Stand: 07.02.2016 08:04 Uhr

"Der Fall Barschel regt Verschwörungsfantasien an"

Filmszene aus "Der Fall Barschel" mit der nachgestellten Aufnahme des toten Politikers Uwe Barschel (hier gespielt von Matthias Matschke) in der Badewanne © ARD Degeto / Stefan Rabold
Nachgestellt für "Der Fall Barschel": Uwe Barschel (Matthias Matschke) liegt tot in der Hotel-Badewanne.

Der Name Uwe Barschel steht für eine der aufsehenerregendsten Polit-Affären im Nachkriegsdeutschland. Der ehemalige CDU-Politiker und Ministerpräsident Schleswig-Holsteins wurde 1987 tot in der Badewanne im Genfer Hotel Beau Rivage gefunden. Stephan Lamby ist Autor der Dokumentation "Uwe Barschel - das Rätsel", die Das Erste im Februar 2016 zeigte. Im NDR Info Interview gibt Lamby einen Einblick in die Hintergründe der Recherche.

Sie haben für Ihre Dokumentation ja mit vielen Zeitzeugen gesprochen. Wie schwierig war es, diese Menschen überhaupt nach dieser langen Zeit zu einem Interview zu überreden?

Stephan Lamby, TV-Autor. © ECO Media
Der TV-Autor Stephan Lamby recherchiert für die ARD schon seit Jahren zum Fall Uwe Barschel.

Stephan Lamby: Das war nicht so schwer, um ehrlich zu sein. Die meisten Personen sind ja durch Untersuchungsausschüsse gegangen. Schon in den Achtziger und frühen Neunziger Jahren. Reiner Pfeiffer (Journalist und Strippenzieher in der Barschel-Affäre, Anm. d. Red.) habe ich mehrfach interviewt, auch Erich Böhme (ehemaliger "Spiegel"-Chef, Anm. d. Red.). Das ist vielleicht interessant: Wir haben bereits im Jahr 2007 eine Dokumentation für den NDR und die ARD gemacht und konnten da mit einigen Beteiligten sprechen, die inzwischen nicht mehr leben. Insofern ist für die neue Dokumentation von Vorteil, dass wir eben doch seit vielen Jahren an dem Thema dran sind.

Was ist für Sie nach wie vor das größte Rätsel der Polit-Affäre Barschel?

Lamby: Also, es sind letztendlich zwei Rätsel: Das eine Rätsel ist klar: Wie ist der Mann umgekommen? Das andere Rätsel ist, wie jemand offenkundig so vom Ehrgeiz zerfressen war, dass er, zusammen mit Reiner Pfeiffer - wie man ihn damals nannte: der "Mann fürs Grobe" - auch zu schmutzigen Tricks zum Wahlkampf gekommen ist. Was für eine Deformation des politischen Betriebs lag damals vor? Wie konnte jemand so am Rande der Kriminalität arbeiten?

Warum übt dieser Fall immer noch so große Faszination aus?

Lamby: Ich glaube, das liegt wesentlich an dem Bild. Da liegt ein Mann mit Krawatte, der vor wenigen Wochen noch Ministerpräsident eines Bundeslandes war, tot in der Badewanne. Das hat es nachher Gott sei Dank nie wieder gegeben. Und dieser Fall ist bis heute nicht geklärt. Der Fall regt natürlich die Fantasie aller Leser und Zuschauer an. Also, da ist natürlich jeder Verschwörungstheorie Tür und Tor geöffnet. Aber ich rate da zur Vorsicht. Nicht deshalb, weil eine Erklärung spektakulär ist, muss sie auch wahr sein.

Lassen wir uns auf ein kleines Experiment ein: Was meinen Sie, was wäre im Fall Barschel passiert, hätte es damals schon Facebook gegeben?

Lamby: Das Netz wäre explodiert. Da bin ich mir ziemlich sicher. Das ist ein Fall wie gemacht für die sozialen Medien. Ich will gar nicht gegen soziale Medien argumentieren, die haben ihre Funktion, was die Meinungsbildung betrifft. In der Regel aber nicht, was die Recherche betrifft. Dafür braucht es in der Regel Journalisten, damals wie heute.

Das Interview führte NDR Info Moderatorin Liane Koßmann.

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Uwe Barschel am 12.08.1987 in Neumünster. © picture-alliance / dpa Foto: Sven Simon

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NDR Info | 05.02.2016 | 08:55 Uhr

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