Freddie Mercury gibt in einer Künstlergarderobe ein Interview. © dpa/London Express

Von Queen bis Oper: Freigeist und Ikone Freddie Mercury

Stand: 22.08.2022 15:50 Uhr

Freddie Mercury, legendärer Leadsänger von Queen, war einer der vielschichtigsten Stars der Rockmusik. Als einer der ersten Rockmusiker reichte er der klassischen Musikszene die Hand. Am 24. November 1991 starb er.

Als Freddie Mercury, am 5. September 1946 als Farrokh Bulsara auf Sansibar geboren, 1987 die spanische Sopranistin Montserrat Caballé traf und mit ihr das "Barcelona"-Album aufnahm, war dies das erste große Crossover-Projekt der Musikgeschichte. Dem außerordentlichen Mut der beiden Künstler ist es zu verdanken, dass es zu dieser Annäherung von sogenannter U- und E-Musik kam, die Folgen haben sollte.

Außer Leonard Bernstein kenne ich keinen, der die Gräben zwischen den verschiedenen Musikstilen so überwinden konnte, der musikalisch so viele Grenzen überbrücken konnte. Bernstein und Mercury sind auch heute noch ein Vorbild.                                   John Axelrod, Dirigent

Freddie Mercury öffnet die Welt der Popmusik

Zu diesem Zeitpunkt hatte Freddie Mercurys Liebe zum Theater - besonders zum Ballett und der Oper - schon eine lange Geschichte. Seine Leidenschaft für das Ballett war an seinen graziös-kraftvollen Bewegungen auf der Bühne zu spüren. Auch seine Konzert-Ballett-Outfits der 1970er-Jahre zeigten die Nähe zu diesem Genre. 

Wir wollten eigentlich zusammen ein Ballett schreiben, was wir aber dann nicht mehr in Angriff nehmen konnten. Mike Moran, Co-Komponist des Barcelona-Albums

Diese Vorliebe gipfelte im gemeinsamen Auftritt mit Mitgliedern des Royal Ballett im Jahr 1979 in London und in der Zusammenarbeit mit diesen Tänzern für das Queen-Video "I Want To Break Free". Hier wurde eine Szene aus einer Debussy- Choreografie des legendären Tänzers Vaslav Nijinsky von 1912 neu interpretiert.

Mercurys Klassik-Liebe zieht sich durch viele Queen-Songs

Deutlich erkennbar ist Mercurys Affinität zur Oper und sein Interesse an klassischer Musik. In seinem Song "It's A Hard Life" zitiert er den italienischen Komponisten Ruggero Leoncavallo, in "The Millionaire Waltz" klingt Johann Strauss durch, in dem Song "The Fairy Fellers's Master-Stroke" spielt er einen ziemlich wilden Cembalopart à la Händel - und "Bicycle Race" lässt vermuten, dass er auch Bach-Kantaten hörte.

Es ist wirklich wörtlich übernommen von Johann Sebastian Bach, Kantate Nummer 100 - nur in einer anderen Tonart! Ich hab erst gedacht, woher kennst Du das? Du kennst das irgendwo her!                                                      Prof. Dr. Hartmut Fladt, Musikwissenschaftler

 

Der Song "Bohemian Rhapsody" bedeutete für Queen den endgültigen Durchbruch: Denn entgegen allen Marktmechanismen setzte er sich mit einer für Rockmusik ausufernden Länge von mehr als fünf Minuten an die Spitze der Charts. In dem Stück finden sich gleich mehrere Einflüsse klassischer Musik: eine "melodia lunga" à la Donizetti, Schnitttechniken à la Strawinsky und ein an große Opernensembles angelehnter mehrstimmiger Chor in der Mitte.

Eigentlich ist das ein Stück, das alle Arten von Bühnenmusik, die es über vier Jahrhunderte gegeben hat, irgendwo im Hinterkopf hat. Prof. Dr. Hartmut Fladt, Musikwissenschaftler

Ein schillerndes Paar: Mercury und Montserrat Caballé

Freddie Mercurys Begeisterung für Montserrat Caballé hatte ihren Anfang im Jahr 1981 bei einer Aufführung der Verdi-Oper "Un Ballo in Maschera" im Royal Opera House Covent Garden. Eigentlich war Mercury gekommen, um Pavarotti zu hören - aber bei Montserrats Gesang verschlug es ihm die Sprache.

Er konnte es nicht glauben, wie man so singen konnte - und das war auch das erste Mal, dass er sagte: Diese Frau hat die schönste Stimme der Welt! Peter Freestone, persönlicher Assistent und Freund

Sechs Jahre sollte es dauern, bis er sie traf. Als sie mit ihm zusammen dann seine Songs sang, da ging für ihn ein Traum in Erfüllung.

