Start für "1:0 für Sie" 1954: Die Mutter der deutschen Spielshows
Am 31. Januar 1954 begann die Erfolgsgeschichte der Spielshows im bundesdeutschen Fernsehen. Publikumskandidaten, lustige Spiele, Promi-Quiz - "1:0 für Sie" mit Peter Frankenfeld war ein Riesenerfolg.
Quiz-Shows zu Allgemeinwissen, speziellen Themen, mit Promis oder ohne - (mit-)raten scheint eines der großen Erfolgsrezepte des Fernsehens zu sein. Und das nicht erst seit "Wer wird Millionär?". Bereits 1954 sorgte eine Quiz-Show des NWDR für traumhafte Einschaltquoten von 40 bis 50 Prozent: "1:0 für Sie" lief am 31. Januar 1954 erstmals im westdeutschen Fernsehen.
Erst ein gutes Jahr zuvor, am 25. Dezember 1952, war das deutsche Nachkriegsfernsehen mit dem NWDR, dem Nordwestdeutschen Rundfunk, auf Sendung gegangen. Aus der Radioshow "Wer zuletzt lacht…" mit Peter Frankenfeld entstand die Idee für "1:0 für Sie". Die zweistündige Show wurde jeden zweiten Samstag live aus einer großen Halle gesendet, zunächst meistens aus Hamburg, später auch aus Dortmund, Hannover, Bielefeld oder Kiel. Die Regie führte Ruprecht Essberger, der auch mit der Familienserie "Unsere Nachbarn heute: Familie Schölermann" Erfolge feierte.
"Fliegende Untertasse" ermittelt Kandidaten
Die Kandidatinnen und Kandidaten für die Ratespiele ermittelte der Moderator selbst per Zufallsprinzip aus dem Publikum. Dazu ließ Peter Frankenfeld einen Spielzeug-Handpropeller in die Ränge fliegen, von ihm liebevoll "fliegende Untertasse" genannt. Wer den Propeller fing - was unter Umständen zu einigem Trubel führte - durfte auf die Bühne kommen. Jeweils drei Kandidaten für jede Spielrunde wurden auf diese Weise ausgewählt. Moderator Frankenfeld verstand es, die vorher völlig unbekannten Teilnehmer auf unkomplizierte Weise auszufragen und sie so zum einen vorzustellen und ihnen zum anderen mögliches Lampenfieber zu nehmen.
Walter Spahrbier bietet zwei Umschläge zur Auswahl
Danach mussten die Kandidatinnen und Kandidaten eine Aufgabe lösen. Meist handelte es sich um Geschicklichkeitsspiele, die nicht sehr schwierig waren, nicht viele Requisiten benötigten und dennoch oder gerade deswegen große Heiterkeit auslösten, wie etwa das Abkratzen von Schaum von einem Luftballon mit einem Rasiermesser oder das Aufbauen von Möbeln. Wer die Aufgabe am besten oder schnellsten meisterte, bekam den Hauptpreis.
Stand ein Sieger oder eine Siegerin fest, hatte Walter Spahrbier seinen Auftritt. Spahrbier brachte einen hellen und einen dunklen Umschlag auf die Bühne und bot sie dem Sieger oder der Siegerin zur Auswahl an. In einem Umschlag befand sich ein kleiner Gewinn wie beispielsweise ein Paket Daunen für eine Bettdecke, im anderen meistens eine Reise. Walter Spahrbier gehörte bald zum Inventar der Sendung und brachte die mit Spannung erwarteten Umschläge. Pointe am Rande: Spahrbier war auch im wirklichen Leben Briefträger. Er trat regelmäßig erst bei Peter Frankenfeld und später auch bei der Show "Der große Preis" mit Wim Thoelke auf.
Sängerinnen und Showeinlagen zwischen den Spielrunden
Anschließend ließ Peter Frankenfeld erneut einen Handpropeller fliegen. Neue Kandidaten versuchten ihr Glück und die Gewinner wurden von Walter Spahrbier vor die Wahl gestellt: dunkler oder heller Umschlag? So gingen einige mit großen, andere mit kleinen Preisen nach Hause.
Zwischen den Spielen traten Unterhaltungskünstler auf. Auch der Moderator selbst, dessen kariertes Jackett bald zu seinem Markenzeichen wurde, begeisterte viele mit seinen komödiantischen Einlagen und Sketchen.
Promi-Quiz: Einen Begriff mit 20 Fragen erraten
Fester Bestandteil der Sendung war außerdem ein Fragequiz, an dem die Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause beteiligt waren. Sie durften einen Begriff einsenden, der dann in der Sendung von Peter Frankenfeld gezeichnet wurde. Eine bekannter Promi - Sportler, Sängerin, Schauspieler - musste diesen Begriff anhand von Frankenfelds Zeichnung mit höchstens 20 Fragen erraten. Erriet die prominente Person das gesuchte Wort, erhielt sie einen Preis. Schaffte sie es nicht, ging der Preis an einen Zuschauer im Saal. Wie Frankenfeld diesen auswählte, variierte von Sendung zu Sendung.
Frankenfeld integriert "Ein Platz an der Sonne" in Show
Nach den ersten Sendungen begann Frankenfeld, zu Beginn der Show ausgewählte Zuschauerpost vorzulesen. Er zeigte beispielsweise Briefe von Zuschauern, die ihn zu kostenlosen Urlauben eingeladen hatten. Daraufhin schlug er vor, stattdessen Berliner Kinder einzuladen. Daraus entstand die Verbindung von "1:0 für Sie" mit der späteren ARD-Fernsehlotterie, die ab 1956 fester Bestandteil des Fernsehprogramms wurde. Im Rahmen einer Hilfsaktion unter dem Motto "Ein Platz an der Sonne" flogen die Alliierten ab der Berlin-Blockade 1948 Berliner Kinder für ein paar erholsame Ferientage auf dem Land nach Westdeutschland aus. Peter Frankenfeld gab in seiner Show den jeweiligen Spendenstand der Aktion bekannt.
Schluss für "1:0 für Sie" nach 29 Sendungen
"1:0 für Sie" war beim Fernsehpublikum äußerst beliebt, das sich regelmäßig am Samstagabend um die noch wenigen TV-Geräte versammelte. Bei Telefonumfragen schnitt die Quizsendung in der Regel mit ausgezeichneten Bewertungen ab. Doch anders als heute hielt es NWDR-Intendant Werner Pleister damals für richtig, eine Sendung abzusetzen, wenn sie sich auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs befand. So wurde "1:0 für Sie" Ende August 1955 im Rahmen der Großen Deutschen Funkausstellung in der Düsseldorfer Rheinhalle letztmals ausgestrahlt.
Moderator Peter Frankenfeld nutzte das Ende der Sendungsreihe für einen Kreativ-Aufenthalt in den USA, um dort neue Ideen aufzugreifen. Er präsentierte in den folgenden Jahrzehnten im Ersten und bei anderen Sendern weitere Shows. "1:0 für Sie" bewies das Potenzial von TV-Ratesendungen und präsentierte bereits in den 1950er-Jahren Ideen, die spätere Quizshows weiterentwickelten und zu großen Erfolgen führten.