Deutsch-Dänischer Krieg geht im Oktober 1864 zu Ende
1864 kämpfen Dänemark, Preußen und Österreich um die nationale Zugehörigkeit von Schleswig und Holstein. Die Erstürmung der Düppeler Schanzen läutet sein Ende ein. Am 30. Oktober des Jahres wird ein Friedensvertrag unterzeichnet.
Während Hans Christian Andersen befürchtet, dass ganz Dänemark unter deutsche Herrschaft gerät, feiert Theodor Fontane die gewonnenen Schlachten seiner deutschen Landsleute: Am 1. Februar 1864 marschieren preußische und österreichische Truppen in Schleswig ein. Um die staatliche Zugehörigkeit der Region Schleswig-Holstein entbrennt ein Krieg, dessen Spuren bis heute sichtbar sind.
Schleswig-Holstein, der ewige "Zankapfel"
Die Geschichte von Schleswig-Holstein ist wechselvoll - um nicht zu sagen, kompliziert. Unter anderem ist es die strategisch günstige Lage zwischen Nord- und Ostsee, die diese Region zum ewigen "Zankapfel" macht. 1815 erklärt der Wiener Kongress das Herzogtum Holstein, das auch schon Teil des 1806 aufgelösten Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation war, zum Glied des neu gegründeten Deutschen Bundes, nicht aber das Herzogtum Schleswig. Beide Herzogtümer werden allerdings weiter vom dänischen König in Personalunion regiert, gehören wie schon seit Jahrhunderten zum dänischen Gesamtstaat. Nach 1815 versucht Dänemark, Schleswig wieder enger mit Dänemark zu binden, was eine stärkere Trennung von Holstein bedeutet. Die Gegenseite fordert jedoch die Aufnahme eines vereinten Schleswig-Holsteins in den Deutschen Bund.
Das Londoner Protokoll von 1852
Die Fronten verhärten sich, bis 1848 der "Schleswig-Holsteinische Krieg" ausbricht. Zahlreiche Staaten des Deutschen Bundes kämpfen an der Seite der Schleswig-Holsteiner gegen die Dänen. Als sich die Truppen des Deutschen Bundes zurückziehen, gewinnt Dänemark 1851 den Krieg und behält die Hoheit über Schleswig, Holstein und Lauenburg. Jedoch wird Dänemark nach dem Londoner Protokoll von 1852 dazu verpflichtet, die Herzogtümer als selbstständige Staaten innerhalb des Gesamtstaates anzuerkennen. Ausdrücklich wird dort verboten, Schleswig dem Königreich einzuverleiben.
November 1863: Die Lage spitzt sich zu
Doch die Spannungen halten an. Wie soll man auch, insbesondere in Schleswig, allen Parteien gerecht werden: Im Norden siedeln überwiegend Dänen, im Süden Deutsche. Die dänischen "Nationalliberalen" wollen das Herzogtum in den dänischen Nationalstaat integrieren, die Deutschen fordern eine freie Verfassung sowie die Einbindung in ein künftiges Deutsches Reich an der Seite von Holstein, das komplett deutschsprachig ist. Drei Tage nach dem plötzlichen Tod des dänischen Königs Friedrich VII. unterzeichnet Dänemarks neuer König Christian IX. am 18. November 1863 die sogenannte Novemberverfassung, die die Herzogtümer Holstein und Lauenburg aus der Gesamtstaatsverfassung ausschließt, was faktisch einer Verschmelzung des übrig bleibenden Schleswigs mit dem Königreich Dänemark bedeutet, und so mit dem "Londoner Protokoll" bricht.
Preußen kommt das nicht ganz ungelegen: Otto von Bismarck, damals preußischer Ministerpräsident, nutzt die Empörung der Deutschen und gewinnt Österreich als Partner im Konflikt mit Dänemark. Anfang Dezember 1863 sprechen die beiden Großmächte gemeinsam eine "Bundesexekution" gegen Dänemark aus, was rechtlich bedeutet, dass der Deutsche Bund nun gegen Dänemark militärisch vorgehen darf, da es gegen die Regeln des Bundes verstößt. Vom 23. bis 31. Dezember marschieren deutsche Truppen in Lauenburg und Holstein ein und rücken bis zur Eider-Linie auf der Höhe von Kiel vor. Am 16. Januar 1864 stellen Österreich und Preußen Dänemark ein 48-stündiges Ultimatum, die Novemberverfassung aufzuheben, aber Dänemark geht nicht darauf ein.
