Ladelund: Wie Erinnerungskultur zu Versöhnung führt
In Ladelund liegt eine der ältesten KZ-Gedenkstätten - die einzige in kirchlicher Trägerschaft. Anfang der 50er-Jahre begann hier die Aufarbeitung der Lagergeschichte. Und es entstand eine ungewöhnliche Partnerschaft zwischen Deutschen und Niederländern.
Bei einem Anschlag niederländischer Partisanen wurde am 1. Oktober 1944 ein deutscher Offizier getötet. In einem Racheakt zerstörten deutsche Soldaten daraufhin in Putten mehr als 100 Häuser. Frauen und Kinder mussten aus dem Ort fliehen, mehr als 600 Männer wurden in deutsche Konzentrationslager deportiert.
Nur 48 Männer aus Putten kehrten zurück
Viele von ihnen kamen in das Lager Ladelund, eine Außenstelle des KZ Neuengamme, das die SS am 1. November 1944 hatte errichten lassen. Die Bedingungen dort: kaum Nahrung, harte Arbeit, keine medizinische Versorgung. "Das führte dazu, dass viele einfach an Schwäche, an Hunger starben oder krank wurden", sagt Katja Happe, die Leiterin der Gedenkstätte Ladelund. Viele der Häftlinge seien geprügelt und misshandelt worden, was ebenfalls zum Tod vieler Lagerinsassen geführt habe. "Von den über 600 Männern, die in deutsche Konzentrationslager deportiert wurden, sind nach Kriegsende nur 48 nach Putten zurückgekommen." Das habe ein Trauma in Putten ausgelöst, das bis heute andauere. 110 Männer aus Putten starben im Lager Ladelund.
In Namensgräbern bestattet
Dass später Versöhnung zwischen den Menschen aus Putten und Ladelund möglich wurde, dafür hat Johannes Meyer die Grundlage gelegt. Der damalige Pastor, der in den 1930er-Jahren noch ein glühender Nationalsozialist war, hat die Toten würdevoll und christlich in Namensgräbern bestattet. Und er sorgte dafür, dass die Hinterbliebenen in Putten nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhren, was mit den Männern geschehen war, berichtet Jan van den Hoorn, Vorsitzender der Stiftung "Oktober 44": "Der damalige Pastor Meyer hat gesagt: 'Wir schämen uns für das, was da passiert ist. Aber wir sorgen jetzt gut für die Gräber.'" Dadurch seien wieder Kontakte nach Putten entstanden.
Niederländer und Deutsche gedenken gemeinsam
1950 haben die ersten Hinterbliebenen aus Putten Ladelund besucht. Nach Deutschland zu fahren, zu den "Moffen", wie die Deutschen verächtlich genannt wurden, war ein schwerer Schritt für sie. Doch sie sahen: Hier begann schon Anfang der 50er-Jahre die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Lagers - und die Aufarbeitung.
Sowohl in Ladelund als in Putten erinnern sich die Menschen bis heute gemeinsam an die Opfer. Das sei das Besondere, was in anderen Orten in den Niederlanden nicht stattfinde, sagt Michel Kooij, Vorsitzender der Stiftung Samen Verder Putten: dass Deutsche an den Gräbern stehen und man zusammen der Toten gedenke.
Vom Ort der Trauer zur Begegnungsstätte
Kern der Gedenkstätte in Ladelund sind auch heute noch die Gräber. Es sind keine anonymen Massengräber, wie Gedenkstätten-Leiterin Happe sagt. Von jedem der 300 Toten wisse man den Namen, das Geburts- und Todesdatum, und auch, in welchem Grab er liegt.
Doch längst sei die Gedenkstätte mehr als ein Ort der Trauer, sagt Happe, als sie zwischen dem Ausstellungshaus und dem Gräberfeld steht. Hier haben junge Menschen aus Putten und Ladelund im vergangenen Jahr gemeinsam eine Blumenwiese gepflanzt: einen Garten der Begegnung. In Ladelund und Putten ist es gelungen, dass auch die nächste Generation das Gedenken an die Opfer wach hält.