Barschel-Tod: Keine Aufklärung durch DNA-Spuren
Mord, Selbstmord oder Sterbehilfe? Noch immer gibt der Tod Uwe Barschels Rätsel auf. Im Juni 2011 gab die Staatsanwaltschaft Lübeck eine Untersuchung von Kleidungsstücken Barschels auf DNA-Spuren in Auftrag. Neue Analysemethoden versprachen einen möglichen Nachweis von genetischen Fingerabdrücken.
Am 29. Juli 2012 berichtete die "Welt am Sonntag", dass auf der Kleidung des Politikers DNA-Spuren von mindestens einer zweiten Person nachgewiesen worden seien. Doch dabei handle es sich um "zum Teil schwache Mischspuren", erklärte Oberstaatsanwalt Ralf Peter Anders dazu Ende Juli 2012 gegenüber der NDR 1 Welle Nord. Die Spezialisten des Kieler Landeskriminalamts kommen in ihrem Gutachten zu dem Schluss, dass die Spuren sowohl von Barschel selbst als auch von einer oder mehreren anderen Personen stammen. Zumindest beweisen sie, dass Barschel vor seinem Tod in physischem Kontakt zu einer anderen Person gestanden hat.
Spuren zu schwach für weitere Ermittlungen
Nach Anders' Angaben seien die DNA-Spuren zu schwach, um als recherchefähiges DNA-Profil genutzt zu werden. Auch ein Abgleich mit der Datenbank des Bundeskriminalamtes sei aus diesem Grund nicht möglich. Zwar könnten die DNA-Proben nun mit dem Genmaterial anderer Personen verglichen werden. Allerdings sei dies nur erlaubt, wenn ein konkreter Tatverdacht vorliege - was nicht der Fall sei. Der frühere Kieler CDU-Landtagsabgeordnete Werner Kalinka kritisierte den Umgang der Behörden mit den neuen Erkenntnissen in der "Welt am Sonntag" scharf. Er sieht in den DNA-Spuren weitere Hinweise auf einen Mord und deswegen die Notwendigkeit, die Ermittlungen im Todesfall Barschel wieder aufzunehmen.
Wille kontra Rex
Die Behörden hatten den Fall 1998 mit der Begründung abgeschlossen, dass man keine erfolgversprechenden Ermittlungsansätze mehr sähe. Der damalige Oberstaatsanwalt Heinrich Wille bekundete allerdings, dass weiterhin der Anfangsverdacht für Mord bestünde. Eine andere Auslegung findet sich in einem umfassenden Bericht von Oberstaatsanwalt Erhard Rex vom Oktober 2007. Rex sieht sowohl Indizien für Mord als auch für Selbstmord; hält aber die zweite Variante für wahrscheinlicher. Er warnt zudem vor der Beeinflussung der Untersuchungen durch den Sensationshunger der Medien und der Öffentlichkeit.
Toxikologische Befunde erhärten Mordtheorie
Dagegen kam der Zürcher Toxikologe Hans Brandenberger im Herbst 2010 zu dem Ergebnis, dass Uwe Barschel ermordet wurde. Die wissenschaftlichen Nachforschungen im Auftrag von Barschels Angehörigen hätten ergeben, dass Barschel zunächst drei narkotisierende, sedierende Pharmaka verabreicht worden seien, bevor die tödliche Dosis des Schlafmittels Cyclobarbital nachgereicht wurde. Zudem wies Brandenberger Mängel und Fehler in den forensischen und toxikologischen Untersuchungen während der Ermittlungen nach.
Barschel-Witwe stellt Strafanzeige
Gleich zu Beginn der DNA-Untersuchungen kam es Ende Juni 2011 zu einer aufsehenerregenden Panne. Bei der Suche nach DNA-Spuren stand neben der Kleidung ein Haar im Fokus, das auf dem Hotelbett gefunden worden war und angeblich nicht von Barschel stammte. Es sollte zur Untersuchung zum Landeskriminalamt nach Kiel geschickt werden. Dabei verschwand es unter ungeklärten Umständen. Daraufhin stellte Barschels Witwe Freya Strafanzeige gegen unbekannt wegen des Verdachts auf Strafvereitelung im Amt.