Zeitreise: Ludwig Weisbecker - der schweigsame Held von Buchenwald
Ludwig Weisbecker war als politischer Gegner der Nationalsozialisten und zugleich als "Mischling I. Grades", seit 1944 im KZ Buchenwald interniert. Dort rettete der Arzt vielen dänischen Polizisten das Leben.
Es gibt Menschen, die helfen, engagieren sich und reden darüber und dann gibt es andere, die tun Gutes, retten sogar Menschen und schweigen. Kaum einer ihrer Freunde ahnt, was sie getan haben. Selbst die eigene Familie weiß es oft nicht.
Geschichten aus der "Hölle auf Erden"
Zu diesen Menschen gehört der Mediziner Ludwig Weisbecker. Seine Erlebnisse gehören zu den erstaunlichsten Geschichten des letzten Weltkriegs. Sie spielen im Konzentrationslager Buchenwald - ein Ort, den man mit Überzeugung "die Hölle auf Erden" nennen kann. Während des Krieges war Ludwig Weisbecker als Nazi-Gegner und als rassisch Verfolgter im KZ Buchenwald interniert und als Arzt für die Behandlung von Häftlingen zuständig. Dort traf er im Herbst 1944 auf eine Gruppe von Gefangenen, die auf ungewöhnliche Weise nach Buchenwald kamen: dänische Polizisten, die als Geiseln festgehalten wurden.
Als 2.000 dänische Polizisten in das Konzentrationslager kamen
Dänemark war seit April 1940 von deutschen Truppen besetzt. Im September gingen die deutschen Besatzer massiv gegen dänische Polizisten vor. Sie befürchteten, dass diese den Widerstand gegen die Nazis unterstützen könnten. Im Rahmen der militärischen Aktion "Möwe" wurden im September 1944 an die 2.000 dänische Polizisten verhaftet. Das waren 25 Prozent aller dänischen Polizisten. Sie wurden schließlich nach Buchenwald gebracht.
Zu ihnen gehört auch Aksel Munk-Andersen, der in Kopenhagen von den Deutschen verhaftet und deportiert wurde. Munk-Andersen war ein sehr guter Zeichner und hat auf Papier festgehalten, was er in Buchenwald erlebte. Heute sind die Zeichnungen in dem Museum von Holbæk zu sehen, wo sie nach Ansicht der Museumsmitarbeiterin Karen Sivebæk Munk zu den größten Schätzen des Hauses gehören, die helfen, die Geschichte der dänischen Polizisten in NS-Haft zu erzählen und zu bewahren.
Weisbecker konnte Menschen "vor der Vernichtung" bewahren
In Buchenwald sollten die Gefangenen, politisch und rassisch verfolgte Menschen, vor allem durch "unmenschliche Arbeit und mangelnde Verpflegung" vernichtet werden, wie Weisbecker später erzählte. Als Häftlingsarzt konnte er gemeinsam mit anderen Ärzten viele der Polizisten vor der "Vernichtung bewahren". Weisbecker war für die "Musterung" zuständig, kontrollierte die Gefangenen auf Krankheiten. So konnte er auch den dänischen Polizisten helfen, die er manchmal zum Schutz vor Arbeit, in den Krankenbereich des Lagers überwies.
Der Humanismus von Ludwig Weisbecker
Sein Sohn Lutz Weisbecker war überrascht, als er von dem Wirken des Vaters in Buchenwald hörte. Zu Hause habe dieser nie über seine Zeit im KZ gesprochen, sagt er. Aber die Taten passen zu der humanistischen Lebensweise seines Vaters, der stets das Gute in den Menschen sehen wollte. Erst in einem kürzlich entdeckten Interview mit einer Zeitung der dänischen Minderheit 1969, erzählte Ludwig Weisbecker von seiner Arbeit im Konzentrationslager. Ganz nebenbei und ohne viel Aufhebens davon zu machen. Die dänischen Behörden erreichten später, dass die Polizisten wie Kriegsgefangene behandelt und in andere Lager verlegt wurden. Schließlich konnten sie noch vor der deutschen Kapitulation nach Dänemark zurückgeholt werden. Auch Aksel Munk-Andersen überlebte, hatte in Buchenwald aber 40 Kilo an Körpergewicht verloren.
Am 11. April 1945 wurde Buchenwald befreit. Dass Weisbecker auch aktiv und unter Gefahren anderen Häftlingen wie den dänischen Polizisten geholfen hat, wusste man lange nicht. Er war einer der schweigsamen Menschen, die lieber handelten als viel zu reden.