Michael Otto: Der Unternehmer mit sozialem Gewissen
Otto - find' ich gut! Das dachte sich, frei nach dem bekannten Werbeslogan, auch die Hamburgische Bürgerschaft. Deshalb ernannte sie Michael Otto, den Hamburger Unternehmer, Stifter und Mäzen 2013 zum Ehrenbürger der Hansestadt. Damit wird der Aufsichtsratsvorsitzende des mit Versandhandel groß gewordenen Otto-Konzerns für sein gesellschaftliches und ökologisches Engagement ausgezeichnet.
Schon als Schüler im Versandhandel des Vaters tätig
In Kulm bei Bromberg, dem heute polnischen Chelmno, wird Otto am 12. April 1943 geboren. 1945 muss die Familie in den Kriegswirren fliehen und findet in Hamburg ein neues Zuhause. Zwar wächst Otto bei seiner Mutter auf, doch bereits als Gymnasiast setzt sein Vater Werner Otto ihn in seinem aufstrebenden Versandhandel ein.
Vorstand bereits mit 27 Jahren
Die Ausbildung Michael Ottos könnte zielgerichteter kaum sein. Nach einer Banklehre in München studiert er dort und in Hamburg Volkswirtschaft. An der Elbe promoviert er. Der Titel seiner Dissertation lautet: "Die Absatzprognose im Versandhandel". Bereits 1971 tritt Otto, der 1969 geheiratet hat, sein Amt - als damals bundesweit jüngster Vorstand - beim Otto-Versand an. Von Beginn an setzt sich Otto für die weitere Expansion des Unternehmens ein - sowohl international als auch im Hinblick auf die Produktpalette.
Otto als "Anstifter": Heute zweitgrößter Online-Versandhandel
Zehn Jahre nach seinem Eintritt in das Familienunternehmen übernimmt Michael Otto im Februar 1981 das Amt des Vorstandschefs der Otto GmbH & Co. KG. Er wolle "Anstifter, Motivator und Koordinator" sein. Im Bereich des Versandhandels erschließt Otto neue Märkte und betritt neue Geschäftsfelder. Fast immer mit durchschlagendem Erfolg. Heute ist die Firma in Deutschland trotz wachsender weltweiter Konkurrenz der zweitgrößte Online-Versand nach Amazon.
Ehrgeizige Ziele und Umbruch
Im Geschäftsjahr 2017/18 erwirtschaftet das Gesamtunternehmen 13,7 Milliarden Euro Umsatz, mehr als die Hälfte davon online. Damit konnte der Konzern noch einmal um neun Prozent beim Umsatz zulegen. Dennoch steht ein Umbruch bevor: Im neuen Geschäftsjahr sollen rund 100 Millionen Euro in den Wandel des Geschäftsmodells investiert werden. Das deutsche Tochterunternehmen der weltweit tätigen Otto Group will vom Händler verstärkt zur Plattform werden. Ähnlich wie Amazon würde das Unternehmen dann Produkte vermarkten; die Herstellung und den Transport übernähmen andere Dienstleister. Bis 2022 soll der Umsatz auf 17 Milliarden Euro steigen.
"Verantwortung für die Gesellschaft zeigen"
Über allem Gewinnstreben verliert der Unternehmer nie den Blick auf das Soziale aus den Augen. "Wir müssen auch in der Wirtschaft wieder dazu kommen, dass wir Verantwortung für die Gesellschaft zeigen", erklärt er 2004 in einem Interview mit der "Zeit". Im Oktober 2007 tritt Otto wie geplant als Vorstandschef ab und übernimmt den Vorsitz im Aufsichtsrat. Er freue sich, "dass ich mich jetzt auf die Grundsatzthemen konzentrieren kann". Zusätzlich zu seinem Job im Familienunternehmen mit mehr als 52.000 Mitarbeitern sitzt Otto im Aufsichtsrat von zwei weiteren Firmen.
Umweltschutz als Unternehmensziel
Im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit nimmt Otto schon früh eine Vorreiterrolle ein. Bereits 1986 erklärt er den Umweltschutz zum offiziellen Unternehmensziel. Der Müll wird getrennt, Pelze und schädliche Lacke werden aus dem Programm verbannt, ab 1997 spielt ökologisch produzierte Baumwolle eine große Rolle bei Otto. Durch die Umstellung von Luft- auf Schiffsverkehr beim Warentransport versucht die Firma, Energie zu sparen.
Naturschutz und "Otto-Blume"
Auch außerhalb des Unternehmens engagiert sich Michael Otto für die Natur. Mit der 1993 gegründeten Michael Otto Stiftung für Umweltschutz setzt sich der zweifache Familienvater für den Erhalt der Natur und ein Umdenken der Menschen ein. Otto führt zudem den Ehrenvorsitz des Stiftungsrates des WWF Deutschland. Seit 2013 teilt er außer der Ehrenbürgerehre Hamburgs eine weitere Gemeinsamkeit mit Loki Schmidt: Er ist Namensgeber für eine Pflanze. Der WWF tauft das im Spessart neu entdeckte Habichtskraut auf den Namen Pilosella ottonis.
Vermögen verpflichtet - und in Stiftung gegeben
"Jedenfalls kann der Staat nicht mehr alles allein finanzieren, Kultur, Ökologie, Soziales. Dazu müssen gerade die wohlhabenden Bürger beitragen", erklärt Otto 2004 in der "Zeit". Er selbst sitzt in diversen Kuratorien sozialer und ökologischer Stiftungen. Neben Projekten in der Dritten Welt zeigt er in seiner Heimatstadt Hamburg großes Engagement, vor allem im Bildungsbereich. Ein Beispiel ist die Initiierung des Hamburger Hauptschulmodells: ein Konzept, das den Schülern den Übergang in eine berufliche Ausbildung erleichtern soll. Über großzügige Spenden können sich immer wieder Hamburger Museen freuen.
Jahrelang tauchte Otto in der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt auf. Doch der oft bemühte Titel "einer der reichsten Deutschen" stimmt mittlerweile nicht mehr. Denn die Otto Group gehört Michael Otto nicht mehr. Seine Mehrheitsbeteiligung am Versandunternehmen gibt Otto an eine gemeinnützige Stiftung ab, die kulturelle, soziale und ökologische Projekte fördert. Vor allem gehe es ihm darum, Kinder und Jugendliche zu unterstützen, sagt Otto damals. Damit lebt Otto das vor, was er fordert - und wie es sich für einen Ehrenbürger gehört.