Neubrandenburg: 775 Jahre Geschichte zwischen vier Toren
Neubrandenburg ist 1248 von einem Brandenburger Ritter gegründet worden. Ritter Herbord von Raven hatte am 4. Januar 1248 den Auftrag bekommen, ein neues Brandenburg zu gründen. 775 Jahre später wird dieses stolze Jubiläum kräftig gefeiert.
Der Auftrag zur Neugründung kam von Johann I., dem Markgrafen zu Bradenburg. Iim 13. Jahrhundert wurde dann bereits die Marienkirche erbaut. Im 14. und 15. Jahrhundert folgten die vier Tore mit der 2.300 Meter langen Stadtmauer. Diese Wahrzeichen der Stadt gehören heute, zusammen mit den 23 erhaltenen Wiekhäusern, zu den beliebtesten Fotomotiven der Stadt.
Neubrandenburger suchen immer noch das verschwundene Rethra
Von Raven ließ das neue Brandenburg in einem siedlungsarmen Gebiet erbauen, in dem es zuvor nur ein Kloster Broda gegeben hatte, das wohl zwischen 1170 und 1240 errichtet wurde. Es sollte der Christianisierung der hier lebenden Slawen dienen, die seit dem 7. Jahrhunderts die einzigen Siedler am Tollensesee waren. Der vor 150 Jahren gegründete Museumsverein Neubrandenburg ist immer noch auf der Suche, nach dem legendären Rethra, dem Zentrum slawischen Lebens in der Region. Mit diesem Anspruch war der Verein ins Leben gerufen worden.
Außenseiterrolle im herzoglichen Leben Mecklenburgs
Von 1292 bis 1918 gehörte Neubrandenburg mit dem Stargarder Land zum Herzogtum Mecklenburg und spielte darin nur eine Nebenrolle. Die Stadttore wurden Nacht für Nacht bis 1862 verriegelt. Aus dieser Zeit stammt die Sage vom Wollweber Matthias Gerling, der der Marienkirche eine Glocke spendete, damit die Menschen dem Läuten folgend rechtzeitig den Weg zurück in die Stadt finden konnten. Dieser Wohltäter gab dem Neubrandenburger Weihnachtsmarkt vor 20 Jahren den Namen "Weberglockenmarkt". Mit dem Bau der Straßen nach Malchin (1836), Neustrelitz (1838), Altentreptow (1845) und Waren (1849) sowie der Bahnanbindung (1864) begann dann die Entwicklung der Stadt auch außerhalb der mittelalterlichen Mauer.
Reuter, Friedrich und Fontane ließen sich am Tollensesee inspirieren
Zu jener Zeit lebte Fritz Reuter in Neubrandenburg (1856 bis 1863). Hier verbrachte er seine schaffensreichste Zeit und schuf unter anderem die drei Werke über die Franzosen-, die Festungs- und die Volontärszeit. Der vor 100 Jahren eingeweihte Reuterbrunnen, der vom Markt zum Franziskanerkloster umgesetzt wurde, wandelte sich im Volksmund zum Mudder-Schulten-Brunnen. Die Figur der resoluten Bäckersfrau aus Reuters Post-Neubrandenburger-Zeit ist noch heute Aushängeschild der Stadt bei Veranstaltungen in der Konzertkirche und Volksfesten. Von Reuter inspiriert reiste auch Theodor Fontane 1897 an den Tollensesee. Im Kurhotel Augustabad las er seinen "Stechlin" Korrektur. Der Maler Caspar David Friedrich ließ sich bei Besuchen seiner Verwandtschaft in Neubrandenburg inspirieren. Eines seiner bekanntesten Neubrandenburg-Werke "Die Gartenlaube" von 1818 zeigt die Marienkirche aus Sicht eines durch eine Pergola schauenden Paares.
Viele Politiker fanden den Weg nach Neubrandenburg
Prominente gaben auch im 20. Jahrhundert und danach ihre Visitenkarte in Neubrandenburg ab. Sie logierten wie beispielsweise Manfred Krug im 1972 eröffneten Hotel Vier Tore (2016 abgerissen) oder gastierten in der 2001 eingeweihten Konzertkirche. Dort einmal aufgetreten zu sein, sei ein Muss, gaben die Hamburger Elbphilharmoniker nach ihrem Auftritt zu Protokoll. Auch Politiker scheuten den Weg nach Neubrandenburg nicht. 1965 war der damalige DDR-Staatschef Walter Ulbricht einer der ersten Gäste im neu gebauten Haus der Kultur und Bildung. Unter seiner Ägide begann die Entwicklung Neubrandenburgs als gleichberechtigte Bezirksstadt des Nordens neben Rostock und Schwerin zu einer sozialistischen Großstadt.
Auch Kohl und Gorbatschow waren in Neubrandenburg zu Gast
Davon zeugen noch heute die vielen von Plattenbauten geprägten Satellitenstädtchen rund um die Altstadt. Die Einwohnerzahl wuchs auf das Fünffache. Die Wende stoppte diese Entwicklung. Neubrandenburg verlor fast ein Drittel seiner Einwohner. Wenige Tage nach der deutschen Einheit kam Bundeskanzler Helmut Kohl zu Besuch. Ihm folgte acht Jahre später der letzte Staatspräsident der Sowjetunion Michael Gorbatschow, der im Rahmen der 750. Jahrfeier zu Besuch war.