Kriegsende: Was passierte im Hamburger Rathaus?
75 Jahre nach dem Kriegsende steht der Historiker Holger Martens vor dem Eingang zum Hamburger Rathaus. Genau hier kamen am Abend des 3. Mai 1945 die Briten an, um die Stadt Hamburg offiziell zu übernehmen. "Die Engländer kamen mit ihren Panzern und sonstigen Fahrzeugen über die Elbbrücken, dann durch Hammerbrook und schließlich hier über die Mönckebergstraße. Hier am Eingang befand sich der Kampfkommandant Wolz mit seinen Männern und es war der General Spurling, der von Wolz die militärische Übernahme der Stadt entgegennahm", sagt Martens.
Das Rathaus ist in gutem Zustand
Das Rathaus, so Holger Martens, ist damals, anders als der Rest der Stadt, in erstaunlich gutem Zustand: "Hamburg war ja in weiten Teilen zerstört, etwa die Hälfte der Wohnungen war zerstört. Viele weitere teilzerstört. Aber das Rathaus hatte nur an seinem Turm einen Treffer bekommen, der aber auch längst repariert war. Ich kann mir vorstellen, dass das auch für die Engländer beeindruckend gewirkt haben muss, durch die zerstörte Stadt zu fahren, um dann hier vor dem Hamburger Rathaus zu stehen, das völlig unversehrt war."
Nur zwei Senatoren bleiben im Amt
Im Innern des Rathauses treffen die britischen Offiziere den Hamburger Gauleiter und Reichsstatthalter. "Dort wartete Karl Kaufmann und hat eben die Stadt mit der Verwaltung an die Engländer übergeben", berichtet Martens. Am Tag darauf wird Karl Kaufmann von der britischen Militärregierung verhaftet. Die Senatoren bleiben zunächst noch im Amt und werden erst eine Woche später abgelöst. "Am 11. Mai mussten die Senatoren antreten bei der Militärregierung, wurden abgefragt, welche Funktionen sie gehabt haben und nacheinander wurden sie entlassen beziehungsweise auch verhaftet. Nur zwei Senatoren blieben noch vorübergehend im Amt", so Martens.
Rudolf Petersen wird Bürgermeister
Am 15. Mai 1945 wird Rudolf Petersen zum Ersten Bürgermeister ernannt. "Der kam ja aus einer angesehenen Hamburger Familie. Sein Bruder Carl Petersen war zur Weimarer Zeit Bürgermeister gewesen. Petersen hat es dann schon verstanden, möglichst breit auch seine Senatoren auszusuchen, also von Gewerkschaftsvertretern bis zu SPD Vertretern. Adolph Schönfelder zum Beispiel war schon vor 1933 Senator und das hatte den Vorteil, dass diese Menschen sehr gute Kenntnisse über Hamburg, aber auch Fachkenntnisse mitgebracht haben", berichtet Martens.
Kontakte sind nicht erwünscht
Dennoch haben selbstverständlich die Briten das Sagen in der Stadt. Enge Kontakte zur Hamburger Bevölkerung sind zunächst nicht erwünscht, die Soldaten sollten Distanz wahren. So richten die Engländer zum Beispiel eigene Klubs ein. Und nicht nur das: "Es gab eigene Buslinien oder extra Abteile in der S-Bahn", sagt Martens.
Vieles im Rathaus erinnert an die Briten
Vier Monate gilt das offizielle Verbrüderungsverbot. Was erinnert heute noch im Rathaus an die Übergabe Hamburgs an die Briten? "Interessant ist das Goldene Buch der Stadt", erklärt Martens. Hier hätten nach dem Krieg Vertreter der Besatzungsmacht, die Alliierten, die ersten Eintragungen gemacht. "An die Übergabe hier direkt am 3. Mai 1945 erinnert meines Wissens nichts. Aber es wäre sicherlich angemessen, wenn es heute, nach 75 Jahren, einen Hinweis geben würde, dass das ein besonderer Tag für die Hamburger ist. Es war die Befreiung vom Nationalsozialismus, der Frieden hält bis heute und für viele war es eben eine große Erleichterung, dass ein neuer Lebensabschnitt beginnen konnte", meint Martens.