Als der "Käseschieber" noch über Sylt zuckelte
Rund 30 Millionen Menschen hat die Sylter Inselbahn teils im Schritttempo durch die Dünen gefahren. Im Dezember 1970 war Schluss mit der als "Käseschieber" und "Rasende Emma" bekannten Bahn.
Einfach während der Fahrt die Hand raushalten und Blumen pflücken, wäre mit dem sogenannten "Käseschieber" auf der Nordseeinsel kein Problem gewesen. Wenn es nicht verboten gewesen wäre. Oft zuckelte die Bahn nur mit Schritttempo. Fast 83 Jahre gehörte die Inselbahn zu Sylt wie Wind, Wellen und Strand. Am 29. Dezember 1970 tuckerte die Kultbahn, im Volksmund" auch "Rasende Emma" oder "Feuriger Elias" genannt, aber das letzte Mal über die nordfriesische Insel. 45 Minuten brauchte die Bahn auf ihren einen Meter breiten Gleisen von der Nordspitze List bis zur Südspitze der Insel bei Hörnum - bei einer Geschwindigkeit von maximal 40 Kilometern pro Stunde.
Eisenbahn als Motor des touristischen Aufschwungs
Am 8. Juli 1888 war die 4,2 Kilometer lange Strecke eröffnet worden. Bis dahin waren Pferdewagen die einzigen Fortbewegungsmittel auf der Nordseeinsel. Die ersten Dampfloks sollten die Kurgäste nach ihrer Ankunft mit dem Schiff zu ihren Unterkünften bringen. Die Bahn wurde zum Motor für den touristischen Aufschwung, wurde aber auch zunehmend von den Insulanern genutzt.
Vom Dampf zum Diesel
Auch wenn der Fahrkomfort eher zu wünschen übrig ließ: Es ruckelte und holperte, anfangs gab es keine Heizung in den Wagen, die Bänke waren aus Holz. Die Sylter Inselbahn war ein Privatbetrieb, die Waggons und Triebwagen ein Mix von ausrangierten Kleinbahnen aus Rendsburg oder Eckernförde. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs lösten Diesellokomotiven und umgerüstete Lkw-Zugmaschinen den Betrieb mit Dampfloks ab.
Ende der Bahnromantik
Anfang der 1970er-Jahre machten die mit dem Shuttle-Zug auf die Insel kommenden Autos der Bahn zunehmend Konkurrenz. Investitionen von 15 Millionen Euro in die Gleisanlagen, Schienen und den Fuhrpark wären nötig gewesen. Die war man nicht bereit aufzubringen. Das war das Aus, die Bahn verschwand. Von da an fuhren die Sylter mit Bussen über ihre Insel. Am 29. Dezember 1970 brach die Inselbahn zu ihrer Abschiedsfahrt auf. Was geblieben ist, sind Erinnerungen, Anekdoten und einzelne Relikte, wie das Denkmal vor dem Bahnhof Westerland und ein Hauch von Eisenbahnromantik.