Stand: 17.03.2015 14:37 Uhr

KZ-Aufseherin: Das dunkle Geheimnis der Hilde M.

von Anne Ruprecht

Für die Lokaljournalistin Connie Neumann war es ein ganz gewöhnlicher Termin. Drei Jahre ist es her, da sollte sie über den 90. Geburtstag einer älteren Dame aus Hamburg berichten. In einer griechischen Gaststätte posiert Hilde M. fröhlich für die Kamera und berichtet aus ihrem Leben. "Sie erzählte mir, dass sie schon lange an ihrem Wohnort wohnt", sagt Neumann, "und dass sie für die Kirchengemeinde aktiv ist. Dass sie für den Pastor die Talare bügelt und dass sie Freude daran hat." Neumann schreibt ein nettes Porträt für ein Hamburger Anzeigenblatt. Über eine hilfsbereite Frau, eine fröhliche Jubilarin im Kreise ihrer Familie. Heute weiß Connie Neumann, dass da wesentliche Teile der Biografie von Hilde M. fehlten. "Wenn ich im Nachhinein überlege ist es so, dass ich von ihrem Leben erst ab 1946 erfahren habe. Ganz wichtig waren ihr die Kinder, das Kennenlernen ihres Mannes. Und das Ehrenamt in der Gemeinde. Im Nachhinein fehlte da vielleicht was."

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Hilde M. steht auf der Liste der Täter im KZ Bergen-Belsen

Was in den Erzählungen der Jubilarin fehlte, findet sich in der Ausstellung der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Bergen-Belsen. Hier steht ihr Mädchenname - auf der Liste der Täter: Hilde Lisiewicz. In den Archiven der Gedenkstätte lagern dreieinhalb Stunden Filmmaterial über sie. Seit zehn Jahren nahezu unbemerkt. Panorama 3 liegt das dreieinhalbstündige Interview vor. Erstmals werden Ausschnitte daraus im deutschen Fernsehen gezeigt. Das Interview mit der ehemaligen KZ-Aufseherin Hilde M., das von der Gedenkstätte 2004 aufgenommen wurde, ist ein verstörendes Dokument. Das liegt an der Art, wie Hilde M. über die Gräuel der Vergangenheit spricht.

Hilde M.
Die nette Oma von nebenan? Die Lokaljournalistin Connie Neumann berichtete über den 90. Geburtstag von Hilde M.

"Ach ja! Sehen Sie", plaudert Hilde M. fast fröhlich, "das habe ich ganz vergessen. Und eines schönen Tages hieß es: Leichentragen." Die Briten hatten am 15. April 1945 das Lager Bergen-Belsen befreit. Das Wachpersonal, die SS-Männer und Frauen waren unter Arrest gestellt und dazu abkommandiert worden, ihre Opfer, Tausende Leichen, die im Lager unter freiem Himmel verwesten, in Massengräbern zu bestatten. "Und da hat man erst gesehen, wie viele Leichen das waren", fährt Hilde M. ihre Erzählung fort. "Der Kramer, unser Lagerkommandant, der hätte die nicht aufnehmen dürfen. Warum lässt er die Toten in sein Lager rein?"

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 17.03.2015 | 21:15 Uhr

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