Am 1. Februar 1864 bricht der Krieg aus
"In Gottes Namen: drauf!" - so lautet die Order des Generalfeldmarschalls Friedrich von Wrangel am Abend des 31. Januar 1864. Am 1. Februar überschreiten preußische und österreichische Truppen die Eider, marschieren in Schleswig ein. Sie ziehen in verschiedene Richtungen: Die Preußen sollen die Schlei bei Missunde überschreiten, was zunächst misslingt, die Österreicher sollen auf das "Danewerk" (dänisch: Danevirke) zumarschieren. Diese riesige, mittelalterliche Festung gilt den Dänen bislang als unüberwindbar. Die dänische Armee zieht sich im Danewerk vor den Österreichern zurück. Doch aufgrund von Schnee und Eis müssen die Dänen ihre Stellung aufgeben und nach Düppel weiterziehen - das Danewerk geben sie kampflos auf. Viele Dänen sind schockiert.
Die Erstürmung der Düppeler Schanzen
Die entscheidende Schlacht findet an den Düppeler Schanzen statt, ebenfalls eine berühmte dänische Festungsanlage, gelegen an der Flensburger Förde und am Alsensund. Die dänische Armee verschanzt sich dahinter, wird wochenlang von den Preußen belagert. Am 18. April gelingt es den Preußen, die Düppeler Schanzen zu erstürmen. Es folgt ein kurzer, blutiger Nahkampf mit Bajonetten, Gewehren und Kanonen.
Dass der Hass zwischen Deutschen und Dänen längst nicht alle erfasst hat, beschreibt der dänische Soldat Diderik Johansen in seinem Kriegstagebuch, das unter dem Titel "Vom Krieg 1864" veröffentlicht wurde. Johansen schildert unter anderem eine Begegnung zwischen dänischen und preußischen Soldaten während einer Gefechtspause: "Dabei ging es recht freundschaftlich zu" und man habe von den Vorräten der jeweils anderen gegessen. Am Ende werden die dänischen Truppen besiegt. Der Krieg ist damit im Grunde entschieden.
Dänische Truppen kapitulieren
Dennoch gehen die Kämpfe weiter. Die österreichischen Truppen erstürmen die dänische Festung Fredericia. Vor Helgoland startet ein Seegefecht, das die Dänen gewinnen. Am 12. Mai tritt ein Waffenstillstand ein, denn in London tagen die sieben Mächte, die 1852 bereits den Londoner Vertrag geschlossen haben. Zu einem Ergebnis kommen sie nicht. Preußen schlägt die Teilung Schleswigs an der Sprachgrenze vor, Dänemark lehnt dies ab. Der Krieg wird fortgeführt. Ende Juni gelingt den Preußen der Übergang nach Alsen. Sie besetzen die gesamte Insel, die Dänen ziehen sich von dort zurück. Die österreichischen und preußischen Truppen dringen bis in den Norden Jütlands vor. Die dänischen Truppen kapitulieren.
Friedensschluss in Wien - Dänemark muss Gebiete abtreten
Am 30. Oktober 1864 unterzeichnen Preußen, Österreich und Dänemark in Wien einen Friedensvertrag. Dänemark muss Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen und Österreich abtreten. Damit verliert Dänemark fast eine Millionen Einwohner und ein Drittel seiner Fläche. Im Vertrag von Gastein vom 14. August 1865 erhält Preußen die Herzogtümer Sachsen-Lauenburg und Schleswig, Holstein fällt an Österreich. Doch Preußen provoziert seinen einstigen Partner Österreich mehrfach und löst damit 1866 den "Deutschen Krieg" aus, der rasch zugunsten der Preußen entschieden wird. Österreich verzichtet daraufhin im August 1866 im "Prager Friedensvertrag" auf seine Rechte an den Herzogtümern. Aus den drei Gebieten wird die preußische Provinz Schleswig-Holstein - entgegen der Hoffnung vieler Schleswig-Holsteiner, einen eigenen deutschen Kleinstaat zu bilden.
Schleswig-Holstein im 20. Jahrhundert
Nach dem Ersten Weltkrieg wird Schleswig doch noch geteilt: Nach einer Volksabstimmung wird Nordschleswig 1920 ein Teil Dänemarks, Südschleswig geht an Deutschland. Die Grenze, die damals gezogen wird, hat bis heute Bestand - lediglich unterbrochen von der Besetzung Dänemarks durch deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg. 2004 überrascht die Nachricht, dass deutsche und dänische Soldaten die Schanze 14 des Danewerks gemeinsam wieder aufbauen. Doch die meisten Einwohner des deutsch-dänischen Grenzgebiets schätzen die Lage heute als friedlich ein.