Imperial Theater: Mord und Totschlag auf St. Pauli

Stand: 19.08.2024 06:32 Uhr

Einst war es ein Premieren-, später ein Porno-Kino. Nach einer Renovierung ging am 19. August 1994 das Imperial Theater zunächst mit dem Fokus auf Musik an den Start. Seit 2002 hat sich die Bühne auf Krimis spezialisiert.

von Jochen Lambernd

"Wichtig ist, dass das Ensemble und die Regie Spaß am Stück haben und den Spaß übermitteln können zum Publikum. Und wenn dieser Funke überspringt, dann war es eine gute Inszenierung", sagt Frank Thannhäuser, der damals die Regie für "Grease" führt, in einem Beitrag der NDR Nordtour von 1994.

Hausfront des Imperial Theaters im Jahr 1994 © Imperial Theater
"Grease" ist die erste Produktion, die 1994 im Imperial Theater läuft.

Mit der Musicalproduktion "Grease" beginnt nach dreimonatiger Umbauphase am 19. August 1994 der Theaterbetrieb in dem ehemaligen Premieren- und Porno-Kino in der Reeperbahn 5. "Zuvor lief 'Grease' im Musiktheater Reeperbahn als deutsche Erstaufführung in der gegenüber liegenden ehemaligen Bowlingbahn, Reeperbahn 2. Diese Location teilten wir uns damals mit dem Mojo-Club", erzählt Intendant Thannhäuser dem NDR 2024. Vorbehalte gegen die Location wegen seiner Vergangenheit habe es nie gegeben, sagt er. "Letztlich gehörte 1994 ein Porno-Kino zur Reeperbahn dazu und die Zeiten des 'Igittigitt-ein-Pornokino' hatte man lange hinter sich gelassen."

Nach "Grease" werden unter anderem die "Rocky Horror Show" und die Kult-Revue "Hossa - die Schlagerrevue der 1970er-Jahre" aufgeführt.

Stand-up-Comedy der frühen Jahre

In den 1990er-Jahren kommt im Imperial-Theater außerdem Stand-up-Comedy auf die Bühne. So präsentiert dort schon früh Thomas Hermanns, Erfinder des Quatsch Comedy Clubs, Komiker wie Monty Arnold, Gayle Tufts oder Emmi & Herr Willnowsky. Auch Michael Mittermeier tritt dort auf.

2002 wird das Krimitheater gegründet

Saal und Bühne im Imperial Theater in Hamburg © Imperial Theater
In Rot gehalten präsentiert sich das Imperial Theater innen.

Anfang der 2000er-Jahre erweist sich die Bespielung des Imperial Theaters als Musiktheater "als zunehmend schwierig", beschreibt Tannhäuser die Entwicklung der weiteren Jahre. Ursachen dafür waren zum einen hohe Kosten, zum anderen die Verunsicherung der Besucherinnen und Besucher durch die Insolvenz der Stella AG, die Musicaltheater betrieben hat. 2002 startet das Theater daher einen Testballon mit der Krimiproduktion "Die Frau in Schwarz". Sie soll zeigen, wie aufgeschlossen das Publikum dem neuen Genre gegenüber ist. "Als dies auf fruchtbaren Boden stieß, haben wir uns entschlossen, Hamburgs Krimitheater zu gründen", so der Imperial-Geschäftsführer.

"Arsen und Spitzenhäubchen" und "Jerry Cotton"

"Jerry Cotton jagt den New York Ripper" (2014) im Imperial Theater Hamburg mit Stefan Brentle, Christine Wilhelmi und Gosta Liptow (v.l.n.r.) © Imperial Theater Foto: Lidija Delovska
2014 läuft die Produktion "Jerry Cotton jagt den New York Ripper".

Das Theater widmet sich in den folgenden Jahren bekannten Filmen, die als Vorlage dienen. Die erste Produktion ist 2003 die "Todesfalle“ von Ira Levin, gefolgt von Agatha Christies "Die Mausefalle" (2003) sowie "Arsen und Spitzenhäubchen" (2003). Außerdem werden die Kriminalstücke "Gaslicht" (2005) von Patrick Hamilton, "Bei Anruf Mord" (2006) von Frederick Knott und "Mitternachtsspitzen" von Janet Green (2014) aufgeführt. Zum 20-jährigen Bestehen inszeniert das Imperial Theater zum ersten Mal einen Fall des FBI-Agenten Jerry Cotton: "Jerry Cotton jagt den New York Ripper".

