Kriegsende: Was im Hamburger Hafen passierte
Es trifft Werften, auf denen einmal die größten und stolzesten Passagierschiffe der Welt entstanden sind, aber auch vermeintliche Wunderwaffen von Adolf Hitler - U-Boote, Großkampfschiffe: Schon lange vor Kriegsende sind sie das Ziel von alliierten Bombern. Eine genau Zahl, wie viele Menschen dabei ums Leben kamen, gibt es nicht. Die Zerstörungen reichen von den Elbbrücken bis nach Finkenwerder zur Rüschhalbinsel. Dort befinden sich eine Außenstelle des Konzentrationslagers (KZ) Neuengamme und Baracken für Kriegsgefangene.
Die Häftlinge arbeiten auf der deutschen Werft nebenan. Heini Eilmann ist bei Kriegsende elf Jahre alt. "Sie haben die Werft angegriffen", erinnert er sich. "Wir haben im Bunker gesessen und als wir da raus kamen nach einer Zeit, da war von dem KZ nichts mehr übrig."
Hamburger Hafen: Ein verstörendes Bild
Als die Briten schließlich am 3. Mai in Hamburg einmarschieren, bietet sich ihnen im Hafen ein verstörendes Bild. Der britische Kriegsberichterstatter Warren Thomas berichtet von Chaos im Hafen, verrosteten U-Booten. "Hamburg ist eine tote Stadt", sagt er damals.
Krieg verursacht enorme Schäden im Hafen
Wenn man genauer hinschaut, dann sind die Schäden enorm, wie Anfang der 50er-Jahre Reporter Carlheinz Hollmann und der damalige Hafenbaudirektor Karl August Mühlradt schildern: "Von der Kielschuppen- und Speicherfläche waren 90 Prozent zerstört. 300 Kilometer Hafenbahngleise ragten gebortsten in den Himmel. 800 Kräne lagen umgestürzt auf den Quais, im trüben Wasser der Hafenbecken. 3.000 Wracks mussten gehoben werden. Das ist genauso viel wie auf allen deutschen Binnenschifffahrtsstraßen gesunken waren", so Hollmann.
"Die Anlagen des Hafens waren durch über 40 Großangriffe, die nur dem Hafen galten, nahezu zerschlagen. Selbst die für die Ewigkeit gebauten Kaimauern hatten schwere Schäden erlitten", sagt Mühlradt. "Besonders aber der Stolz des Hamburger Hafens hatte gelitten, die Anlagen für den kostbaren Stückgutverkehr, also die Kaischuppen, die Kaispeicher, die Kräne, die Gleisanlagen, die Straßen und Brücken."
Kriegsende: Anlagen werden weggeschafft
Nach Kriegsende stehen die Werften weitgehend still, Zehntausende Hafenarbeiter müssen sehen, wie sie sich durchschlagen, so Jan Wienecke. Zugleich werden von den Alliierten viele Anlagen demontiert, etwa bei Blohm+Voss. "Das haben sie dann alles abgebrannt oder weggeschraubt. Meist haben sie es abgebrannt. Das haben wir dann auch in den Schuten reingekriegt. Und das wurde dann in einzelne Schiffe gefahren, die das dann mitnahmen. Und das wurde dann mit reingepackt und dann hauten die ab. Wohin, das weiß kein Mensch", berichtet Wienecke.
Max Brauer verhindert Sprengung
Noch 1950, also fünf Jahre nach Kriegsende, wollen die Briten Dock Elbe 17 bei Blohm+Voss sprengen, weil es angeblich zu groß ist für zivile schiffe. Bürgermeister Max Brauer protestiert wortgewaltig: "Diese Sprengungen erfolgen nämlich im Rahmen einer Politik der verbrannten Erde. Das furchtbare an dieser Situation ist, dass hierbei durch eine falsche Denkungsart britische Militärs alle unsere gemeinsamen Bemühungen im Ringen um die Seele des deutschen Volkes zerstört werden. Dieses deutsche Volk hat inzwischen alle kriegerischen Detonationen und Explosionen verabscheuen gelernt. Sprengt man nun wertlose Objekte, durch die da friedliches Leben im Hamburger Hafen unterbrochen und gefährdet wird, so werden diese Sprengungen in der hamburgischen Bevölkerung mehr vernichten als die Sprengkörper unmittelbar zerreißen werden."
Der Hafen schafft den Anschluss
Ein flammender Appell, der seine Wirkung nicht verfehlt. Wenig später beenden die Briten die Demilitarisierung. Es soll aber noch Jahre dauern, bis die schwersten Schäden behoben sind. Mitte der 50er-Jahre schafft Hamburg wieder den Anschluss an die größten Häfen der Welt.