Fehmarn: Karl-Wilhelm Klahn, der Geschichten-Erzähler
Bilder von früher im Vergleich mit Fotos von heute - möglichst aufgenommen von derselben Position: Das ist das zentrale Element der Serie "Schleswig-Holstein früher und heute". So wollen wir den Wandel der Städte im nördlichsten Bundesland dokumentieren. Ein interaktiver Foto-Vergleich macht das besonders deutlich.
von Hauke Bülow
Schon als Kind mit acht Jahren ist Karl-Wilhelm Klahn mit seiner Fotokamera über die Ostseeinsel Fehmarn gezogen - immer auf der Suche nach spannenden Motiven. Heute, mit fast 90 Jahren, ist das private Fotoarchiv des gebürtigen Fehmaraners prall gefüllt. Jedes seiner Bilder erzählt eine Geschichte. Einige davon hat Karl-Wilhelm Klahn uns verraten.
Die Warteschlange 1963 vor der Autofähre nach Rødby. Heute ist es bebauter.
Die Geschichte Fehmarns aufbewahrt in Pappboxen
In kleinen Pappboxen, fein säuberlich beschriftet, liegen sie - die Erinnerungen an ein spannendes Leben auf Fehmarn. Karl-Wilhelm Klahn kommt kaum dazu, Luft zu holen, als er ein Foto nach dem nächsten aus den Schachteln holt. Er hat so viel zu berichten. Mit Zahlen und Daten kann er nur so um sich werfen. Kein Wunder: Jahrzehnte lang arbeitete der 89-Jährige als ehrenamtlicher Stadtarchivar im kleinen Türmchen des Burger Rathauses, wo das Stadtarchiv seinen Sitz hat. Schon als 17-Jähriger half er seinem Lehrer Georg Laage im Archiv. "Von ihm habe ich auch immer gute Zeugnisse bekommen", lacht Karl-Wilhelm Klahn.
Der Marktplatz in Burg Anfang des 20. Jahrhunderts - heute herrscht hier geschäftiges Treiben.
Ausbildung während des Zweiten Weltkriegs
Sein berufliches Leben hat Karl-Wilhelm Klahn auf dem Bahnhof verbracht, als Fahrdienstleiter bei der Eisenbahn. An die Jahre 1944 und 1945 erinnert er sich noch gut. Der Fehmaraner war noch Lehrling, als jeden Tag Züge voller Kriegs-Verwundeter im Bahnhof Burg eintrafen. "Im März 1945 waren die Lazarette alle voll und unsere Schulen in Burg wurden zu Militärkrankenhäusern umfunktioniert. Die Verwundeten kamen in einfachen Güterwagen an und wurden dann zum Teil mit Pferd und Wagen ins Krankenhaus und die Schulen gebracht." Eine turbulente Zeit, erinnert sich Karl-Wilhelm Klahn.
Fast unverändert steht das 1901 neu gebaute Burger Rathaus heute noch am Markt.
Die Kamera immer dabei
Mit den Jahren wuchs bei Karl-Wilhelm Klahn nicht nur das Interesse an der Geschichte der Insel Fehmarn, sondern auch an der Fotografie. Wenn auf der Insel etwas los war, dann war er immer mit dabei - die Kamera im Anschlag. Und so finden sich im privaten Archiv unter anderem Fotos von der Eröffnung des Fährhafens Puttgarden im Mai 1963. Karl-Wilhelm Klahn war vor Ort, als der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke mit seiner Entourage durch die Terminalbrücke schritt.
Der Bahnhofsvorplatz von Puttgarden am Tag der Vogelfluglinien-Eröffnung am 14. Mai 1963 - und heute.
Geschichten über Geschichten
"Das sind Aufnahmen, die kaum einer hat", freut sich der vierfache Vater über seine Fotos. Recht dürfte er haben. Auch den Bau der Fehmarnsundbrücke Anfang der 1960er-Jahre verfolgte der Hobbyfotograf. "Hier wird das letzte Stück geschlossen, was meinen Sie, was das für ein Fest hier auf Fehmarn war", erzählt er. Bei einem anderen Foto fängt Karl-Wilhelm Klahn an zu grinsen. "Mit diesem Schiff hier sind die Brückenarbeiter zu den Betonpfeilern gefahren worden - die brachten auch immer allerhand Alkohol mit“.
Der Brückenbau kommt gut voran. Nach nur drei Jahren Bauzeit wird die Fehmarnsundbrücke 1963 eröffnet. 56 Jahre später haben sich vor allem die Autos, die über die Brücke fahren, verändert.
"Ich lebe nur in Erinnerungen"
Das private Archiv von Karl-Wilhelm Klahn, es platzt aus allen Nähten. Sein Arbeitszimmer ist bis unter die Decke voll mit alten Aufnahmen. "Ich muss 200 Jahre alt werden, wenn ich die noch alle bearbeiten will", lacht der 89-Jährige. Auch im Keller seines Hauses hat er noch viele Schätze verstaut. Karl-Wilhelm Klahns Frau Traude lässt ihm sein Hobby und hat ihn immer unterstützt. "Mein Mann hat sich immer für die Geschichte Fehmarns eingesetzt, er ist Fehmaraner durch und durch, er liebt die Insel sehr", erzählt Traude Klahn. Aber auch sie ist offensichtlich nie zu kurz gekommen - seit 64 Jahren sind die beiden inzwischen glücklich verheiratet.