Rolf Boysen: Ein beeindruckender Geschichten-Erzähler
Rolf Boysen zählte zu den herausragenden deutschen Schauspielern: Er spielte "Nathan der Weise", "Ulysses" und "Othello". Seine Interpretation des "König Lear" wurde Legende. Der "Bayerische Rundfunk" nannte ihn "brodelnder Gigant".
Am 31. März 1920 in Flensburg geboren und ab dem vierten Lebensjahr in Hamburg-Ottensen aufgewachsen, fand Boysen nach einer Reihe von Stationen in München seine künstlerische Heimat. Zuvor begeisterte er das Publikum in Kiel, am Niedersächsischen Staatstheater in Hannover und gehörte zehn Jahre lang zum Ensemble am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Im Fernsehen wurde er einem größeren Publikum in der Hauptrolle der vierteiligen "Wallenstein"-Inszenierung des ZDF bekannt.
Großer Erzähler großer Epen
In den letzten Jahren vor seinem Tod beeindruckte er als großartiger Geschichten-Erzähler. Die "Ilias" und die "Odyssee" von Homer hat er aufregend lebendig zum Klingen gebracht, ebenso mit dem Nibelungenlied, das als das große deutsche Epos des Mittelalters gilt. Sein Vortrag hat das Publikum immer wieder fasziniert - eine ganze Reihe seiner außergewöhnlichen Lesungen waren auf NDR Kultur zu hören, viele liegen auch als Hörbuch vor.
Letztes großes BR-Interview mit 92 Jahren
Im letztes großen Interview, das Boysen mit 92 Jahren dem Bayerischen Rundfunk gab, sprach der Schauspieler über seine Art, zu arbeiten: "Ich mag dieses Wort so ungern gebrauchen: Natürlichkeit. Ich habe mich nie bemüht, natürlich zu sein. Naturhaft schon." Die Natürlichkeit sei schwer zu erreichen, weil sie so unbekannt sei. "Sie kann nur liegen in der Ehrlichkeit - die Ehrlichkeit des Empfindens und die Ehrlichkeit des Textarbeitens. Darauf kommt es an", so Boysen.
Boysen starb am 16. Mai 2014 im Alter von 94 Jahren in München. Dort gehörte er zuletzt zum Ensemble der Kammerspiele.