It's amazing! Now I'm going into opera - forget Rock'n'Roll! Freddie Mercury

Aus dieser Zusammenarbeit entwickelte sich zwischen Freddie und Montserrat - "Montsi" oder "My Super Diva", wie er sie auch zärtlich nannte - eine enge Freundschaft, die von großer gegenseitiger Wertschätzung geprägt war. Bis zum Tod von Freddie Mercury im November 1991 hielten sie Kontakt.

Ich hab ihn sehr geliebt. Er war ein sehr enger Freund von mir. Er war am Anfang etwas schüchtern mit mir zu singen. Aber ich glaube, ich habe es geschafft, dass er sich wohlfühlt.     Montserrat Caballé, Sopranistin

Hier trafen zwei Künstler aus ganz unterschiedlichen Genres zusammen, die aber trotzdem viel verband: ein hoher Anspruch an sich selbst, Humor, große Lebensfreude und eine tiefe Liebe zur Musik. Und beide zeigten auf der Bühne eine enorme Präsenz und ganz besondere Strahlkraft.

Es war völlig egal, ob da 700 Leute im Publikum waren oder 350.000. Er hatte die Gabe, jedem einzelnen das Gefühl zu geben, nur für ihn zu singen. Peter Freestone, persönlicher Assistent und Freund

Freddie Mercury: Autodidakt und Ausnahmetalent

Freddie Mercury war - was seine Stimme betraf - Autodidakt. Alles, was er konnte, hatte er sich selbst beigebracht. Er hatte nie eine Gesangsstunde. Seine so variable, vibratoreiche Rock-Tenorstimme, die so viele Menschen bis heute in den Bann zieht, war etwas, das er - unbeirrbar wie er war - ganz allein erschaffen hatte. Und auch hier war er wie in seinen Kompositionen äußerst vielseitig. Ob Rock'n'Roll, Disco, Funk, Gospel, Pop-Ballade, Hardrock, Musical - er konnte alles singen und er tat es auch. Und - auch das war ein herausragendes Merkmal von Freddie Mercury - er entwickelte sich stets weiter, Stillstand gab es für ihn nicht.

Er war, was musikalische Farben betrifft, ein Chamäleon. John Axelrod, Dirigent

Zusammen mit Brian May, Roger Taylor und John Deacon schuf Freddie Mercury eine der innovativsten und schillerndsten Rockbands aller Zeiten: Queen. Eine Band, die mit ihrer Produktivität, ihrem unverwechselbaren Sound, ihren mitreißenden Live-Auftritten und ihren so vielseitigen Konzeptalben Musikgeschichte schrieb.

Und er reichte als einer der größten Rockstars, die es je gegeben hat, der klassischen Musikszene die Hand. Freddie Mercurys künstlerischer Mut, seine Originalität, seine Neugierde und Offenheit anderen Künsten gegenüber machten ihn zu einer Ausnahmeerscheinung. Am 24. November 1991 starb er in London an den Folgen einer HIV-Infektion. Sein Schaffen strahlt bis in die heutige Zeit hinein.

Weitere Informationen
Freddie Mercury auf der Bühne mit der spanischen Opernsängerin Montserrat Caballé © imago / United Archives International

Freddie Mercury: "Now I'm going into opera - forget Rock'n'roll!"

Am 24. November 1991 starb Freddie Mercury. Wie blicken Weggefährten und Künstler, die er in ihrem Wirken inspiriert hat, auf sein Leben? mehr

1985: Freddie Mercury - Sänger der Gruppe Queen © dpa

Queen - "Crazy Little Thing Called Love"

Die Idee zu Queens "Crazy Little Thing Called Love" kommt Freddie Mercury in München. Er spielt bei den Aufnahmen sogar Gitarre - obwohl er dieses Instrument nur mäßig beherrscht. mehr

Freddie Mercury und die Mitglieder der Band Queen (John Deacon, Rager Taylor, Brian May). © Picture Alliance/Photoshot

Queen - "We Will Rock You"

Queen-Gitarrist Brian May hat nicht nur den Klang der Band mit seinem speziellen Gitarrensound geprägt, er hat auch viele Songs geschrieben - darunter "We Will Rock You". mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 24.11.2021 | 05:55 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Oper

Rock und Pop

Mehr Geschichte

Bertha Keyser, der "Engel von St. Pauli" © Hauptkirche St.Michaelis

60. Todestag von Bertha Keyser: Der echte "Engel von St. Pauli"

Bertha Keyser hat sich ein halbes Jahrhundert lang um Arme und Obdachlose in St. Pauli gekümmert. Am 21. Dezember 1964 starb sie. mehr

Norddeutsche Geschichte