Diskussion über Sprache in der Politik
Ein spannendes Thema und tolle Gäste - dafür stehen inzwischen die Herrenhäuser Gespräche, die von der Volkswagenstiftung und NDR Kultur veranstaltet werden. Zum 55. Mal trommelten sie die politisch interessierten Menschen der Stadt zusammen und das Auditorium platzte mal wieder fast aus den Nähten. Zu Gast waren Robert Habeck, Bundesvorsitzender der Grünen, Astrid Séville von der Uni München, Ferdos Forudastan von der "Süddeutschen Zeitung" und Henning Lobin vom Leibniz-Institut für deutsche Sprache in Mannheim.
Es saß mal wieder eine hochkarätige Runde auf dem Podium des 55. Herrenhäuser Gesprächs. Kein Wunder, dass eine lange Menschenschlange vor dem Schloss Herrenhausen auf einen der begehrten Stehplätze im voll besetzen Plenum hoffte. Sie alle wollten erfahren, ob wir denn nun tatsächlich ein Problem haben, anständige politische Diskussionen zu führen. Astrid Séville ist Autorin des Buches "Sound der Macht. Eine Kritik der dissonanten Herrschaft". Sévilles These ist, dass wir in den nächsten Jahren mehr Robert Habecks in den Talkshows haben, die den Mut haben zu sagen, dass man das auch anders sehen könne und die damit Ambivalenzen und Widersprüche aufzeigen.
Härte des politischen Systems
Ferdos Forudastan, Leiterin des Ressorts Innenpolitik der "Süddeutschen Zeitung", ist davon überzeugt, dass sich viele Politiker hinter einer gestelzten Phrasendrescherei verstecken, weil sie sich nicht mit einer klaren Position anfechtbar machen wollen. Der Bundesvorsitzende der Grünen, Robert Habeck, gilt im Moment wohl als die Gallionsfigur des politischen Sprechens. Die Massen hängen an seinen Lippen, schätzen seine authentische Ausstrahlung und wünschen ihn sich gar als künftigen Kanzler. Er dagegen beklagt leicht genervt, dass alles, was er tue, zur Masche erkoren werde. Sogar die Marke seiner Jeans und die Struktur seiner Haare würden auf ihre politische Aussagefähigkeit hin überprüft.
Habeck wehrte sich grundsätzlich dagegen, dass Politikern immer der Vorwurf gemacht werde, sie seien schwächere, erbärmlichere und verkommenere Menschen als alle anderen. Das sei eben häufig auch das Ergebnis der besonderen Härte des politischen Systems: "Die eigentliche Frage ist eben, wenn wir was anderes wollen, welche Toleranz bringen wir denn auch als Gesellschaft mit, Abweichungen zuzulassen?"
Keine Krise des politischen Diskurses
Für den Sprachwissenschaftler Henning Lobin vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim ist es natürlich ein Fest, wenn politische Sprache auf diese Art und Weise seziert wird. Man dürfe Sprache generell nicht unterschätzen, sie sei uns so selbstverständlich gegeben, dass wir uns oft gar nicht mehr bewusst sind, wie sehr sie unsere Weltwahrnehmung durchdringe, sagte er. Rhetorische Strategien würden angepasst an die Gegebenheiten einer Gesellschaft.
Eine lebhafte und unterhaltsame Debatte, der man an diesem Abend im Schloss Herrenhausen beiwohnen konnte. Am Ende ist man sich aber einig, dass von einer echten, unabwendbaren Krise des politischen Diskurses auf keinen Fall die Rede sein kann.