Der hundertjährige Traum vom Alster-Tunnel
"Die Stadt wäre heute wahnsinnig stolz"
Seinen Traum vom Alster-Tunnel konnte Roesing am Ende nicht verwirklichen. Obwohl er beteuerte, dass sein Tunnel deutlich günstiger als eine Alsterbrücke wäre. Zudem könnten die Kosten über ein Wegegeld am Tunnel-Eingang wieder reingeholt werden. Aber die Zeit war noch nicht reif für solch ein ehrgeiziges Projekt. "Am Ende ist das Ganze wohl irgendwie im Sande verlaufen", meint Bardua. Der Verkehr der Zeit sei ja auch nicht so stark gewesen, dass ein Tunnel dringend erforderlich gewesen wäre. Es wäre eher ein "Freizeit-Tunnel" gewesen, eine Sehenswürdigkeit. "Und die Stadt wäre heute, 150 Jahre später, sicher wahnsinnig stolz auf den Alstertunnel", sagt Bardua.
Holzbrücke statt Tunnel
Die erste feste Verbindung zwischen Harvestehude und Uhlenhorst ist dann eine Brücke. Ganz im Norden der Außenalster wird 1892 die Krugkoppelbrücke gebaut - genau 30 Jahre, nachdem Roesing seine Pläne für den Alster-Tunnel vorgestellt hat. Die Brücke ist zunächst eine Holzkonstruktion. Die heutige Krugkoppelbrücke mit den für Hamburg so typischen roten Klinkern stammt aus dem Jahr 1928, entworfen wurde sie von dem legendären Oberbaudirektor Fritz Schumacher (1869-1947) und dem Ingenieur Gustav Leo.
Tunnel für neue U-Bahn-Linie?
Im 20. Jahrhundert lebt die Idee eines Alster-Tunnels immer wieder auf. Nun ist es die Hochbahn, die sich dem Vorhaben widmet. Im "Generalsiedlungsplan" für Großhamburg vom Dezember 1923 ist eine neue Linie vorgesehen: der Alsterhalbring. Sie soll als "kombinierte Hoch- und Untergrundbahn" den Osten mit dem Westen verbinden. Auch ein Alster-Tunnel ist geplant - genau der Stelle, an der Roesing im 19. Jahrhundert sein unterirdisches Bauwerk errichten wollte. Doch die neue U-Bahn-Strecke wird nicht verwirklicht.
Geldnot beendet Tunnel-Fantasien
Nach dem Zweiten Weltkrieg greifen die Stadtplaner auf die alten Pläne zurück. 1950 taucht der Alsterhalbring erneut in den Zukunftsvisionen auf. Wieder gilt eine Streckenführung durch die Alster als die beste Lösung. Bis in die 1970er-Jahre hinein hält die Hochbahn an der Idee fest. Priorität hat jedoch zunächst die Anbindung von Lurup mit dem Osdorfer Born durch eine Linie U 5. Nach Realisierung dieser Strecke sollte dann der Alsterhalbring gebaut werden. Wegen akuter Finanzprobleme Ende der 1970er-Jahre und in den frühen 1980er-Jahren setzt die Hochbahn letztlich keines der beiden Projekten um. Und so wird es wohl für immer dabei bleiben, dass die Hamburger ihre Alster nur auf oder über dem Wasser queren können.
- Teil 1: Für Kutschen und Fußgänger gleichermaßen
- Teil 2: Einen Alstertunnel für die U-Bahn?