Hansa Rostock ist gewarnt: Mit Zurückhaltung in die 3. Liga
Der FC Hansa Rostock hat nach dem Abstieg aus der 2. Liga einen radikalen Umbruch vollzogen. Vor dem Start am Sonnabend gegen den VfB Stuttgart II dämpft der Fußball-Drittligist die Erwartungen. Der Teamcheck.
Ein richtiger Mutmacher blieb in der Vorbereitung auf die neue Saison aus. Nur gegen die Amateur-Teams SV Waren 09 (4:0) und FC Anker Wismar (6:0) gelangen dem FC Hansa Testspiel-Erfolge. Gegen Regionalligist VSG Altglienicke gab es ein 1:1. Ansonsten musste sich die personell stark veränderte Mannschaft des neuen Trainers Bernd Hollerbach stets geschlagen geben. So auch am vergangenen Sonnabend im Jubiläumsspiel "70 Jahre Ostseestadion" - dies allerdings gegen den italienischen Erstligisten Lazio Rom (0:3).
Die durchwachsene Vorbereitung als Sinnbild für die Spielzeit? Zumindest stehen die Mecklenburger vor einer Saison, die für viele Fans wie eine Wundertüte erscheint. Es lässt sich noch nicht absehen, was für die Mannschaft um den neuen Kapitän Damian Roßbach nach dem Absturz in die Drittklassigkeit drin ist.
So lief die vergangene Saison
Der Start in die Zweitliga-Saison 2023/2024, die mit dem bitteren Abstieg enden sollte, war traumhaft. Zum Auftakt ein 2:0 zu Hause gegen den 1. FC Nürnberg, dann ein Last-Minute-Sieg bei Aufsteiger Elversberg, und die Hanseaten standen nach dem zweiten Spieltag mit sechs Punkten in der Tabelle ganz oben. Doch im weiteren Verlauf der Hinrunde kamen nur noch drei weitere Siege hinzu.
Nach der 0:2-Heimniederlage gegen den FC Schalke 04 am 16. Spieltag wurde Trainer Alois Schwartz freigestellt. Im abschließenden Hinrundenspiel beim SC Paderborn, das wegen Ausschreitungen der Hansa-Fans kurz vor dem Abbruch stand, folgte unter Interimscoach Uwe Speidel noch eine 0:3-Pleite. Und so lag der FC Hansa im Winter auf dem Relegationsplatz, im DFB-Pokal war in der 2. Runde gegen Nürnberg Schluss.
Die Hoffnungen ruhten zum Jahreswechsel auf Mersad Selimbegovic, der als neuer Coach das Ruder der "Kogge" rumreißen sollte. Doch auch unter dem Bosnier blieb der ersehnte Aufschwung aus. Das herbe 0:4 bei Hertha BSC am 29. Spieltag leitete eine Niederlagenserie ein, die bis zum Ende anhielt. Nicht einmal die Schützenhilfe des Rivalen FC St. Pauli (2:1 beim SV Wehen Wiesbaden) am letzten Spieltag wussten die Rostocker zu nutzen. Hansa verlor zeitgleich sein Heimspiel gegen den SC Paderborn mit 1:2 und stieg somit direkt als Vorletzter ab. Für Selimbegovic war als FCH-Coach Schluss.
Wer kam, wer ging?
Dem Absturz in die Drittklassigkeit folgte der radikale personelle Umbruch. 20 Spieler gingen, 13 neue kamen. Bei den Abgängen findet sich auch der Name der langjährigen Nummer eins, Markus Kolke. Der Kapitän verließ nach fünf Jahren den FC Hansa und wechselte zum Bundesligisten Werder Bremen. Der 33-Jährige ist dort als Nummer drei hinter Stammkeeper Michael Zetterer und dem hochtalentierten Mio Backhaus vorgesehen.
In Svante Ingelsson (Sheffield Wednesday) und Kai Pröger (Jahn Regensburg) verließen weitere Stammkräfte der vergangenen Saison den Club. Zudem gingen unter anderem die Abwehrspieler Jonas David (Ausleihe vom HSV beendet) und Oliver Hüsing (Karriereende).
Die neue Nummer eins bei den Hanseaten ist der 30 Jahre alte Benjamin Uphoff (SC Freiburg). Der vom VfB Lübeck gekommene Philipp Klewin ist erster Ersatzkeeper. Zudem unter anderem neu im Kader: Verteidiger Ahmet Gürleyen (1. FC Nürnberg) sowie die Mittelfeldspieler Cedric Harenbrock (Rot-Weiss Essen) und Adrien Lebeau (Stade Brest). Die aus der eigenen Jugend hochgezogenen Tim Krohn, Benno Dietze und Louis Köster haben sich in der Vorbereitung bewährt und sollen bleiben.
Die größte Baustelle im Kader: der Angriff. Im Isländer Sveinn Aron Gudjohnsen steht aktuell nur ein nomineller Stürmer im Team. Der Schwede Nils Fröling, Lebeau, der zweitliga-erfahrene Christian Kinsombi und Köster können zwar ebenfalls im Angriff spielen, doch der FC Hansa ist weiter auf der Suche nach Stürmern. Hollerbach bat die Fans diesbezüglich schon um Geduld. Sportchef Amir Shapourzadeh und Chefscout Thomas Finck würden "Gas geben", sagte der neue Coach.
Ziele in der neuen Saison
Der Zweitliga-Absteiger hat bislang noch kein Ziel für die neue Saison in der Dritten Liga ausgegeben - weil der personelle Umbruch derart radikal ausfiel und die aktuelle Situation im Angriff kaum mutige Aussagen zulässt. Auch wenn sich viele Hansa-Fans dies sicher wünschen, am liebsten sofort wieder aufsteigen würden.
Noch etwas sorgt für Zurückhaltung bei den Verantwortlichen: In den vergangenen drei Drittliga-Spielzeiten gab es jedes Mal einen Zweitliga-Absteiger, der sich direkt im Abstiegskampf der 3. Liga wiederfand: die Würzburger Kickers, die in der Saison 2021/2022 sogar ein weiters Mal abstiegen, Erzgebirge Aue und zuletzt Arminia Bielefeld.
Das sagt der Trainer
Hollerbach war entsprechend bereits bemüht, die Erwartungen der Fans zu dämpfen. "Wir spielen nicht mehr Zweite Liga, über die wir alle viel lieber reden würden. Wir müssen vom Kopf her die Dritte Liga annehmen, dürfen nicht glauben, es geht von alleine", sagte der 55-Jährige im Interview mit der "Ostsee-Zeitung" und verwies auf die Arminia. "Die Dritte Liga ist ein Marathon mit 38 Spielen. Es wird eine ganz schwierige Saison mit engen Spielen", sagte der Trainer. "Wir müssen von Anfang an wachsam sein."
Also im besten Fall schon am kommenden Sonnabend (16.30 Uhr, im NDR Livecenter), wenn der VfB Stuttgart II zum Auftakt zu Gast ist. Es folgen Partien bei Mitabsteiger SV Wehen Wiesbaden, gegen Borussia Dortmund II, bei Viktoria Köln und zu Hause gegen Waldhof Mannheim. Womöglich lässt sich nach diesen ersten fünf Spielen erkennen, wohin die Reise für den FC Hansa in der Dritten Liga geht.