Auf den Spuren jüdischen Lebens in Hamburg
Ende des 16. Jahrhunderts kamen aus Portugal die ersten Juden ins damals noch dänische Altona. Seitdem haben die Juden in der Hansestadt eine bewegte Geschichte erlebt. Etliche Orte in Hamburg erinnern an diese.
Bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 lebten rund 20.000 Angehörige jüdischer Gemeinden in Hamburg. Nach den Pogromen wurden allein in Hamburg rund 8.000 Juden deportiert und umgebracht. Heute zählt die Jüdische Gemeinde in Hamburg rund 2.500 Mitglieder.
Jüdisches Leben in Hamburg entdecken
Das Institut für die Geschichte der deutschen Juden bietet online ein historisches Nachschlagewerk zum jüdischen Hamburg an. Ein Faltblatt mit einem großformatigen Stadtplan verzeichnet 30 Orte, an denen sich Spuren jüdischen Lebens in Hamburg finden. Der Faltplan "Jüdisches Leben in Hamburg" will nicht nur das Offensichtliche zeigen. Er ortet vor allem die versteckten Spuren jüdischer Kultur, die sich überall in der Stadt finden. Hintergrundinformationen zu den Orten sind in deutscher, englischer und hebräischer Sprache auf dem Faltblatt abgedruckt. Der Plan kann von den Internetseiten der Stadt Hamburg heruntergeladen werden.
Bornplatz-Synagoge soll wieder aufgebaut werden
Ein Schwerpunkt historischer und gegenwärtiger Stätten jüdischen Lebens in Hamburg liegt im Grindelviertel. Hier befindet sich etwa der Joseph-Carlebach-Platz - der einstige Bornplatz -, wo seit 1906 die größte Hamburger Synagoge stand. 1.200 Menschen fanden dort Platz. Im Zuge der Reichspogromnacht 1938 wurde die Synagoge verwüstet und im folgenden Jahr abgerissen. Der Namensgeber des Platzes, Joseph Carlebach war als Oberrabbiner 1936 an die Synagoge berufen worden. Ein Bodenmosaik, das die Umrisse der ehemaligen Synagoge markiert, erinnert an die Geschichte des Gotteshauses. Im Februar 2020 hat die Hamburgische Bürgerschaft den Weg frei gemacht für den Wiederaufbau der zerstörten Bornplatz-Synagoge.
Lernen unter Polizeischutz
In die Talmud-Tora-Schule, die die Nationalsozialisten 1942 geschlossen hatten, ist 2007 wieder jüdisches Leben eingekehrt. Nach 13 Jahren Schulbetrieb - wegen des Risikos antisemitischer Angriffe unter permanentem Polizeischutz - konnten in der heutigen Joseph-Carlebach-Schule im Sommer 2020 die ersten Abitur-Prüfungen abgelegt werden.
Nur 200 Meter entfernt ist ein zeitgenössischer Ort jüdischen Lebens: das Café Leonar. Seit Anfang 2008 hat sich das Kaffeehaus vor dem Hintergrund jüdischer Kultur und Küche zu einem lebendigen Ort der Begegnung im Stadtteil entwickelt.
Hannoverscher Bahnhof: Zwei Gleise erinnern an das Grauen
Der Hannoversche Bahnhof am Lohseplatz ist seit 2017 Gedenkstätte. Neben Gedenktafeln mit den Namen aller Opfer erinnern ein paar Gleise und ein Bahnsteig des ansonsten 1955 abgerissenen Bahnhofs an die 8.071 Juden, Sinti und Roma, die zwischen 1940 und 1945 von hier aus verschleppt wurden in Ghettos und nationalsozialistische Vernichtungslager in Osteuropa.
Salomon Heine - Kaufmann und Mäzen
Einer der prominentesten Hamburger Juden war Salomon Heine (1767 - 1844). Seine Spuren finden sich an mehreren Stellen in der Stadt. So zum Beispiel das Gartenhaus im Heine-Park in Ottensen. Der wohlhabende Kaufmann besaß eine Sommerresidenz am Elbufer, von der heute nur noch der 34 Quadratmeter große Gartensaal mit Kuppeldecke und Stuckverzierungen erhalten ist. Seit 1975 kümmert sich der Verein Heine-Haus e.V. um den Erhalt des historischen Gebäudes, das auch zu Vortragsreihen über jüdische Themen genutzt wird.
Beim "Großen Brand" in der Hamburger Altstadt 1842 hatte Heine ohne Zögern sein Haus am Jungfernstieg sprengen lassen, um die Ausbreitung der Flammen zu stoppen. Der großzügige Mäzen unterstützte nicht nur seinen Neffen, den Dichter Heinrich Heine, sondern stiftete im Gedenken an seine verstorbene Frau Betty auch das Krankenhaus der Deutsch-Israelitischen Gemeinde, das er vollständig finanzierte.