Ludwig Haas: Der ewige Doktor Dressler
Viele Menschen kannten Ludwig Haas als Doktor Dressler aus der "Lindenstraße". Dabei hat der gebürtige Eutiner auch in internationalen Filmen mitgewirkt. Der Schauspieler starb am 4. September 2021.
Auf der Straße sprachen ihn die Menschen zu Lebzeiten schon mal als Doktor Dressler an - kein Wunder, denn mehr als 33 Jahre lang verkörperte Ludwig Haas den Arzt in Deutschlands ältester Soap, der "Lindenstraße". "Dass ich diese Rolle schon so lange spielen darf, darauf bin ich sehr stolz", sagte Haas einst. "Wo gibt es so was denn heutzutage noch?" Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte es immer so weitergehen können, "so lange mein Kopf funktioniert", meinte der Schauspieler. Doch 2020 kam das Aus für die Serie - am 29. März lief die letzte Folge. Haas selbst starb ein gutes Jahr später im Alter von 88 Jahren am 4. September 2021 in Neumünster.
Theater-Engagements in Hamburg und München
Doch Ludwig Haas konnte auch auf ein anderes Leben als das des Serien-Darstellers zurückblicken. Nach dem Abitur 1950 besuchte der am 16. April 1933 in Eutin geborene Haas die Staatliche Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Dort absolvierte er von 1951 bis 1953 seine Schauspielausbildung. Engagements an namhaften Bühnen folgten - wie zum Beispiel am Schauspielhaus in Hamburg und an den Kammerspielen in München. Immer wieder ging Haas auf Theater-Tournee, darunter mit Bühnengrößen wie Theo Lingen. Von ihm lernte er, wie man seine Unarten ausspielt, um in Rollen unverwechselbar zu sein.
Ludwig Haas spielt mehrfach Adolf Hitler
Ebenso erfolgreich wie auf den Bühnen bewegte sich Ludwig Haas ab Anfang der 80er-Jahre auch im nationalen und internationalen Filmgeschäft. Meist war er in Spielfilmen auf die Rollen des bösen Deutschen festgelegt. Allein Adolf Hitler verkörperte Haas dreimal: unter anderem an der Seite von Michael Douglas in "Wie ein Licht in dunkler Nacht" (1992) und im französischen Film "Pétain" (1993). Auch im Oscar-prämierten niederländischen Film "The Assault" (Der Anschlag) aus dem Jahr 1986 war Haas in einer NS-Rolle zu sehen, hier als General.
Dauerbrenner als Dr. Dressler in der "Lindenstraße"
1985 übernahm er die Rolle des Doktor Dressler in der "Lindenstraße" - und war damit von Anfang an dabei. Dort meisterte der Mediziner ein Leben voller Schwierigkeiten - als Witwer, Alkoholiker und Vater eines Drogensüchtigen. Langweilig sei ihm die Rolle nie geworden, so Haas. Bei Doktor Dressler war ja auch immer was los: Seit in Folge 169 im Jahr 1989 ein Unfall im Drehbuch stand, war er in der WDR-Serie querschnittgelähmt und saß im Rollstuhl. Geplant war dieser Part nur für ein bis zwei Jahre. Doch Haas wurde schlichtweg "vergessen", wie er in einem Interview mit dem Magazin der "Süddeutschen Zeitung" 2012 erzählte: "Hans Geißendörfer, der Erfinder und Kopf der 'Lindenstraße', hat das auch einmal zugegeben."
"Irgendwann war der passende Moment dann einfach vorbei. Den Doktor Dressler nach so langer Zeit wieder laufen zu lassen, das wäre unglaubwürdig gewesen und hätte Menschen mit Behinderungen womöglich falsche Hoffnungen gemacht", sagte Haas. Das Interessante hätte aber an anderer Stelle gelegen: "Niemand weiß, woran Doktor Dressler eigentlich leidet. Nicht einmal ich."
"Huch, Sie können ja laufen"
Passanten auf der Straße seien häufig überrascht gewesen, wenn sie ihn sahen. Immer wieder sei es vorgekommen, dass fremde Menschen ihn verwundert ansprachen mit Sätzen wie "Huch, Sie können ja laufen", erzählte der Schauspieler. Häufig sei er auch um medizinischen Rat gefragt worden - weil Doktor Dressler ja schließlich Allgemeinarzt war. "Gerade in den ersten Jahren der Serie konnten manche Zuschauer nicht zwischen der Rolle und meiner Person unterscheiden", so Haas.
Nicht nur in der "Lindenstraße" auf die Arzt-Rolle abonniert
Als Doktor Dressler gehörte er zu den dienstältesten Medizinern in der deutschen TV-Landschaft - wenn auch seit 1998 nicht mehr "praktizierend". Auch in anderen Produktionen schlüpfte der Schauspieler immer wieder in die Arzt-Rolle. So verkörperte er 1992 in der "Tatort"-Folge "Das Experiment" einen "Weißkittel" und im Jahr zuvor in der Krimireihe "Der Alte" in der Episode "Der Tagebuchmord" ebenfalls.
Seine Lebensrolle blieb allerdings Doktor Dressler. In einem Interview sagte Haas einmal, dass er diese Rolle als Geschenk empfinde. Auf die Frage, ob er nie bereut habe, nicht aus der Serie ausgestiegen zu sein, antwortete Haas: "Nie. Ich habe eine Alterskarriere hingelegt. Immerhin besser als eine junge Karriere, die schnell verglüht. Ich war als Schauspieler nie arbeitslos, habe nie gestempelt. Darauf bin ich heute noch stolz." Der Sonntags-Serie blieb Ludwig Haas mehr über 33 Jahre treu - und sagte, er wolle so lange drehen, bis er tot umfalle. Allerdings sah das Drehbuch es etwas anders vor: Im Herbst 2019 erfuhr der pensionierte Arzt der "Lindenstraße", dass er an einem inoperablen Hirntumor leidet - und schied wenige Wochen später selbstbestimmt durch einen Tabletten-Cocktail aus dem Serien-Leben.
Haas im Privaten ein Maler und Bildhauer
In seiner Freizeit betätigte sich Haas als Maler und Bildhauer. Im Fernsehen sah er gerne Dokumentationen und politische Talkshows. Die "Lindenstraße" schaute er auch, betrachtete sie aber nicht als Pflichtprogramm: "Manchmal verpasse ich auch mal ein paar Folgen", sagte er und schmunzelte dabei.
Zuletzt lebte Ludwig Haas mit seiner Frau Marianne in Neumünster. Dort starb er am 4. September 2021. Medienberichten zufolge wurde der Schauspieler im Kreise seiner Familie in der Ostsee bestattet.