VIDEO: Der Kampf gegen die Flammen (4 Min)

Als der "Große Brand" in Hamburg wütete

Stand: 05.05.2022 05:00 Uhr

Am 5. Mai 1842 bricht eine Katastrophe über Hamburg herein: Der "Große Brand" zerstört rund ein Viertel der Stadt, etwa 20.000 Menschen werden obdachlos. Bis heute sind Spuren davon sichtbar.

Gegen ein Uhr nachts bemerkt ein Nachtwächter am 5. Mai 1842, dass in der Hamburger Deichstraße 44 Feuer in einem Speicher ausgebrochen ist. Rasch ist die Feuerwehr alarmiert, doch die Flammen greifen rasend schnell um sich. In vielen der umliegenden Speicher lagern leicht entzündliche Waren - Wolle, Alkohol, Talg und Flachsgarn. Seit Wochen ist es sehr trocken - das Holz der Fachwerkhäuser wie Zunder. Zu allem Unglück heizt ein frischer Wind die Flammen weiter an und in den tideabhängigen Fleeten, aus denen die Feuerwehr ihr Löschwasser pumpt, befindet sich gerade nur wenig Wasser. Es ist Ebbe und der östliche Wind hat das Wasser zusätzlich aus der Elbe gedrückt.

Flammen zerstören 1842 das Nikolaiviertel

So breitet sich das Feuer in der eng bebauten Altstadt schnell aus. "Nach Norden wirbelten gewaltige Feuersäulen nach dem Innern der Stadt auf, welche über den schon eingeäscherten Theil der Stadt hinweg den ganzen südlichen Horizont rötheten und Tageshelle über die Elbgegenden verbreiteten", schreiben die Autoren des Sonderheftes "Der Hamburger Brand" kurz nach der Tragödie. Am Morgen des 6. Mai steht bereits ein großer Teil des Nikolaiviertels in Flammen, am Abend ist die Nikolaikirche verloren. "Das heiße Kupfer schälte sich und fiel runter in großen Flocken; und die berühmten, wunderschönen Glocken (der Stolz der ganzen Stadt), vom Feuer in Bewegung gesetzt, läuteten unvermittelt mit lautem, unregelmäßigem Klang", schreibt ein Augenzeuge.

Um den Brand zu stoppen, will die Feuerwehr Schneisen in das Häusergewirr schlagen, doch der Senat lehnt die Sprengungen zunächst ab. So wandert das Feuer am 6. Mai weiter und erreicht das alte Rathaus an der Trostbrücke. Jetzt stimmt der Senat doch zu und lässt das Rathaus sprengen, um eine Schneise zu legen. Doch die Aktion kann den Brand nicht aufhalten.

Zehn Männer retten die neue Hamburger Börse

Blauer Himmel über der Handelskammer. © NDR Foto: Hagen Thom
In der 1842 geretteten neuen Börse hat heute auch die Handelskammer ihren Sitz.

Schon droht das Feuer, die neue Börse am Adolphsplatz zu erfassen. Sie ist erst wenige Monate zuvor feierlich eingeweiht worden und der ganze Stolz der Hamburger Kaufleute. Viele Menschen haben sich vor den Flammen in das Gebäude geflüchtet, weil es aus Stein gebaut und von einem weiten Platz umgeben ist. Doch das flache Kupferdach droht durch die Hitze und die umherfliegende Glut zu schmelzen, durch die Öffnungen im Dach fällt Glutasche ins Innere. Der zuständige Leutnant der Bürgergarde will das Gebäude räumen lassen, ehe die Flammen es gänzlich einschließen.

Doch der Hamburger Kaufmann Theodor Dill will die Börse nicht kampflos den Flammen überlassen: Er und neun weitere Freiwillige bringen alles Brennbare nach draußen und löschen mit dem wenigen Wasser, das sie noch finden, tröpfchenweise die Brandherde. Zeitweise ist der Bau von allen Seiten vom Feuer umschlossen. Nach 24 Stunden hissen die Männer eine weiße Fahne und läuten die Börsenglocke: Das Gebäude ist gerettet.

Vier Tage wüten die Flammen in der Hansestadt

Die mutige Aktion bleibt zunächst weitgehend unbemerkt. Noch immer breitet sich das Feuer aus. Am 7. Mai fällt die Petrikirche trotz verzweifelter Rettungsversuche den Flammen zum Opfer. Erst Binnenalster und Glockengießerwall bieten dem Feuer als natürliche Barrieren Einhalt. Heute markiert die Straße mit dem Namen Brandsende diese Stelle. Am Morgen des 8. Mai wird an der Straße Kurze Mühren das letzte brennende Haus gelöscht. Vier Tage lang haben die Flammen in der Hansestadt gewütet.

20.000 Hamburger werden beim "Großen Brand" obdachlos

Bis heute ist der Brand eine der größten Katastrophen in der Geschichte Hamburgs. Insgesamt sterben mehr als 50 Menschen in den Flammen, fast 20.000 werden obdachlos - das entspricht zehn Prozent der damaligen Bevölkerung. Mehr als 4.000 Wohnungen und Speicher sind zerstört, 61 Straßen, 120 Plätze, außerdem drei Kirchen, das Rathaus, die alte Börse und das Stadtarchiv. Insgesamt ist etwa ein Viertel der gesamten Stadt niedergebrannt. In einem Bericht für Londoner Kaufleute werden auch die verbrannten Waren aufgelistet. Darunter sind 1.200 Ballen Baumwolle, 350 Ballen Garn, 100 Leisten Weizen, 3.460 Päckchen Tabak, 1.000 Fässer Rosinen, 800 Fässer Reis. Zahlreiche Nachbarstaaten und Geschäftskontakte schicken Hilfslieferungen und Geld: die Könige von Dänemark, Preußen und Hannover; die freien Städte Lübeck und Bremen; die Kaufleute aus London und die Herzoge von Mecklenburg, Braunschweig und Oldenburg.

VIDEO: Der "Große Brand" 1842 in Hamburg (4 Min)

Eine neue Innenstadt entsteht

Die Hamburger machen aus der Not eine Tugend und beauftragen die Architekten und Ingenieure William Lindley, Alexis de Chateauneuf und Gottfried Semper, das Zentrum der Stadt neu aufzubauen. Die Planer lassen Straßen begradigen und schaffen neue architektonische Attraktionen wie die Alsterarkaden und die spätklassizistischen Bauten an der Kleinen Alster und der Binnenalster. So prägen sie das heutige Stadtbild entscheidend mit.

Die Deichstraße - Relikt des "alten" Hamburgs

Bürgerhäuser in der Hamburger Deichstraße, im Hintergrund die Elbphilharmonie. © picture alliance / imageBROKER Foto: Joko
In der Deichstraße sind noch heute alte Fachwerkhäuser zu bewundern.

In der Deichstraße - dort, wo das Feuer 1842 ausbrach - befinden sich heute einige der wenigen Häuser des "alten" Hamburgs. Da der Brand am nördlichen Ende der Straße begann, blieben die südlich gelegenen Häuser von den Flammen verschont. Heute sind die schönen alten Fachwerkhäuser aus dem frühen 18. Jahrhundert liebevoll restauriert. Eine Büste und eine Gedenktafel erinnern dort an die Heldentat Theodor Dills, dem Retter der Börse, der in der Deichstraße sein Kontor und seine Privatwohnung hatte.

Karte: Der Brand von Hamburg 1842

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Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 08.05.2022 | 19:30 Uhr

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