Moderner Kartoffelvollernter im Einsatz aus nächster Nähe aufgenommen. © picture alliance / Countrypixel | FRP

Grimme: Vom Kartoffelkorb zur Hightech-Erntemaschine

Stand: 15.10.2022 05:00 Uhr

Mit einem Korb fing der Aufstieg des Kartoffeltechnik-Herstellers Grimme in den 30er-Jahren an. Mittlerweile ist das Unternehmen aus dem niedersächsischen Damme Weltmarktführer.

Ein Korb, der Kartoffeln auffängt, nachdem eine Maschine sie aus der Erde geholt hat: Diese Erfindung aus den 30er-Jahren ist der Ursprung des Erfolges der Grimme Gruppe. Franz Grimme Senior hatte damals die Idee. Denn schon als kleiner Junge musste er bei der Kartoffelernte helfen, wie die meisten Kinder in seiner Heimat nahe Osnabrück.

Damals heißen die Herbstferien noch Kartoffelferien. Die Arbeit ist anstrengend, der Rücken schmerzt. Die ungeliebte Kartoffelernte fordert Grimmes Kreativität heraus: Die Wandlung von Familie Grimmes kleiner Schmiede zum weltweit führenden Kartoffeltechnik-Hersteller beginnt.

Franz Grimme - Vom Schmied zum Tüftler

Seit 1861 betreiben die Grimmes die Schmiede im niedersächsischen Damme. Sie halten Vieh, bestellen Äcker und betreiben einen Laden für "Pötte und Pannen". Das Patent für seinen Kartoffelkorb verkauft der Senior damals trotz eines Angebots nicht und tüftelt weiter. 1936 entwickelt er eine Maschine, von Pferden gezogen, die den Erntehelfern das Bücken abnimmt. "Da sagte unser Vater: 'Kommt mal mit zum Acker.' Dort haben sie die dann vorgeführt. Da standen jede Menge Leute drumherum", erinnert sich der ehemalige Grimme-Mitarbeiter Willy Enneking in der Fernseh-Dokumentation "Mit Kartoffeln zum Weltmarktführer - Die Landmaschinen von Grimme".

Die erste vollautomatische Erntemaschine ist ein Renner

Eine Kartoffelvollerntemaschine aus circa 1965 mit Franz Grimme Senior auf dem Schlepper.
Franz Grimme fährt Mitte der 60er-Jahre eine von ihm entwickelte Vollerntemaschine für Kartoffeln.

Während des Zweiten Weltkrieges soll Grimme helfen, die landwirtschaftliche Produktion zu sichern - er wird nicht eingezogen. Seine Erfindungen laufen immer besser. Für die Schmiede arbeiten auch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, wie auf vielen Höfen der Gemeinde. In den 50er-Jahren dann die Sensation: Grimme entwickelt eine vollautomatische Erntemaschine. Enneking hat den "Grimme-Universal" damals zusammengeschraubt und ausgeliefert. Zweimal am Tag ist er zu Bauern gefahren, um die Maschine vorzustellen. Die Belegschaft kam mit der Produktion kaum nach: "Wir haben die Maschine sofort beim Bauern gelassen. Das war irre, wenn man so etwas erzählt. Das glauben die Leute gar nicht."

In den 80ern übernimmt der Junior

Die Firma wächst. Grimme sucht händeringend Fachleute. Er spricht sogar Männer auf der Straße an und bietet ihnen einen Job. Als die nahegelegene Erzgrube schließt, finden viele ehemalige Bergarbeiter bei ihm eine Zukunft. Und die 60er bringen Erfolg. Grimme wird Marktführer in Deutschland, exportiert und entwickelt den ersten selbstfahrenden Kartoffelroder. Kurz darauf tritt Franz Grimme Junior ins Unternehmen ein: "Eines Tages kam mein Vater und sagte, komm mal mit ins Büro. Und dann sagte er, ganz großzügig in seiner Art, er hat sich das überlegt. Er würde mich jetzt mit einem Prozent an der Firma beteiligen." 1980 wird Grimme Junior Geschäftsführer. Einmal, kurz darauf, herrscht Auftragsflaute. Er muss zwei Dutzend Leute entlassen. "Ich würde mich mit Zähnen und Klauen dagegen wehren, das noch mal zu machen", sagt er rückblickend in der Fernseh-Doku.

Maschinen ackern auf Feldern in mehr als 110 Ländern

Der Dammer Landwirt Hans-Gerd Herzog hat groß gefeiert, als er 2003 seine neue Maschine von Grimme in Empfang nahm. "Wenn es diese Technik nicht gegeben hätte - wir die Kartoffeln noch mit der Hand suchen müssten - dann hätten wir heute nicht so viele Kartoffeln", erinnert auch er sich in der Fernseh-Dokumentation. Die roten Maschinen aus Niedersachsen fahren mittlerweile in rund 120 Ländern über die Felder. Mehr als 2.800 Menschen arbeiten für die Grimme Gruppe, davon allein 1.850 am Stammsitz in Damme und in Rieste. Rund 550 Millionen Euro Umsatz haben die Erntemaschinen 2021 eingefahren.

Einzelteile verschrauben, verkabeln, Hydraulik verlegen: Jedes Mechaniker-Team an einer der zehn Stationen am Laufband hat seine speziellen Aufgaben. 100 Minuten haben die Kollegen Zeit, ihren Job zu machen, dann rollt die Maschine weiter. Etwa zwei Dutzend verlassen das Gelände am Tag Richtung Landwirte - den Wünschen der Kunden genau angepasst. Dass das so bleibt, dafür sorgen zukünftig die vierte und fünfte Generation der Grimmes, die mit Franz und Christine Grimme sowie ihren Söhnen Christoph und Philipp heute das Unternehmen leiten.

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