerung sei das nicht Standard gewesen. Aber bei diesem Bunker handelt es sich auch nicht um einen gewöhnlichen Bunker. Hier kamen die wichtigsten Nazi-Größen zusammen, wenn Luftalarm war. Viel Platz war nicht: Es dürften sich wohl nicht viel mehr als zwanzig Personen zur selben Zeit in dem Bunker aufgehalten haben. Neben den Funktionären waren dies vor allem Telefonisten und Melder, die den Kontakt zur Außenwelt hielten. Für Nachbarn aus dem Viertel war die Anlage nicht gedacht. Wie oft der Bunker bei den Luftangriffen in den 1940er-Jahren genutzt wurde, ist unklar. Dokumente hierzu gibt es nicht. "Der Bunker war Geheimsache, da er einen militärischen Nutzen hatte", sagt Rossig.
- Teil 1: Nachbarn wollten den Bunker abreißen
- Teil 2: Kaum größer als ein Tennisplatz