Viele legendäre Stücke von Edgar Wallace

"Der Frosch mit der Maske" (2018) am Imperial Theater in Hamburg mit Gosta Liptow (l.) und Thomas Fitschen © Lidija Delovska Foto: Lidija Delovska
"Der Frosch mit der Maske" sorgt 2018 für Nervenkitzel.

Ein großen Teil der Produktionen nehmen die Bühnenadaptionen von Edgar-Wallace-Klassikern ein. Sie fesseln das Publikum "mit aufwendigen Bühnenbildern und spannenden Überraschungsmomenten", so das Theater. Spannungselemente werden "geschickt mit einer gehörigen Portion Humor verschmolzen. Die klassisch-amüsanten Inszenierungen werfen einen liebevoll-ironischen Blick auf die Kultklassiker, die viele Zuschauer mit den Schwarz-Weiß-Filmen der 1960er-Jahre verbinden", heißt es.

Edgar-Wallace-Adaptionen im Imperial Theater

Ensemble des Edgar Wallace-Stücks "Die blaue Hand" am Imperial Theater © Oliver Fantitsch Foto: Oliver Fantitsch
AUDIO: Imperial Theater feiert Edgar Wallace-Premiere in Hamburg (3 Min)

"Humor schadet sicher nicht"

Zu Verbesserungen und auf neue Ideen kommt Theatermann Thannhäuser unter anderem, indem er genau hinhört: "Ich versuche auf unser Publikum zu hören, was in der Pause oder am Einlass erzählt wird, wie die Reaktionen auf die einzelnen Produktionen sind." Er interessiere sich dafür, was die Menschen im Netz, im Fernsehen, im Kino oder anderen Häusern fasziniert, was gehypt wird und was nicht", sagt er. Er versuche, die Dinge so zu gestalten, dass sie ihm hinterher gefallen. "Und, ja, Humor und Kreativität schaden dabei sicher nicht."

Krimi, Comedy und Musik

Maximilian Barth von der Band M.Byrd spielt mit Akustikgitarre auf der Bühne des Imperial Theaters in Hamburg. © NDR Foto: Matthes Köppinghoff
Auch Konzerte des Reeperbahnfestivals finden im Imperial Theater statt, wie hier Maximilian Barth von der Band M.Byrd 2022.

Neben den eigenen Krimi-Produktionen stehen heute Gastspiele, Comedy- und Musik-Veranstaltungen auf dem Programm. Der Quatsch Comedy Club hat dort acht Jahre lang sein Zuhause gehabt. Und seit 1998 zeigt der Kabarettist Jan Christoph Scheibe seine MusiComedy-Shows "Zu viel Sex ist gar nicht gesund" und "Die Welt ist eine Scheibe". Seit 2003 ist das Improvisationstheater Steife Brise mit "Improslam!" eine feste Größe. Zusätzlich kommt dessen Hamburg-Krimi "Morden im Norden" zur Aufführung. Dabei darf der Zuschauer ins Geschehen eingreifen. Beim Mitmach-Theater ist Spontaneität gefragt.

Ebenso sind musikalische Klänge auf der Krimibühne zu hören. Immer wieder stehen Konzerte auf dem Spielplan, besonders im September, wenn das Reeperbahnfestival auf dem Kiez stattfindet. Außerdem gibt es "Buddy reloaded" mit der Originalband aus "Buddy - das Musical" und "Rockin‘ Burlesque", das die Rock'n'Roll-Ära aufleben lässt.

Über diese Mischung im Programm sagt Thannhäuser: "Vielfalt ist nicht nur im echten Leben, sondern auch im Theaterprogramm wichtig. Oft befruchten sich die Genres gegenseitig, denn oft gibt es gemeinsame Schnittmengen - manchmal mehr, als man denkt."

"Wir fühlen uns gut mit dem, was wir machen"

Rückblickend auf die Entscheidung von 1994, ein solches Haus zu schaffen und ohne Subventionen am Laufen zu halten, sagt Indendant Thannhäuser 30 Jahre später: "Wir haben uns orientiert und eine Nische geschaffen. Wir fühlen uns gut mit dem, was wir machen und ich denke, das strahlen unsere Produktionen aus, und das wird uns von unserem Publikum auch gespiegelt."

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Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 12.08.2023 | 19:30 Uhr

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